Online-Speicher als Einstieg in die Cloud
Bereits seit einigen Jahren gibt es funktionierende externe Dienstleistungen – obwohl das Marketing das Konzept erst kürzlich zum Trend erkoren hat. Eine kleine Auswahl der bestehenden Angebote und Marktaussichten.
Daten auf einfache Weise speichern und von überall auf diese zugreifen zu können ist ein Kernstück des Cloud-Gedankens. Daher lohnt sich bereits heute ein Blick auf den Markt der Online-Speicheranbieter. Hier tummeln sich zahlreiche Anbieter, die allesamt noch nach dem idealen Angebot in diesem Bereich suchen. Gemeinsam ist ihnen eines: sie stellen Festplattenplatz zum Zugriff über das Internet zur Verfügung und runden diesen mit mehr oder weniger brauchbaren Zusatzangeboten ab. Meist ist der Speicherplatz an sich kostenlos, wenn allerdings Backup, Mediendienste, eine erhöhte Zugangssicherung oder Filesharing hinzukommen, wird es teuer.
Anbieter und Anwendungsbereiche
Dienstleister wie GMX, Amazon oder Adrive stellen Dienste zur Verfügung, die sich von beliebigen Browsern aus nutzen lassen. Im Falle des Online-Speichers sollen Internetanwender kleinere oder größere Datenmengen außerhalb ihres lokalen Rechners ablegen, auf einigen Service-Seiten auch mit Kollegen oder anderen Communitys teilen. »Enterprise 2.0« ermöglicht die Bearbeitung der Inhalte auf den Internetportalen.
Ein simples Ablegen kleinerer Datenmengen wurde bereits davor umgesetzt, beispielsweise durch einfache E-Mail-Accounts, die von Portalen wie GMX, Web.de oder Yahoo angeboten wurden. Neu hinzugekommen sind solche, die Datenaustausch, Ablage und Bearbeitung erlauben. So gibt es Anbieter, die auch Dateispeicher-Dienste offerieren wie zum Beispiel box.net. Amazon wendet sich an Unternehmen, die ihren Entwicklungsabteilungen mehr Flexibilität geben möchten. Die bisherigen E-Mail-Anbieter sind durch Enterprise 2.0 nun in der Lage, ihr Portfolio zu erweitern. So erhalten die Nutzer solcher Mail-Dienste nun mehr Speicherplatz, beispielsweise für Bilder oder andere Medieninhalte. Ebenso fallen allmählich die Beschränkungen der Datenmengen sowohl für Uploads als auch für Downloads weg.
Alle Dienstleister legen hohen Wert auf Sicherheit, um bei den Kunden das nötige Vertrauen zu gewinnen. Fast jeder der Anbieter arbeitet mit den üblichen SSL-Verschlüsselungsraten von 128- oder 256-bit oder mit 448-bit-Blowfish-Verschlüsselung. Trotzdem sollten Interessierte die Sicherheitsangaben genau betrachten. Neben dem üblichen Zugriff über den PC oder Laptop lassen sich die Daten auch mit dafür geeigneten Mobiltelefonen sichern oder verwenden.
Die Vorteile des Online-Speichers sind offensichtlich. Diese Festplatte ist verwaltungsfrei, in vielen Fällen bis zu einer bestimmten Stufe kostenlos sowie von überall und ständig nutzbar. Lokale Laufwerksfehler verlieren ihren Schrecken, der Anwender kann seine Daten jederzeit wieder abrufen, wenn er sie dort als Backup abgelegt hat. Die gemeinsame Bearbeitung oder Verteilung von Dokumenten innerhalb einer Abteilung oder Gruppe erfolgt effizienter.
Für Privatnutzer und kleinere Firmen sind der ständige, ortsunabhängige Zugriff und die niedrigen Einstiegskosten wichtig. Hinzu kommen neue Funktionen, die die eigenen Rechner nicht anbieten können. Mittlere und große Unternehmen dürften hingegen auf kostengünstige Backup-Prozesse und optimale Ressourcen-Nutzung hohen Wert legen.
Cloud: Betreiber und Angebote
Das Angebot an Internetspeichern wächst beständig. Bereits im Markt befindliche Dienstleister sehen in Enterprise 2.0 und Cloud-Computing eine gute Möglichkeit, ihren Kunden weitere Leistungen an die Hand zu geben. Allerdings sollte der interessierte Anwender sich genau ansehen, welche Leistungen Basisangebote sind und wofür zusätzliche Kosten anfallen. Darüber hinaus sind generelle Funktionsmerkmale im Auge zu behalten. Aus den zahlreichen Angeboten sollen auf Grund der Fülle hier nur einige stellvertretend aufgeführt werden.
