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Die tägliche Angst im Unternehmen


*** Blog von Claudia Hesse, speicherguide.de ***

Claudia HesseClaudia Hesse Meine Karriere begann vor zirka 30 Jahren (ja, ich bin tatsächlich schon so alt!), damals als kompletter Neuanfänger. Die paar Ferienjobs während der Ausbildung hatten mich in der Tat NICHT darauf vorbereitet, was dann kam.

Es war natürlich aufregend, vieles neu, spannend – ich kam mir selbst in meiner ersten Stelle – einer Assistenzfunktion – richtig wichtig vor. Und dann schlich sich langsam aber sicher ein anderes Gefühl ein: Angst. Davor, was falsch zu machen.

Davor, als blöd da zu stehen, wenn ich etwas frage. Was die Angst, etwas falsch zu machen noch verstärkt hat. Davor, im Meeting etwas zu sagen, was falsch aufgefasst werden könnte oder mich lächerlich machen könnte. Davor, dem Job nicht gewachsen zu sein.

Davor, irgendjemand (vor allem irgendeinem Boss) auf die Füsse zu stehen. Ultimativ davor, meinen Job zu verlieren (das ist ja richtig schamvoll). Und irgendwann habe ich festgestellt, dass ich nicht die Einzige bin, der es so geht. Nur reden will keiner drüber.

70 Prozent aller Deutschen haben Angst vor Arbeitsplatzverlust

Fast Forward: Mittlerweile habe ich 15 Jahre Erfahrung IN Unternehmen verschiedener Grössenordnung zu arbeiten und nochmal so viele Jahre MIT diversen Corporates zu tun zu haben. Und die Situation hat sich in all diesen Jahrzehnten nicht massgeblich verändert: Der Level an Angst in Unternehmen ist immer noch immens hoch.

Und tada – hier die »offizielle« Bestätigung: Laut einer Umfrage von Statista in 2018 haben fast 70 Prozent(!) aller Angestellten, Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren – und ich wette, die oben genannten Faktoren spielen dabei eine grosse Rolle. Das obwohl Themen von erfülltem Leben, Job mit Sinn, Life-Work-Balance und glücklich sein in den letzten Jahren viel mehr Raum bekommen haben und permanent durch die Medien geistern.

Gnadenlos konditioniert

Woher kommt also dieser Grand Canyon zwischen der Wunschvorstellung und der Realität? Zugegeben, mittlerweile gibt es immer mehr Unternehmen, in denen das Betriebsklima vorwiegend richtig gut ist, wo Innovation von ALLEN Mitarbeitern dankend angenommen wird, wo Kollaboration, Respekt, Anerkennung der Leistungen (nicht nur monetär) gelebt, und die Menschen als solche behandelt werden.

Die Mehrzahl tut es allerdings nicht. Oder jedenfalls nicht in dem Mass, dass sich die Menschen wohl fühlen. Neulich habe ich in einem Leserkommentar in einer Online-Tageszeitung gelesen: »Da erwarten Menschen doch tatsächlich, Spass an der Arbeit zu haben! Das Leben ist nicht dazu da, genossen zu werden – es ist hart!«

Puh. Wirklich?

Unglücklicherweise ist das tatsächlich einer der Glaubenssätze, mit denen viele von uns aufgewachsen sind. Andere sind, »Das Leben ist kein Ponyhof«, oder »Erst die Arbeit, dann das Vergnügen«.

Hast Du sicher alle schon gehört, oder lebst sogar dein Leben danach. Kein Wunder, entwickeln sich daraus Ängste. Was aber tun, um all dem zu begegnen, nicht nur damit umzugehen, sondern tatsächlich zu einem erfüllten, mehrheitlich angstfreien Leben zu kommen, welches wir in vollen Zügen geniessen können (und ich meinen nicht die von der DB).

Drei Gegenmassnahmen

Angst am Arbeitsplatz ist ein Riesenthema – ich greife heute einfach mal nur drei Massnahmen dagegen raus.

