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EMC World: More »Show« than show

Die Show war bunt, der Ankündigungen viele – bei näherer Betrachtung muss man aber sagen, dass EMC in diesem Jahr mehr von Zukunftsmusik und Optimierung sprach als von realen Produkten oder spektakulären Lösungen. Das macht es nicht schlechter, Trommeln gehört eben zum Handwerk. Und ein Wegweiser für die Konkurrenz ist es alle Mal – wie jedes Jahr.

Vorab möchte ich mich für die englische Überschrift entschuldigen, aber treffender geht es im Deutschen leider nicht. Zur EMC World 2014 gab es nämlich eine gute Show, so richtig Neues gezeigt wurde allerdings nicht. Dafür getrommelt und mit neuen Marketingwörtern hantiert. Das ist auch nicht wirklich neu für eine EMC-Hausmesse und auch nicht schlimm, denn spätestens in sechs Monaten werden wir einen Konkurrenten nach dem anderen dabei ertappen, in das gleiche Fahrwasser zu steuern wie der Bostoner IT-Gigant, sei es bei der Technologie- oder der Wortwahl. Hier die Einzelanalyse zu einigen der Ankündigungen.

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Extrem-Garantie für XtremIO

In Las Vegas zählen Show und Geld und so verwundert es auch nicht, dass EMC mit seiner 1-Million-Dollar-Garantie für XtremIO-Systeme eine Marketingaktion der Superlative aufsetzt. Diese gilt allerdings nur bis Herbst 2014 und bei welchen Performance-Problemen diese Garantie vom Kunden eingefordert werden kann, ist nicht ganz klar. Klar ist, dass bei der Funktionsliste Verbesserungen stattfanden und nun auch Snapshots und Verschlüsselungen möglich sind. Darüber hinaus schwärmt der Anbieter von den Integrationsoptionen, unter anderem in VPLEX oder ViPR. Damit auch klar wird, wie ernst EMC es mit dem Flash-Geschäft meint, gibt es gleich noch ein passendes Trade-In-Programm dazu, damit es Kunden leichter fällt, sich von bestehenden Flash-Lösungen zu trennen. Das Flash-Array liegt voll im Trend – wirklich neue Technologie ist es aber nicht. Dafür gab es die eine Million US-Dollar live und in Farbe zu bewundern, und zwar schön gestapelt in einem Array.

Noch mehr Flash mit DSSD

Eine Ankündigung ohne jegliches konkretes Produkt, war die Ansage, dass EMC das Startup DSSD kaufen wird. Dies soll ohne Zweifel die Wichtigkeit von Flash unterstreichen, allerdings sollen Produkte erst im nächsten Jahr zur Verfügung stehen. Bei den Details zum Produkt schwiegen sich EMC und die Führungsriege von DSSD aus. Letztere besteht nicht aus unbekannten Jungstars, sondern aus Erfolg verwöhnten IT-Schwergewichten wie Andreas Bechtholtsheim, ehemaliger Mitbegründer von Sun Microsystems, und Bill Moore, vormals Chief Storage Engineer bei Sun.

Obwohl es derzeit noch viel Geheimniskrämerei und nicht mehr als die Aussage »Es ist ein Flash-System« gibt, kamen schon einige Details ans Licht. So soll es sich um eine Server-basierende PCIe-Flash-Lösung handeln, die direkt angeschlossen und quasi unbegrenzt parallelisiert werden kann. Um Transaktionen schneller als bei existierenden Flash-Produkten zu verarbeiten, will DSSD angeblich fast die gesamten Protokoll-Layer eliminieren, um dann Daten – unabhängig ob File, Block oder Objekt – in unter einer Millisekunde abzulegen. Gerüchten zufolge existiert bereits ein echtes Hardware-Produkt, allerdings mit herkömmlicher Festplattentechnik. Die Magie liegt hier wie bei vielen anderen neuen Angeboten in der Software. Wenn der Protokoll-Overhead eliminiert wird, bleibt trotzdem die Frage nach der Indexierung bzw. den Metadaten sowie dem Datenschutz. Spätestens hier muss EMC in Kürze mit Details rausrücken, um Beta-Tester zu finden.

Des Weiteren dürfte die Positionierung der zu erwartenden Lösungen interessant sein, gegenüber dem Kunden ebenso wie den eigenen Mitarbeitern. Derzeit beteuert das Unternehmen, dass es nicht zu einer Kannibalisierung der XtremIO-Arrays kommen wird. Das ist sicherlich auch nicht gewollt. Kommt DSSD aber so richtig zum Fliegen, dürfte dies schwierig, wenn nicht gar ein hehrer Wunsch werden. XtremIO offeriert verteilte Flash-Ressourcen, während DSSD eben direkt angeschlossen wird. Da sich letzteres parallelisiert betreiben lässt, sollte es aber kein Problem sein, den hochleistungsfähigen PCIe-Flash verschiedenen Anwendungen zuzuführen. Laut Buschtrommel kostet die neue Flash-Lösung zudem nur doppelt so viel wie bestehende und offeriert das Fünffache an Performance. Das dürfte in vielen Fällen dann doch zum Problem für XtremIO werden.

