Franz Bochtler, Geschäftsführer, European IT Storage
An iSCSI scheiden sich nach wie vor die Geister. Die Fibre-Channel-Fraktion erklärt, dass Performance nur mit FC möglich wäre. Befürworter erklären iSCSI zu einer kosteneffizienten Technologie, zumal nicht für alle Installationen die Geschwindigkeit das Hauptkriterium sei.
Wir sprachen mit Franz Bochtler, Geschäftsführer bei Eurostor, über den Markt und seine Entwicklung.
Die Meinungen über iSCSI sind nach wie vor geteilt. Wie sehen Sie heute den aktuellen Stand, welche Bedeutung hat iSCSI im Bereich Speichernetze?
Bochtler: Wie bieten unseren Kunden sowohl Fibre-Channel- als auch iSCSI-Systeme an. Der Anteil an iSCSI-Lösungen am Gesamtumsatz mit Speicherprodukten ist im letzten Jahr aber sehr deutlich gestiegen. Zwar kaufen Kunden mit bestehenden Fibre-Channel-Netzwerken nach wie vor FC-Speicher, aber bei denen, die neue Speichernetze aufbauen, liegt iSCSI sogar deutlich vorn. Das ist nicht nur eine Frage des Preises, obwohl es da natürlich enorme Kostenersparnis in der Infrastruktur gibt. Es ist vor allem die vertraute Technologie des Ethernet, die Kunden zu dieser Entscheidung motiviert.
Kritiker bemängeln, dass die Einführung des 10-Gbit-Standards viel zu lange braucht. Was sind die Ursachen dafür? Wann kann man auf breiter Basis mit lauffähigen Produkten rechnen?
Bochtler: Das ist natürlich nicht von der Hand zu weisen: Die ersten 10-Gbit-Produkte sind seit langem auf dem Markt, aber die Akzeptanz ist noch sehr gering und es gibt zu wenig qualifizierte Lösungen die darauf beruhen. Ein Hauptgrund ist natürlich, dass das Kernargument für Ethernet, nämlich dass es nicht viel kostet, für die 10-Gbit-Variante auch nicht ansatzweise gilt. Und solange diese Technologie sich nicht im »normalen« Netzwerk deutlich ausbreitet, macht sie 10-Gbit-iSCSI-Lösungen zu proprietären Systemen – und damit entfällt der wichtigste Akzeptanzgrund: die Vertrautheit. Also wird es mit der breiten Basis noch etwas dauern. Aber andererseits kann man bestehende 1-Gbit-Verbindungen ja auch bündeln – und das kostet dann deutlich weniger.
Derzeit sieht es so aus, dass 8-Gbit-Fibre-Channel in etwa zeitgleich mit dem 10-Gbit-Standard kommen könnte. Verliert 10 Gbit dadurch bereits seinen Vorteil? Wie sehen Sie hier die Entwicklung?
Bochtler: Sicherlich tut man sich bei der 8-Gbit-Einführung bei Fibre-Channel deutlich leichter, schon weil der Preisunterschied zu vier Gbit nach kurzer Zeit nicht mehr groß sein wird. Aber auch die ersten Speichersysteme mit 8-Gbit-Anbindung werden wohl noch etwas auf sich warten lassen. Die Fibre-Channel-Infrastruktur dagegen kann heute durchaus schon mit acht Gbit realisiert werden.
Aber in wie vielen Fällen spielt der mögliche Maximaldurchsatz überhaupt eine Rolle? In den meisten Applikationen liegen die Grenzen doch bei den I/O-Raten der beteiligen Rechner und Controller. Ausgereizt wird die Bandbreite auf einer einzigen Leitung höchstens beim Verschieben riesiger Files (Videos, Bilddaten). In der Praxis ist beim Vergleich zwischen Gbit-Ethernet und 4-Gbit-FC meist kaum ein Unterschied zu spüren.
Welche konkreten Vor- und Nachteile bietet iSCSI?
Bochtler: Die Vorteile, die bei der Einführung genannt wurden, gelten nach wie vor: preiswerte Infrastruktur und vertraute Technologie. Aber auch die Distanzen, die überbrückt werden können sind deutlich höher als bei Fibre-Channel. Geht es beispielsweise um eine Sicherung auf einen anderen Standort, muss Fibre-Channel meist auf irgendeine Weise über Ethernet getunnelt werden. Bei iSCSI ist das naturgemäß leichter.
Wenn Bandbreite wirklich eine Rolle spielt, dann schrumpft zumindest der Preisvorteil von iSCSI etwas, da mehr Aufwand betrieben werden muss, 1-Gbit-Leitungen zu bündeln. Manche Anwender klagen über höhere Latenzzeiten bei iSCSI, doch kann auch hier durch ein dediziertes iSCSI-Netzwerk mit geeigneter Infrastruktur viel erreicht werden.
Was sollten Unternehmen bei der Planung eines iSCSI-basierten Speichernetzes beachten? Welches sind typische Kaufkriterien bzw. die häufigsten Fehler bei der Anschaffung?
Bochtler: Auch wenn iSCSI auf einer vertrauten Technologie aufbaut. Beim Netzwerk gibt es einiges zu beachten. Es empfiehlt sich ein dediziertes Netzwerk, um Konflikte mit dem normalen Traffic zu vermeiden. Speichersysteme lieben keine Wartezeiten und Mitarbeiter, deren Arbeit wegen eines laufenden Backups lahm gelegt wird, sind auch nicht immer glücklich.
Die Switches sollten mit ausreichendem Puffer ausgelegt sein, so dass auch bei hoher Last keine Pakete verloren gehen. Sie werden zwar wieder gesendet, aber der Zeitverlust ist enorm. Die Unterstützung so genannter Jumbo-Frames sollte heute für Switches selbstverständlich sein, sonst wird der Protokoll-Overhead riesig.
Ansonsten zählen wie bei Fibre-Channel die Eigenschaften der Speichersysteme selbst – Redundanz und Performance des Controllers. Eigentlich sollte die Entscheidung nicht beim Netzwerk beginnen, sondern bei der Wahl der passenden Speicherlösung. Das Interface ist meist sekundär.
Mit welcher Entwicklung können Anwender und Unternehmen rechnen. Wie sehen Sie die Zukunftsprognosen für iSCSI in den kommenden zwei bis drei Jahren?
Bochtler: Mehr und mehr Speichersysteme, die bisher mit FC oder SCSI (SAS) angeboten werden, kommen nun auch mit iSCSI-Interface auf den Markt. Damit wird der Marktanteil von iSCSI weiter zunehmen. Und irgendwann in den nächsten drei Jahren (eine lange Zeit in der IT-Welt) sollte auch 10-Gbit-Ethernet zumindest in der Infrastruktur dominieren – und dann werden mehr Kunden auch die letzten Meter zum Rechner und Speicher auf zehn Gbit umstellen. Und mit der Akzeptanz wird dann auch diese Technologie erschwinglich.