Internet-Veteran Amazon will mit »Simple Storage Service« (Amazon S3) vor allem professionelle Nutzer gewinnen. Der Dienst ermöglicht beispielsweise Software-Entwicklern Online-Datenspeicherung in Europa und bietet preiswerten Zugang zu derselben skalierbaren und zuverlässigen Speicherlandschaft, die Amazon für seinen eigenen Betrieb nutzt. Es gibt keine Grundgebühr, Anwender zahlen je nach belegtem Speicherplatz. Die Kosten halten sich mit 15-US-Cent pro GByte und Monat im Rahmen. Beim Datenaustausch sind die Preise gestaffelt und ebenfalls pro GByte zu bezahlen. Nachlässe gibt es nach zehn, nach 40 und nach 100 TByte. Wem diese Preisstruktur zu umständlich ist, für den hält Amazon ebenfalls online einen Rechner bereit.
Adrive.com stellt jedem Interessierten 50 GByte kostenlosen Speicher bereit. Hier gespeicherte Dateien können anderen Nutzern zur Verfügung gestellt werden, wenn diese ebenfalls über einen Zugang verfügen. Zwar erhalten Anwender mehr kostenlosen Speicher als bei anderen Anbietern, jedoch nur unter Angabe persönlicher Daten, unter anderem der Telefonnummer. Darüber hinaus prüft das Unternehmen die gespeicherten Inhalte und löscht diese bei Auffinden von kopiergeschützten, unpassenden oder urheberrechtlich zweifelhaften Daten. Verschlüsselung kann der Nutzer nur im kommerziellen Paket für 6,95 US-Dollar erwerben.
Auf Box.net lassen sich Daten ebenfalls mit anderen registrierten Anwendern teilen – natürlich mit Passwortschutz. Zwar wirbt die Firma mit unlimitierter Bandbreite, beschränkt dafür aber die Dateigrößen auf ein GByte. Mit der so genannten Business-Edition können fünf Anwender diesen Dienst gleichzeitig nutzen. Dieser ist aber nicht kostenfrei, für fünf GByte müssen schon 7,95 US-Dollar pro Monat gezahlt werden. Dafür bekommt man allerdings bereits Dienstleistungen wie mobilen Zugriff oder 24/7-E-Mail- und Telefon-Unterstützung. Die Enterprise-Version beläuft sich auf 15 US-Dollar pro Kunde.
Das Schweizer Unternehmen MyDrive bietet als kostenfreien Einstieg zwei GByte Speicherplatz an. Limitierungen der Bandbreite oder Dateigrößen gibt es nicht, die Menüführung ist erfreulicherweise in Deutsch und recht übersichtlich. Der Dienst erlaubt jegliche Datenformate und ermöglicht eine einfache Speicherplatz-Erweiterung, die allerdings Kosten verursacht. Ein GByte zusätzlicher Speicher kostet 60 Euro-Cent pro Monat, fünf GByte kommen mit 2,70 Euro monatlich etwas billiger. Eine 10-GByte-Erweiterung gibt es für 4,80 Euro im Monat. Die Nutzung dieses Angebots ist jederzeit kündbar.
Online-Speicher als Erweiterung schon bestehender Angebote
Online-Speicher führen mittlerweile auch viele E-Mail-Anbieter im Programm. Bei GMX beispielsweise findet sich unter »FreeMail« ein Mediacenter, das ein GByte kostenlosen Speicher bereitstellt. GMX bietet seinen Nutzern echte Service-Vielfalt, denn die gespeicherten Dateien lassen sich nicht nur abrufen oder umbenennen. Darüber hinaus kann der Anwender Filesharing-Funktionen, einen Fotoservice, eine Auswahl elektronischer Grußkarten und Bilder-Diashows oder MMS-Funktionen nutzen. Fortgeschrittene Kunden können über WebDAV (»Web-based Distributed Authoring and Versioning«) das Mediacenter auch direkt in ihr Betriebssystem einbinden. Dies erlaubt den Anwendern einen ähnlich komfortablen Zugriff auf die Daten wie bei einer Festplatte. Dazu muss der rund 2,7 MByte große GMX Upload-Manager aus den GMX-Tools ausgewählt und heruntergeladen werden. In wenigen Schritten ist die Online-Festplatte mit einem eigenen Laufwerkbuchstaben wie ein lokales Laufwerk nutzbar.
