Gerhard Haberstroh, Solutions Marketing Manager Software Germany, HP
Archivlösungen gewinnen immer mehr an Bedeutung, nicht zuletzt durch technische und rechtliche Entwicklungen. Archive müssen gut geplant sein und zur bestehenden IT-Struktur passen.
Wir sprachen mit Gerhard Haberstroh, Solutions Marketing Manager HP Software Germany bei HP, über die derzeitige Marktsituation und Kriterien für Langzeitaufbewahrung.
Wie ernsthaft beschäftigen sich Anwender und der Markt mit dem Thema Archivierung?
Haberstroh: Im Markt wird dieses Thema sehr ernst gesehen. Archivierung ist laut IDC der am stärksten wachsende Teilmarkt im Bereich Informations-Management mit einer durchschnittlich erwarteten Wachstumsrate von mehr als 20 Prozent. Alle anderen Teilbereiche liegen unter 20 Prozent.
Welches sind die wichtigsten Triebfedern, Langzeitarchivierung umzusetzen?
Haberstroh: Einer der Haupttreiber sind aktuell sicher Regularien, beziehungsweise vorgegebene Aufbewahrungsfristen für Daten. Je nach Industrie müssen die Daten sehr lange archiviert werden. Das hängt allerdings vom Industriezweig ab. Die sicherlich schärfsten Richtlinien, aus Gründen von FDA-Compliance, sind definitiv in der Pharma-Industrie anzutreffen. In der Autobranche werden Daten mit Sicherheit lange über den Lebenszyklus archiviert werden. Ein Kunde aus der Bekleidungsindustrie gab als anderen Grund auch eine hohe Fluktuation von Mitarbeitern als Grund für die Archivierung an, das heißt, die Wissenserhaltung kann einer der Gründe sein. Im Bereich Qualitätsmanagement, zum Beispiel bei der Einführung von geschäftskritischen Anwendungen gibt es ebenfalls Regularien, die besagen, dass Testdokumente der Software Tests mindestens zehn Jahre aufbewahrt werden müssen.
Wie wichtig ist ein Migrations-Plan, um nicht irgendwann Daten zu besitzen, die nicht mehr lesbar sind?
Haberstroh: Ein Migrationsplan ist sehr wichtig. Einerseits müssen Daten aus »Legacy«-Applikationen migriert werden, das heißt, wenn applikationsspezifische Daten in speziellen Formaten archiviert sind, müssen diese nach Abschaltung der Anwendung noch in einem lesbaren Format vorhanden sein. Dies kommt unter anderem bei Datenbanken vor. Deshalb hat HP als Funktion der Datenbankarchivierungs-Software eine Funktion für die Überführung der Daten in html-Format integriert. Die Migration muss aber auch den Aspekt der Migration der Hardware auf neue Technologie abdecken. Die Informationsexplosion fordert eine ständige Erhöhung von Speicherkapazität und schnelleren Zugriff auf Speichermedien. Das bedeutet, die Speichermedien müssen auf neueste Technologie umgestellt werden. Deshalb haben wir ein integriertes Archivierungskonzept entwickelt. Mit unserer »Integrated Archiving Plattform« (IAP) und deren Smartcell-Prinzip können die Daten jederzeit auf neuere Speichertechnologie migriert werden oder die Speicherkapazität erhöht werden. IAP wird für File, E-Mail und Datenbankarchivierung genutzt und ist somit auf Datenkonsolidierung sowie schnellen Datenzugriff und Sicherheit ausgelegt.
Welchen Stellenwert haben VTLs für Archive?
Haberstroh: Virtual-Tape-Librarys werden hauptsächlich in Backup- und/oder Recovery-Umfeldern eingesetzt und sind auch für diese konzipiert worden. VTLs wurden nicht unbedingt für Datenmigrationen entwickelt. Die integrierte Lösung, die wir einsetzen und als Grundlage IAP nutzt, ist auf Langzeitarchivierung und einfache Migration der Daten auf jederzeit neue Speichertechnologie ausgelegt.
Single Instance oder Deduplizierung, welche Technologie eignet sich für welche Einsatzszenarien?
Haberstroh: HP benutzt Single Instancing für die Archivierung. Deduplizierung ist typischerweise nicht für Langlebigkeit ausgelegt, zeigt aber für kurzfristige Speicherung seine Stärken. Deduplizierungstechnologien werden deshalb auch im »Datatprotector«-Produkt von HP für Backup und Recovery unterstützt.
Wie sicher, kostspielig und aufwendig sind Festplattenarchive?
Haberstroh: Wir benutzen mit IAP ein Festplattenarchiv. Dies ist eine integrierte Software- und Hardware-Lösung. Deshalb ist sie auch auf Sicherheit ausgelegt, das heißt, es gibt nicht, wie bei einer Zusammenstellung von Lösungen unterschiedlicher Hersteller mehrere Angriffspunkte, die ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten. Die Festplattenarchive erlauben es außerdem, die Informationsexplosion effektiv zu handhaben. Zusätzlich ermöglichen sie effektive Suchmechanismen und Single-Instance-Technologiemigrationen einzusetzen.
Verschwinden optische Medien wie CD/DVD/UDO?
Haberstroh: DVD und CD waren sicherlich für einen anderen Zweck als für die Langzeitarchivierung großer Datenmengen geschaffen worden. Wir setzen für die Langzeitarchivierung auf plattenbasierte Technologie. Diese wird auch langfristig mit der Informationsexplosion Schritt halten können, den schnellen Zugriff auf Daten ermöglichen und die Notwendigkeit schnell Daten über Suchmechanismen zu suchen unterstützen.
Wodurch wird der Markt getrieben und welche Trends sind zukunftstauglich?
Haberstroh: Der Markt wird momentan von Geschwindigkeit, Regularien, Wettbewerbsfähigkeit, Kosten- und Ressourcenoptimierung getrieben. Die Informationsflut ist immens und wird noch dramatisch steigen. Die Daten liegen oft nicht zusammenhängend in unterschiedlichsten Systemen – sie liegen in E-Mail-Systemen, Spread-Sheets, Chat-Nachrichten, Diskussionsforen und mehr. Die Unternehmen benötigen ein gut strukturiertes gesamtheitliches Informationsmanagement, welches beispielsweise Backup, Archivierung, Records-Management, E-Discovery oder Dokumentenautomatisierung benötigt, um das Geschäft des Unternehmens optimal zu unterstützen. Nehmen wir nur den Teilbereich Archivierung. Allein in diesem Bereich ist es schon oft eine Herausforderung, die archivierten Daten auf einem einheitlichen System zu konsolidieren, das heißt, E-Mails und Anhänge dazu, unterschiedliche Dateien, Dokumente auf einem System zu konsolidieren. Unserer Meinung nach werden Konzepte überleben, die in der Lage sind, Daten zu konsolidieren, die skalierbar und migrationsfähig sind, eine schnelle Suche ermöglichen, Sicherheit gewährleisten und einen kontinuierlichen Zugriff zulassen.
Könnte Cloud-Computing auch zu Outsourcing bei Archiven führen?
Haberstroh: Ja, diesen Trend sehen wir durchaus. Beispielsweise arbeiten wir in Zusammenarbeit mit Iron Mountain einen digitalen Archivierungsservice für Krankenhäuser aus.