Sommer-Cebit: Ist die Jahreszeit wirklich das Problem?
*** Blog von Karl Fröhlich, speicherguide.de ***
Karl FröhlichDie Cebit kommt nun im Sommer!? Mit dieser Ankündigung gehört der Messe erstmals wieder seit langem die volle Aufmerksamkeit der Branche. Nur bringt es auch etwas?
Ehrlicherweise muss ich eingestehen, egal was von der Cebit gemeldet wird, ich bin dazu kritisch eingestellt. Ich kann gar nicht genau sagen, wann dies begonnen hat, aber irgendwann hat es für mich nicht mehr gepasst. Meine erste Cebit habe ich, glaube ich, 1989 besucht und meine (bisher) letzte 2013. Eigentlich mochte ich dieses Gewusel und das ganze Drumherum. 2003 hatten der Kollege Heinz Peller und ich, für speicherguide.de auf der Cebit den ersten richtigen Sponsor aufgetan. Daran und an viele andere schöne Gespräche und Erlebnisse denke ich gerne zurück. Aber irgendwann war es mir den ganzen Aufwand nicht mehr wert.
Networking ist für Veranstaltungen ein Erfolgsfaktor
Ich habe zwar immer die These vertreten, für einen Journalisten ist die Cebit immer erfolgreich. Wir können in kürzester Zeit viele Leute treffen und uns umfassenden informieren. Wobei, wenn ich ehrlich bin, das mit dem umfassend ist ein Trugschluss. Man kann bestenfalls vorbereiten, weil für mehr war gar keine Zeit. Das Gute an den letzten Jahren war, dass man auch mal etwas länger im Gespräch verweilen konnte. Früher war in eine halbe Stunde auch schon der Hallenwechsel eingepreist. Eigentlich war ein Termin meist »nur« ein besseres Networking. Darauf kommt es aber an und ist aus meiner Sicht der entscheidende Faktor eines Messebesuchs.
Daher ist es durchaus in Ordnung, wenn die Messe künftig einen anderen Fokus setzt und vor allem den Austausch fördern will. Sicherlich ist es auch vernünftig an ein jüngeres Publikum zu denken. Seien wir ehrlich, wer die Anfänge und Blütezeit der Cebit in den 90er Jahren und Anfang 2000 miterlebt hat, den wird man nicht mehr zufrieden stellen können. Wir haben die Cebit gehasst und geliebt. :-)
Die Jahreszeit ist nicht das Problem der Cebit
Sich an neuen gutgehenden Veranstaltungen zu orientieren, ist sicherlich richtig. Letztlich haben wir immer Innovationen gefordert. Trotzdem möchte ich anmerken, eigentlich hätten sich die anderen an der Cebit, der einst wichtigsten IT-Messe der Welt, orientieren sollen. Die Messe nun in den Juni zu verlegen, damit man mehr draußen machen kann, wird nicht reichen. Die Jahreszeit ist nicht das Problem der Cebit.
Ich gehe auf eine Messe, um etwas zu lernen, zu erfahren, um Kontakte zu knüpfen, andere Sichtweisen kennenzulernen, zu recherchieren und gerne auch um etwas Spaß zu haben. Um wieder in alten Erinnerungen zu schwelgen, früher konnte man mehr »anfassen«. Heute finden sich oft genug nur noch Präsentationsdauerschleifen und ein paar Kleinteile in einer Vitrine. Auch das Fachsimpeln wird schwieriger, weil das Standpersonal oft genug »nur« noch aus Verkäufern besteht und es ein IT-Manager oft genug schwer hat, jemand für ein echtes Hintergrundgespräch zu finden.
In den guten Zeiten traf man große wie kleine Hersteller und Anbieter. Heute bleiben mittlerweile die meisten namhaften Unternehmen zuhause. Einen mickrigen Tisch an einem Gemeinschaftsstand oder Themenpark zähle ich da nicht mit. Früher war die Messe der einzige Weg sich zu informieren, heute findet sich alles im Internet. Daher muss man den Leuten heute etwas Anderes bieten. Dass sich die Cebit verändert finde ich gut.
Zu wenig Fokus auf den Messebesucher
Das Problem liegt für mich generell daran, dass keiner den Besucher im Fokus hat. Der Messeveranstalter will Geld verdienen. Mit der Cebit ging dies jahrzehntelang sehr gut. Die Aussteller wollen heute nur noch Leads. Das heißt, möglichst viele potentielle Kunden abgreifen, am liebsten Neukunden. An den Besucher und seine Bedürfnisse denkt dabei keiner. Wer den ganzen Tag auf einer Messe unterwegs ist, möchte sich beispielsweise auch mal hinsetzen. Die Sitzecken wurden aber weitgehend wegrationalisiert. Eine Bewirtung auf den Ständen ist auch nur noch selten vorgesehen. Nicht falsch verstehen, wir gehen da nicht zum Feiern hin, aber irgendwann ist man platt. Ich habe einen Plausch am Stand einem Restaurantbesuch immer vorgezogen.
Wie schwer es ist, den Besucher in den Mittelpunkt zu stellen erleben wir gerade selbst, bei den Vorbereitungen zur Flash Forward. Hier ist zum Beispiel unser Plan, dass kein Aussteller einen eigenen Vortrag bekommt, sondern sich über einen Anwender präsentieren soll und auf einer Podiumsdiskussion. Bei unseren Gesprächen, würden Sie gerne »Mäuschen spielen«… Aber dazu an anderer Stelle, in Kürze, mehr.
Die Cebit braucht Veränderungen, darin sind wir uns wohl einig. Ob das neue Konzept den gewünschten Erfolg bringt? Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass die Aussteller bereit sind genug zu investieren, damit sich das für alle Seiten trägt. Ich fürchte die Cebit wird ein »Opfer« dieser vielbeschworenen Transformation und gehört in ein paar Jahren zu denen, die den Wandel zu spät erkannt haben.
Wie sehen Sie die Zukunft der Cebit? Ich schätze die »Alten« (50+) sehen es ähnlich, oder? Was ist mit unseren jüngeren Lesern, würden Sie eine Sommer-Cebit besuchen? Oder anders gefragt, was erwarten Sie sich von einer Leitmesse wie der Cebit? Schreiben Sie's in die Kommentare. Ich bin sehr gespannt.