Marcus Schneider, Director Storage Product Marketing, Fujitsu Siemens Computers
Archivlösungen gewinnen immer mehr an Bedeutung, nicht zuletzt durch technische und rechtliche Entwicklungen. Archive müssen gut geplant sein und zur bestehenden IT-Struktur passen.
Wir sprachen mit Marcus Schneider, Director Storage Product Marketing bei Fujitsu Siemens Computers, über die derzeitige Marktsituation und Kriterien für Langzeitaufbewahrung.
Wie ernsthaft beschäftigen sich Anwender und der Markt mit dem Thema Archivierung?
Schneider: Archivierung wird zunehmend wichtig, zum einen, weil die rechtlichen Bestimmungen klarer werden und nun die Umsetzung in der IT beginnt. Das betrifft vor allem die E-Mail-Archivierung. Wir haben daher mit »Efficient E-Mail« eine Initiative geschaffen, die das Thema ganzheitlich adressiert. Zum anderen trennen immer mehr Firmen klar zwischen Backup und Restore auf der einen und Archivierung auf der anderen Seite. Denn diese Trennung hilft, operative Systeme zu entlasten und Effizienz zu gewinnen.
Welches sind die wichtigsten Triebfedern, Langzeitarchivierung umzusetzen?
Schneider: Die wichtigste Triebfeder sind nach wie vor gesetzliche Vorschriften, von denen es eine schier unübersehbare Fülle gibt, viele auch branchenspezifisch. Die meisten davon sind nicht neu. Dass man Steuerbelege aufbewahren muss, wussten schon die Erfinder der Keilschrift.
Wie wichtig ist ein Migrations-Plan, um nicht irgendwann Daten zu besitzen, die nicht mehr lesbar sind?
Schneider: Das ist ein guter Punkt, wenn es um Langzeitarchivierung geht. Wenn also Informationen länger aufbewahrt werden müssen, als die Systeme halten, auf denen sie gespeichert sind. Die Innovationszyklen von Platten sind etwa 3 Jahre, einige Informationen müssen aber für mehr als 100 Jahre aufbewahrt werden. Da muss man den Wechsel der IT-Infrastruktur von Anfang an mit einplanen. Am besten, man trennt Datenlogik und Speicherphysik, wie es zum Beispiel unsere Virtuelle Bandbibliothek »CentricStor« macht: Die Migration von LTO-1 zu -2 zu -3 zu -4 zu -5 geschieht am Backend quasi automatisch, ohne dass das die Informationen groß kümmern muss.
Welchen Stellenwert haben VTLs für Archive?
Schneider: Einen zunehmend großen, denn Tape wird wieder wichtiger, allein schon wegen des deutlich geringeren Stromverbrauchs verglichen mit Festplatten und weil ein Band 30 Jahre hält, also viel länger als eine Platte. Vernünftig verwalten lassen sich Daten auf Band aber nur, wenn Platten davorgeschaltet werden und eine Intelligenz zum Datenmanagement hinzugefügt wird. Diese Kombination können wir ja mal VTL nennen, zumindest in der Implementierung wie wir das mit Centricstor gemacht haben.
Single Instance oder Deduplizierung, welche Technologie eignet sich für welche Einsatzszenarien?
Schneider: Während Single-Instance doppelte Dateien nur einfach speichert, findet Deduplizierung gleiche Byte-Sequenzen auch in Teilen von verschiedenen Dateien. Deduplizierung liefert also eine bessere Komprimierung, bedeutet aber auch mehr Prozessorarbeit. Jenseits der Frage ob Single-Instance oder Dedup besser ist, ist der Einsatz von Techniken zur Datenkomprimierung individuell zu betrachten, denn deren Effektivität hängt von vielen Faktoren ab: Komprimiert die Applikation bereits selbst? Das ist wie mit den aktuellen Powerpoint-Versionen, die die Dateien bereits selbst komprimieren, so dass das Zippen keine zusätzliche Platzersparnis mehr bietet. Liegen die Daten verschlüsselt vor? Solche Daten lassen sich überhaupt nicht mehr deduplizieren, da ein Wesen der Verschlüsselung ist, dass gleiche Bytesequenzen in ungleiche Sequenzen verwandelt werden.
Wie sicher, kostspielig und aufwendig sind Festplattenarchive? Sind sie eine wirkliche Alternative?
Schneider: Dank günstigen hochkapazitiven Platten und der Deduplizierungstechnik werden reine Festplattenarchive zunehmend interessant. Gerade bei der Langzeitarchivierung darf man die Sicherung nicht vergessen. Auch ein Archiv verlangt nach Sicherung, sei es in Form von Backup oder einem gespiegelten Datenbestand. Spätestens hier bietet sich nicht nur aus Kostengründen Bandtechnologie an.
Verschwinden optische Medien wie CD/DVD/UDO?
Schneider: Ja, der Marktanteil ist bereits jetzt sehr gering, man findet sie nur noch in Nischen.
Könnte Cloud-Computing auch zu Outsourcing bei Archiven führen?
Schneider: Auf jeden Fall. Nach dem »Backup as a Service«-Boom, mit dem das Cloud Computing gesellschaftsfähig wird, hat »Archiving as a Service« das Zeug das nächste relevante Anwendungsszenarium zu werden. Wir betrachten diese Dinge im Rahmen unserer Strategie »Dynamic Storage Infrastructures« sehr genau. Im Moment sehen wir den Schwerpunkt allerdings eher im »Managed Archiving«. Damit meinen wir, dass die Infrastruktur zwar weiterhin unseren Kunden gehört, unsere Mitarbeiter aber den Betrieb der Systeme sicherstellen. So lässt sich bei klar definierten Service-Level-Agreements der Service transparenter gestalten, insbesondere auch die Kostenseite. Und da wir das jeden Tag machen, schließlich haben wir viele Komponenten dieser Systeme, die wir betreiben auch selbst entwickelt, können wir das typischerweise auch effizienter machen als unsere Kunden. Das bringt natürlich Kostenvorteile.