Online-Speicher als reine Backup-Ziele
In der breiten Angebots-Palette finden sich auch reine Backup-Webseiten wie Arvato.de oder Mozy.com. Für diesen Dienst muss sich der Anwender Software herunterladen, installieren und kann dann Sicherungen automatisiert durchführen. Bei EMCs »Mozy« sind die ersten zwei GByte kostenlos, darüber hinaus muss entweder eine Desktop- oder Server-Lizenz erworben werden. PCs kosten im Monat 3,95 US-Dollar pro 500 MByte, Server im selben Zeitraum 6,95 US-Dollar pro 500 MByte. Arvato verlangt bereits für seine Software 49 Euro. Für das Online-Backup mit zwei GByte pro Nutzer kommen nochmals 15,90 Euro im Monat hinzu. Weiterer Speicher in GByte-Schritten kostet jeweils 2,90 Euro. Diese Dienste sprechen ausschließlich Unternehmen und professionelle Anwender an.
Der Markt sortiert sich noch
Auch die großen IT-Anbieter haben nach Utility-Computing die Cloud für sich entdeckt. Wie viele produktive Projekte es schon gibt und wie teuer es wird, wenn das gesamte Unternehmen auf externe Rechnerdienste zugreift, ist nicht bekannt. Microsoft stellte im Oktober 2009 sein »Azure« vor und EMC propagiert seit Mai »Atmos«. Bei IBM heißt die Lösung »Smart Business Storage Cloud«, HP nennt es »Cloud Assure« und HDS hat die »Hitachi Content Platform« eingeführt. Alle Lösungen sind unkompliziert und wachsen mit. Kombinationen bei den Einsatzmöglichkeiten und unterschiedliche Support-Stufen gehören natürlich ebenso dazu. Noch ist das Interesse wohl eher verhalten und die Produkte müssen sich zudem erst noch beweisen.
Rechtliche oder interne Beschränkungen und Richtlinien werden ihren Teil dazu beitragen, die Hemmschwelle gegenüber externen Diensten hoch zu halten. Wie stark das Argument der Kostenkontrolle ist, zeigt sich erfahrungsgemäß nach den ersten Rechnungen. Preisbeispiele sind hier schlecht in Erfahrung zu bringen, da sich die Anbieter hinter dem Hinweis auf die Individualität der Angebote verstecken. Billig kann es nicht sein, denn der Betrieb muss zu 100 Prozent gewährleistet sein. Wenn ein System im eigenen Rechenzentrum (RZ) ausfällt, dann folgt der IT-Manager seinem Notfall-Plan und muss für Ersatz oder Umschalten aufs Ausweichsystem sorgen. Beim ausgelagerten Dienst will und soll der Kunde nichts davon bemerken, wenn es im externen RZ Schwierigkeiten gibt.
Wie Regelungen aussehen, wenn etwas funktionsuntüchtig wird oder Serviceverlust entsteht, muss der Anwender genau prüfen. Ob die »große Cloud« so schnell, umfassend und ohne Einschränkungen am Markt Fuß fassen wird, steht abzuwarten. Kleinere und mittelständische Unternehmen sind da wohl noch eher mit eigenen Systemen, auslagerungsfähigen Medien und den erwähnten kleineren Cloud-Anbietern gut bedient.
Diese Online-Speicherdienste sind nützliche Werkzeuge, sowohl für Privatanwender als auch für kleinere geschäftliche Nutzer und den Mittelstand. Trotzdem ist es nach wie vor eine Frage des Vertrauens, ob und wem Daten überlassen werden. Die Anbieter müssen hier einiges an Überzeugungsarbeit leisten, denn kein Kunde möchte seine Daten verlieren oder im Zugriff ungebetener Dritter wissen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um vertrauliche Firmeninformationen oder nur um Urlaubsbilder handelt.
Durch Enterprise 2.0 können viele Anbieter nun mit Funktionalitäten aufwarten, die Heimanwendern oder kleineren Unternehmen bisher nicht zur Verfügung standen. Bis zur breiten Akzeptanz wird es noch einige Zeit dauern, bis dahin werden sich viele Dienste noch anpassen oder vom Markt verschwinden. Das zeigen die Beispiele von MediaMax, dem Web.de-Dienst »ComWin« oder dem Yahoo-Angebot »Briefcase«, die mittlerweile wieder eingestellt wurden. Der schiere Speicherplatz ist nur ein Aspekt der Angebote. Es gilt Funktionsumfang, Sicherheitsmaßnahmen, Erweiterungsmöglichkeiten und alternative Zugriffswege beispielsweise über mobile Geräte sowie Vertragslaufzeiten und Preispolitik ganzheitlich zu betrachten.