David Rühl, Projektmanager Storage, Thomas-Krenn
An iSCSI scheiden sich nach wie vor die Geister. Die Fibre-Channel-Fraktion erklärt, dass Performance nur mit FC möglich wäre. Befürworter erklären iSCSI zu einer kosteneffizienten Technologie, zumal nicht für alle Installationen die Geschwindigkeit das Hauptkriterium sei.
Wir sprachen mit David Rühl, Projektmanager Storage bei Thomas-Krenn, über den Markt und seine Entwicklung.
Die Meinungen über iSCSI sind nach wie vor geteilt. Wie sehen Sie heute den aktuellen Stand, welche Bedeutung hat iSCSI im Bereich Speichernetze?
Rühl: Die iSCSI-Technologie erfreut sich immer mehr an Beliebtheit und findet sowohl im SMB- als auch im Enterprise-Segment immer mehr Einzug. iSCSI löst Fibre-Channel-SANs bereits jetzt bei unkritischen Anwendungen und Applikationen, die keine expliziten Anforderungen an maximale Performance und Ausfallsicherheit stellen, ab. Unterschiedliche Hersteller von Speichersystemen legen ihren Fokus immer mehr auf den Ausbau und die Weiterentwicklung von iSCSI-Systemen, beispielsweise der Software-Hersteller Open-E feilt derzeit an einer iSCSI-Failover-Cluster-Lösung, mit der auch ausfallsichere, und hochverfügbare iSCSI-SANs implementiert werden können. Allgemein kann man sagen, dass sich iSCSI auf Grund der geringen Kosten und der relativ einfachen Administration sehr gut als Speichernetz-Standard eignet.
Kritiker bemängeln, dass die Einführung des 10-Gbit-Standard viel zu lange braucht. Was sind die Ursachen dafür? Wann kann man auf breiter Basis mit lauffähigen Produkten rechnen?
Rühl: Aus meiner Erfahrung sind es zum einen die Hersteller von 10-Gbit-Netzwerkkarten, die mit der Entwicklung von lauffähigen, stabilen und kompatiblen Chips zu lange gebraucht haben. Außerdem wurde und wird immer noch keine ausreichende Werbung für diese Technologie gemacht. Daher sind die Anwender noch recht vorsichtig beim Einsatz von zehn Gbit und nicht 100-prozentig von einer Umrüstung der Netzwerkinfrastruktur überzeugt. Auch der Kostenfaktor dürfte da eine wesentliche Rolle spielen, da sich die Preise für HBAs und Switches nicht wesentlich von Fibre-Channel-Komponenten unterscheiden, dürfte die Mehrheit noch auf Fibre-Channel setzen. Bis Ende des Jahres sollte aber auch die 10-Gbit-Technologie mehr Anklang finden.
Derzeit sieht es so aus, dass 8-Gbit-Fibre-Channel in etwa zeitgleich mit dem 10-Gbit-Standard kommen könnte. Verliert 10 Gbit dadurch bereits seinen Vorteil? Wie sehen Sie hier die Entwicklung?
Rühl: Es ist schwer hier eine Prognose zu machen. Einer der großen Vorteile von iSCSI war bisher der Preisvorteil gegenüber Fibre-Channel. Es wird abzuwarten zu sein, wie sich die Preise von 8-Gbit-FC zu 10-Gbit-Netzwerk entwickeln. Ein weiterer Punkt wird sicherlich die Performance der beiden Neuentwicklungen sein, aber auch hierzu gibt es derzeit nur wenige Aussagen bzw. aussagekräftige Messungen und Tests. Allerdings dürfte die einfachere Konfiguration und die weite Verbreitung des TCP/IP-LANs (iSCSI-SANs) weiterhin als Vorteil für den 10-Gbit-Standard stehen.
Welche konkreten Vor- und Nachteile bietet iSCSI?
Rühl: Basierend auf der 1-Gbit-Architektur bietet iSCSI den Vorteil, dass die Hardware-Komponenten um einiges kostengünstiger sind als Fibre-Channel- Komponenten, einfacher zu administrieren und auch weiter verbreitet. Daher ist ein Aufbau eines iSCIS-SANs für viele IT-Fachkräfte eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, SANs zu implementieren.
Als Nachteil von iSCSI sind die eingeschränkte Performance und die Fehleranfälligkeit zu sehen. Daher ist iSCSI nicht für alle Einsatzzwecke das richtige Werkzeug. Für viele Anwendungen wie hochperformante Datenbanken mit extrem vielen I/Os, Disaster-Recovery-Szenarien oder auch großen Virtualisierungsumgebungen ist iSCSI bisher nicht ausreichend. Das könnte sich allerdings mit der Verbreitung des 10-Gbit-Standards schnell ändern, aber das bleibt abzuwarten.
Was sollten Unternehmen bei der Planung eines iSCSI-basierten Speichernetzes beachten? Welches sind typische Kaufkriterien bzw. die häufigsten Fehler bei der Anschaffung?
Rühl: Das Wissen über die genauen Einsatzszenarien und Anwendungsfälle ist bei der Planung von iSCSI-SANs das wichtigste Kriterium. Daher sollten die IT-Verantwortlichen in den Unternehmen immer eine sehr detaillierte Rücksprache mit den Storage-Spezialisten der Speichersystemhersteller halten und in engem Kontakt stehen, um spätere Fehler oder Unklarheiten zu beseitigen.
Wie schon erwähnt, gilt bei iSCSI der Kostenfaktor als einer der wesentlichen Kaufkriterien. Man sollte sich aber nicht vom Preis beeinflussen lassen, da iSCSI nicht für alle Einsatzzwecke die richtige Lösung ist. Stattdessen sollte man sich immer genau darüber im Klaren sein, was iSCSI kann, und wo seine Grenzen liegen.
Mit welcher Entwicklung können Anwender und Unternehmen rechnen. Wie sehen Sie die Zukunftsprognosen für iSCSI in den kommenden zwei bis drei Jahren?
Rühl: iSCSI wird sich immer mehr zu einer echten Alternative zu Fibre-Channel entwickeln. Mit der Verbreitung von zehn Gbit dürfte iSCSI auch in hochperformanten und sicherheitskritischen Umgebungen Einzug finden.
Es dürfte in Zukunft auch immer mehr Case-Studies und Anwenderberichte geben, die ihre Erfahrungen mit iSCSI der breiten Masse mitteilen. Das dürfte der Verbreitung von iSCSI auch einen Schub geben. Auch im Zuge der Virtualisierung, die derzeit und auch in naher Zukunft ein großes Thema darstellen wird, kann mit einem Aufschwung im iSCSI-Bereich zu rechnen sein. Abschließend bleibt zu sagen, dass sich iSCSI in den letzten Jahren von einer Randerscheinung zu einem durchaus hochwertigen und interessanten Speicherstandard entwickelt hat, und sich diese Entwicklung mit großer Wahrscheinlichkeit fortsetzen und etablieren wird.