  1. Glaubenssätze verändern.
    Wer sagt denn, dass alles das, was wir gelernt haben, wirklich wahr ist? Als Kinder und junge Menschen übernehmen wir vieles ungefragt von Respektspersonen, Eltern, Lehrer, Arbeitgeber oder manchmal auch unseren Freunden. Muss ja stimmen, wenn die das sagen. Tut es aber oft nicht.
    Die Krux an Glaubenssätzen: wir finden immer irgendwelche Belege dafür, dass sie wahr sind. Das Gute: Wenn wir sie ändern (weil sie nicht stimmen oder uns im Weg stehen) finden wir eben so viele Beweise, dass sie wahr sind.
    Beispiel: Ohne eine gescheite Ausbildung kann man NICHTS erreichen. Für diese »Wahrheit« findest Du sicher eine Menge Belege – vielleicht Dich selber. Hmmm, auf der anderen Seite erinnere ich mich dunkel daran, dass einige der (wirtschaftlich) sehr erfolgreichen Unternehmer wie Zuckerberg oder Jobs nicht mal ihre Uni-Ausbildung abgeschlossen haben. Und wie das ausging wissen wir alle.
    Fazit: Nur weil wir eine Korrelation finden, heisst das noch lange nicht, dass dieser Glaubenssatz für ALLE gilt und meistens ehrlich gesagt gar nicht. Speziell, wenn es darum geht, dass unser Leben ja »hart« ist.

    Wir machen unser Leben hart oder eben nicht. Was ich damit sage ist, dass wir sicher alle irgendwelchen Mist in unserem Leben haben oder erleben – und dazu gehört unter anderem auch ein Arbeitsplatzverlust – ist mir auch schon passiert vor Jahren. Das Wichtige ist, welche Kapazitäten wir entwickelt haben damit umzugehen, was eine direkte Auswirkung auf unser Lebensgefühl hat.
  2. Selber aktiv werden – Fokus verändern
    Mittlerweile sollten wir es alle wissen: Das Einzige, was ich in meinem Leben wirklich verändern kann, bin ich selber. Wir mögen – im besten Fall – Einfluss auf unsere Umgebung, unsere Familie, unser Team und Kollegen haben und Veränderungen anstossen. Der erste Schritt ist aber immer, sich selber zu verändern.
    Wenn also Ängste am Arbeitsplatz da sind, kann der erste Schritt sein, unseren Fokus zu verändern. Welchen Dingen geben wir unsere Aufmerksamkeit? Dem (vielleicht) einen blöden Kollegen oder Chef in den USA oder den vielen anderen, die toll sind und die (hoffentlich) freundlichen Kunden.
    Wir schaffen unsere eigene Realität und Erfahrung, abhängig davon, auf was wir uns fokussieren.
    Probier’s einfach mal aus und beobachte, wie sich dein Blick auf die Welt plötzlich verändert. Fast wie Magie.
  3. Don’t worry, it might never happen
    Meistens trifft der schlimmste Falle nicht ein. Und wir machen uns viel zu viele Sorgen, was sich unweigerlich in Stress bemerkbar macht. Der Kopf ist voll, ungebetene Gedanken machen sich permanent breit und unsere Vorstellungskraft macht Überstunden.
    Wir trauen uns nicht, unseren Mund aufzumachen und statt der endlosen Genehmigungsschleife für ein Mini-Budget einen einfachen Prozess vorzuschlagen? Weil’s eh keiner hören will oder wir eine auf den Deckel kriegen, weil es nicht unser Verantwortungsbereich ist?
    Einfach ausprobieren.
    Zugegeben das braucht Mut. Für sich selber und seine Ideen, Überzeugungen und Werte einzustehen. Ich strauchele damit auch immer wieder. Und habe gelernt, dass a) meine schlimmsten Befürchtungen quasi nie eintreten oder b) mein für mich Einstehen mir sogar mehr Respekt verschafft.
    Wirklich.
    Außerdem hat es etwas extrem Befreiendes, wenn wir einfach wir selber sein können und nicht Teile von uns im Job komplett verstecken »müssen«.


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