Am Rande sei noch bemerkt, dass die Idee hinter DSSD nicht neu ist. Mehr CPU-Leistung näher an die Anwendung zu bringen und schnellere Transaktionen versprach bereits eine andere – tot geredete – Technologie. Klingt bekannt? Sollte es. Nicht mehr und nicht weniger erledigt bereits heute der Mainframe. Bewährtes Konzept, neue Komponenten, besseres Marketing. Eine weitere Randbemerkung sei dem Projekt »Lightning« gewidmet. Dieses war nichts anderes als verteilter Flash und wurde zu Gunsten XtremIOs mal ebenso über Bord geworfen. In diesem Licht ist die Frage berechtigt, ob XtremIO nicht das gleiche Schicksal widerfahren könnte, sollte sich DSSD oder etwas anderes als vielversprechender herausstellen. EMC hat nicht nur hier gezeigt, dass das Unternehmen lieber ein Ende mit Schrecken als ein langes Sterben einer Technologie zugunsten des Geschäftsvorteils vorzieht

Cloud in jeder Form und Farbe sowie SDS

In Punkto Cloud-Lösungen gab es jede Menge Ankündigungen, die wohl wichtigste davon die Appliance »Elastic Cloud Storage«. Diese vereint Standard-Hardware auf x86-Basis und »ViPR«-Software, letzteres momentan DAS Angebot für Software-defined Storage aus dem Hause EMC. Mit der Appliance sollen die Google- und Amazon-Clouds dieser Welt Konkurrenz bekommen. Mit der zweiten Version der Software Vipr soll zudem das SDS-Geschäft weiter angeschoben werden. Dafür gab es hier Erweiterungen wie zum Beispiel der OpenStack-Support oder die Unterstützung zusätzlicher Fremd-Hardware wie von HDS, Dell, Netapp, HP und IBM. Allerdings darf der Kunde nicht vergessen, dass Vipr nur in Verbindung mit VMware funktioniert. Kunden, die also noch nicht in der virtuellen Welt angekommen sind, müssen hier nachlegen oder bleiben bei EMC in punkto SDS außen vor.

Auch von den Sparten Data Domain, Pivotal und Syncplicty gab es Neues für die Cloud. Und auch hier muss betont werden, dass eher ein oder zwei Schrauben nachgezogen wurden, als wirklich bahnbrechende Innovationen vorzulegen.

Was es nicht Neues gab

Natürlich gab es Produktneuheiten bzw. allesamt Erweiterungen und Optimierung bestehender Produkte. Eine verbesserte VSPEX, ein Einstiegssystem der VNX, eine neue Data-Domain-Appliance sowie ECS und weitere. Allerdings sollte auch Augenmerk darauf gelegt werden, worüber gar nicht geredet wurde. So gab es vom einstigen Flaggschiff Symmetrix bzw. VMAX nichts zu hören. Auf lange Sicht wäre das auch nicht verwunderlich, stehen doch monolithische Systeme derzeit nicht hoch im Kurs. Ebenso ging die Isilon-Lösung offenbar leer aus beim jährlichen Herausputzen. Was eher stutzig macht, sind die verhaltenen Software-Updates. Ich vermisse zum Beispiel mehr Integration in Sachen Sicherheit. Nach all dem Getöse um NSA und Snowden, sollte gerade für Wolken-Architekturen und verteilte Ressourcen mehr passieren. Aber zum Thema RSA blieb es still. Und selbst bei VMware war das größte Highlight die Integration von SAP HANA in vSphere 5.5.

The Show will go on

Imposant war die EMC World schon, allein weil sie zeigt, wie groß das Produktportfolio des Herstellers mittlerweile ist. Das Geschäft ist derart gewachsen, dass es nun sogar vier CEOs bedarf. Und obwohl die spektakulärsten Ankündigungen noch ohne handfeste Produkte dastehen, schafft es EMC immer noch oder besser immer wieder, den Ton anzugeben; den Marketington auf jeden Fall. Begriffe wie Redefine, Data Services oder Data Lakes werden wir sicher so oder in ähnlicher Form in kurzer Zeit bei anderen Speicherunternehmen wiederfinden. Und ebenso werden weitere Startups auf den Markt fallen, die dediziert mit Flash-Technologien für die Clouds, das Internet der Dinge, Big Data oder ähnliches um die Ecke kommen.

Die Show geht weiter, nicht zuletzt, weil sie immer wieder neu inszeniert wird. Und immer wieder von den gleichen Machern. Joe Tucci ist nach wie vor erfolgreicher CEO und scheint vergessen zu haben, dass vor zwei Jahren eigentlich der Abgang geplant war. IT-Veteranen wie Bechtholtsheim springen aus der Hecke und wollen nun den ganz großen Wurf gelandet haben. Würde mich nicht wundern, wenn wir nächstes Jahr Moshe Yanai auf der Bühne wiedersehen, denn auch er kann es eben nicht lassen und bastelt schon an der nächsten Speicherinnovation.

EMC ließ etwas ironisch durchblicken, dass ihnen bewusst ist, dass sie nicht jeden Anwender überzeugen können und nicht jeder ihre Lösungen nutzt. Aber eigentlich hätten sie es schon ganz gern, wenn ihnen die IT-Weltherrschaft gehörte. Wenn man ehrlich ist, ist dies auch nicht ganz so weit weg von der Wahrheit, denn durch die über Jahre getätigten Zukäufe und die zunehmende Diversifizierung gibt es wirklich kaum noch ein Rechenzentrum, in dem nichts von EMC steht. Und selbst bei einem Startup zu kaufen, heißt nicht, EMC zu vermeiden. Dank cleverer Investitionsstrategie hat die Bostoner Firma hier auch einen langen Arm. Und selbst der Wettbewerb gibt dem Hersteller recht, denn in den nächsten 12 Monaten werden wir sehen, wie selbiger nachzieht und seine eigene Definition zu den vorgegebenen Trends sucht. Eines hat die EMC World besonders gezeigt: EMC ist zu einem Platzhirsch der IT herangewachsen, an dem keiner vorbeikommt. Eine ganz schöne Karriere, wenn man bedenkt, dass das Unternehmen mal Büromöbel vertrieb.

Mit effektreich gespeicherten Grüßen,

Ulrike Rieß

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