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Im Interview: IBM Deutschland

Kurt Gerecke, Certified Senior Storage Consultant, IBM Deutschland

Archivlösungen gewinnen immer mehr an Bedeutung, nicht zuletzt durch technische und rechtliche Entwicklungen. Archive müssen gut geplant sein und zur bestehenden IT-Struktur passen.
Wir sprachen mit Kurt Gerecke, Certified Senior Storage Consultant bei IBM, über die derzeitige Marktsituation und Kriterien für Langzeitaufbewahrung.

Wie ernsthaft beschäftigen sich Anwender und der Markt mit dem Thema Archivierung?

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 Kurt Gerecke 
Kurt Gerecke
Gerecke: Archivierung bekommt zunehmend wesentlich mehr Bedeutung. Viele Gesetze und Bestimmungen (wie z.B. die GDPdU) stellen einzuhaltende Anforderungen an eine revisionssichere Archivierung. Dabei muss sichergestellt sein, dass Daten im digitalen Archiv nicht verändert oder gelöscht werden können.

Welches sind die wichtigsten Triebfedern, Langzeitarchivierung umzusetzen?

Gerecke: Einerseits Gesetze und Bestimmungen, die eingehalten werden müssen, andererseits die Veränderung der Welt durch das Internet in Richtung Globalisierung – denken Sie nur dabei an das Riesenthema E-Mail-Archivierung und die damit verbundenen Auflagen. Ebenso finden wir klare Anforderungen im medizinischen und pharmazeutischen Bereich, wo Daten 30 Jahre und länger archiviert werden müssen.

Wie wichtig ist ein Migrations-Plan, um nicht irgendwann Daten zu besitzen, die nicht mehr lesbar sind?

Gerecke: Das absolut wichtigste Element der Archivierung ist der Migrationsplan und die Tatsache, konstant die archivierten Daten auf neuster Technologie vorzuhalten. Ist das im Archivierungskonzept nicht sichergestellt, kann man die Archivierung gleich bleiben lassen – das ist meist auf Grund von entsprechenden Auflagen nicht möglich. Viele sind in den 90er Jahren, in denen optische WORM-Medien teilweise vorgeschrieben waren, in die »optische Falle« getappt und stellen heute fest, dass es entweder ganz unmöglich oder nur mit extremen Zeitaufwendungen von Monaten oder Jahren möglich ist, die archivierten Daten von optischen WORM-Platten auf neue Technologien zu überführen.

Welchen Stellenwert haben VTLs für Archive?

Gerecke: Die heute wohl kostengünstigste Archivierung stellen Tape-Technologien dar, die von der Haltbarkeit 30 Jahre und mehr abdecken können und auch keinen Strom benötigen, wenn das Band vollgeschrieben ist. WORM-Bänder gibt es ja auch schon länger. Trotzdem spielen VTLs oder vorgeschaltete Plattenpuffer und Disksysteme eine immer größere Rolle, weil sie für eine bestimmte Retentionsperiode die Daten im Plattenpuffer im direkten Zugriff vorhalten und erst danach auf Tape migrieren oder »pre-migrieren«, so dass sie aus Sicherheitsgründen sowohl auf Tape als auch im Plattenpuffer gespeichert sind . Auf dem Bereich gibt es vielfache Konzeptionsmöglichkeiten.

Single-Instance oder Deduplizierung, welche Technologie eignet sich für welche Einsatzszenarien?

Gerecke: Deduplizierungsverfahren sparen einfach Plattenplatz. Diese Methode versucht zu vermeiden, Duplikate abzuspeichern, wenn man auf Plattenspeicher oder VTLs archiviert oder ein Backup durchführt. Dabei kann die Einsparung je nach erreichtem Deduplikationsfaktor beträchtlich sein. Wichtig dabei ist es, Deduplizierungsverfahren zu wählen, die eine 100-prozentige Datenintegrität gewährleisten und das machen leider nicht alle Verfahren.

Wie sicher, kostspielig und aufwendig sind Festplattenarchive? Sind sie eine wirkliche Alternative?

Gerecke: Festplattenarchive sind für eine Langzeitarchivierung nur begrenzt einsetzbar und nur dann sinnvoll, wenn rechtzeitig, bevor die Platten ausfallen, auf neue Festplatten migriert wird. Das kann auf Dauer teuer werden. Da ist Tape bei der heutigen Sicherheit und Haltbarkeit dann doch sinnvoller oder eben eine Kombination von beidem.

Verschwinden optische Medien wie CD/DVD/UDO?

Gerecke: UDO 3 ist ja in der Pipeline und kommt wahrscheinlich auf den Markt. Ich denke, wenn der Einsatz der HVD (Holographic-Versatile-Disk) im IT-Umfeld zum Tragen kommt, haben optische Technologien wieder eine Chance, im Langzeitarchivierungsbereich mit Jukeboxen an Geltung zu gewinnen. Ein Standard der HVD existiert ja schon seit Dezember 2004 mit einer Kapazität von 3.9 TByte und einer Datenrate von bis zu einem Gbit/s (bei Blu-Ray gerade 36 bzw. 72 Mbit/s). Im kommerziellen Bereich könnte die HVD die DVD und Blu-Ray Technologie verdrängen, wenn sie preislich richtig vermarktet wird.

Wodurch wird der Markt getrieben und welche Trends sind zukunftstauglich?

Gerecke: Kombinationen von unterschiedlichen Technologien (wie z.B. Platte und Band) sind im Trend und machen auch Sinn, wenn die Möglichkeit besteht, die Stärken beider Technologien in der Archivierungskonzeption auch voll auszunutzen. Dies gilt für den Backup- als auch für den Archivierungsbereich.

Könnte Cloud-Computing auch zu Outsourcing bei Archiven führen?

Gerecke: Im Langfristbereich kann man sich solche Outsourcing-Aktivitäten durchaus vorstellen. Was denken Sie, wird wohl das wichtigste Medium bei solchen Projekten sein, wo unvorstellbare Kapazitäten für die Archivierung vorgehalten werden müssen? Das Tape oder auch optische Datenträger – zumindest Datenträger, die keinen Strom verbrauchen.