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Streitpunkt: Millionen-Einsparung durch Ablösung von Tape

Streitpunkt: Millionen-Einsparung durch Ablösung von TapeDas IT-Team der US-Behörde GSA spart durch die Ablösung von 14. 000 Tapes jährlich eine Million US-Dollar ein. Wie es genau zu dieser Summe kommt, ist bisher nicht bekannt. Ein Posting der Doge-Behörde, das Tape als veraltet bezeichnet, erregt dagegen die Gemüter. Die Fachwelt ist sich einige, Tape hat nach wie vor seine Berechtigung als Backup- und Archivierungsmedium.

Ein Social-Media-Beitrag des US-amerikanischen Department of Government Efficiency (DOGE) sorgt in IT-Kreisen für Kopfschütteln. Angeblich spart das IT-Team der US-amerikanische Behörde General Services Administration (GSA) jährlich eine Million US-Dollar, indem es 14.000 Bänder in »dauerhafte moderne digitale Aufzeichnungen« umwandelt. Um welche Daten es sich genau handelt und auf welcher Technologie diese nun genau gespeichert werden, bleibt offen, aber die Diskussion ist natürlich eröffnet.

Die GSA beschäftigt über 12.000 Mitarbeiter und versorgt über 60 Bundesministerien und -behörden mit Dienstleistungen wie Büros und Büromaterial, Telekommunikationsausstattung. Geschäftsgebäuden und Fahrzeugen. Das Datenaufkommen dürfte daher einem größeren Unternehmen entsprechen.

Thomas Coughlin, Storage-Analyst und Präsident von Coughlin Associates, schreibt auf forbes.com, dass in vergleichbaren Firmen und Rechenzentren wie der GSA hybride Systeme zum Einsatz kommen, die in der Regel eine Kombination verschiedener Storage-Technologien nutzen. Letztendlich gelte es einen maximalen Kompromiss zwischen Leistung und Kosten zu erzielen. Für die Primärspeicherung seien dies Flash und SSDs sowie wir Festplatten für Sekundärdaten. Mit seinen niedrigen Speicherkosten werden Tape typischerweise für archivierte Daten verwendet.

Die neueste Generation von LTO-9-Magnetbändern, das laut Coughlin derzeit beliebteste Bandformat, wird derzeit für etwa 70 Euro netto für 18 TByte native Kapazität gehandelt. Das entspricht nicht ganz vier Euro pro TByte für native Kapazitätskosten und liege deutlich niedriger als bei HDDs und SSDs. Eine Server-Platte mit 20 TByte liegt derzeit zwischen rund 13 und 15 Euro pro TByte netto. Coughlin erwartet, dass künftige LTO-Generationen noch günstiger sein werden.

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Optische Medien keine Archivierungsalternative

Coughlin und andere Marktbeobachter erwähnen zwar auch optische Datenträger als mögliche Archivspeicher, diese kommen in der Praxis bestenfalls in kleinen Umgebungen zur Anwendung. Mit der M-DISC und dem BDXL-Format werden beschreibbare Disks mit 100 und 128 GByte unterstützt sowie wiederbeschreibbare Rohlinge mit 100 GByte. Die M-Disc gilt zwar als akzeptables Archivierungsformat mit einer Lebensdauer von über 100 Jahren, die Kapazität pro Medium ist aber letztendlich zu gering, zumal auch keine Library-Systeme erhältlich sind.

Als Zukunftstechnologie werden unter anderem holographische Speicher genannt, die Daten in drei Dimensionen innerhalb des Mediums speichern. Die Firma InPhase Technologies präsentierte 2005 erste Prototypen und versprach Kapazitäten von bis zu 1,6 TByte pro Scheibe. 2010 ging der Hersteller aber in Konkurs. Im Jahr 2020 belebte Microsoft die Technik mit dem Projekt Holographic Storage Device (HSD) noch einmal neu. Zusammen mit Microsoft Research Cambridge und Microsoft Azure wird versucht die holografische Technologie für Cloud-Speicher in Rechenzentren zum Laufen zu bringen. Seitdem ist es aber wieder still geworden. Aktuell sind quasi keine öffentlichen Informationen zu HSD bekannt. Optische Speicher dürften daher bei GSA als kostengünstige Tape-Alternative ausscheiden.

Einsparpotential von GSA und Doge unklar

Coughlin zufolge ist es nicht klar, wie Doge jährlich eine Million US-Dollar einsparen kann, indem es 14.000 digitale Magnetbänder ersetzt, es sei denn, es ist gemeint, dass sie Daten von älteren Magnetbändern auf modernere Tape-Generationen mit höherer Kapazität konsolidieren. Damit würden weniger Tapes benötigt, um die Daten zu speichern.

Es könnte auch sein, dass geplant ist, Daten von einem bandgestützten Vor-Ort-Speicher zu einem Cloud-Storage zu verlagern, entweder On-Premises oder zu einem entfernten Rechenzentrum. Allerdings gelten Deep-Archives in der Cloud langfristig als teuer und basieren ziemlich sicher ebenfalls auf Tape-Technologie. Das Befüllen des Cloud-Archivs ist zwar meist sehr preiswert, diese Strategie rentiert sich allerdings nur, wenn die Informationen niemand mehr benötigt oder nur sehr, sehr selten darauf zugegriffen wird.

Auch im Bereich Backup macht es eigentlich wenig Sinn, von einer Tape-Lösung zu Disk- oder Cloud-Backup zu migrieren. Aufgrund der Größe von US GSA gehen wir davon aus, dass die Backup-Strategie verschiedene unterschiedliche Medien beinhaltet und schon aus Kostengründen Tape dazugehört.

Da man es in den USA derzeit mit den Fakten nicht so ganz genau nimmt bzw. man sich die Sachlage mitunter passend macht, wurde eventuell punktuell etwas geändert oder nur ein einzelner Punkt aus einer Rechnung herausgepickt.

Data-Protection-Strategie für größere Umgebungen

Für größere IT-Umgebungen empfiehlt sich eine mehrschichtige Backup- und Archivstrategie. Die Daten sollen einerseits sicher und effizient aufbewahrt und verwaltet werden, gleichzeitig aber auch die Verfügbarkeit und Integrität gewährleisten.

Dazu gehört die klassische Backup-Regel mit drei Kopien auf zwei unterschiedlichen Medien, wie Disk und Tape oder Cloud sowie einer ausgelagerten Offsite-Kopie und einer Offline-Sicherung mit Air-Gap als Prevention gegen Ransomware-Attacken.

Zur Erinnerung: Während die Backups zur schnellen Wiederherstellung im Falle eines Datenverlustes dienen, werden Daten vor allem aus rechtlichen oder geschäftlichen Gründen archiviert. Archivdaten müssen nicht immer sofort zugänglich sein und sollten auf Medien gespeichert sein, die für Langzeitlagerung geeignet sind.

Die Strategie sollte flexibel genug ausgelegt sein, um sich an zukünftige Technologien und Bedürfnisse anzupassen. Gleichzeitig gilt es diese regelmäßig zu überprüfen und anzupassen, um optimalen Schutz und Effizienz zu gewährleisten.

Letzteres würden wir bei der GSA nicht unbedingt voraussetzen, zumindest nicht durchgängig. Speziell in Behörden finden sich immer noch ältere Systeme. Erst vor rund zwölf Monaten witzelten wir darüber, dass der öffentliche Nahverkehr in San Francisco immer noch auf Disketten basiert. Die Argumente damals, wie heute, »die Systeme funktionieren einwandfrei« und neue Geräte wären zwar längst überfällig, würden aber mehrere Hundert Millionen US-Dollar kosten. Von der Umsetzungsdauer der Erneuerung ganz zu schweigen.



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