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Haltbarkeit von Magnetbändern

Mit kritischen Geschäftsdaten beschriebene Magnetbänder sind schnell ein Vermögen wert. Daher gilt es, sie so gut es geht zu schützen. Fehler bei Handhabung bzw. Bedienung sind ein häufig unterschätzter Risikofaktor, der wesentlichen Einfluss auf die Sicherheit und Haltbarkeit der Daten hat.

von Siegfried Dannehl

Die Grundkonstruktion eines Magnetbandes ist ziemlich einfach. Magnetbänder sind Speichermedien für digitale Informationen, die aus einer schmalen flexiblen Folie mit magnetischer Beschichtung bestehen. Der Schreibkopf empfängt ein elektrisches Signal und zeichnet die gesendeten Daten als magnetisches Muster auf das Tape auf. Wenn ein beschriebenes Band den Lesekopf passiert, wird umgekehrt ein elektrisches Signal generiert, aus dem die gespeicherten Daten abgerufen werden. Die Magnetbeschichtung des Mediums besteht aus 40 bis 50 Prozent Magnetpartikeln, einem Polymer-Bindemittel und kleinen Mengen an Vernetzungs-, Lösungs- und Gleitmitteln. Maßgeblich beim Aufbau ist die gleichmäßig feine Verteilung der Partikel, die Glätte der Oberfläche, die Haltbarkeit des Bandes selbst und dessen Resistenz gegenüber Umwelteinflüssen. Bei hoch entwickelten Bändern sind die Beschichtungen dünner, was eine höhere lineare Dichte (Bits pro Zoll) möglich macht. Das wiederum erfordert neue, hoch entwickelte Beschichtungen und Beschichtungstechniken.

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Datendichte auf Rekordniveau

 Zum Vergrößern anklicken!  Bild: Sony
Der Fortschritt von Eisen- über Chromoxide bis zur Metall-Partikel-Technologie (MP) ermöglichte eine stetige Steigerung der Speicherkapazitäten bis zu gegenwärtig 200 GByte pro Band. Die heutigen MP-Medien weisen eine leitfähige Beschichtung der Rückseite auf, die statische Elektrizität von der nicht-leitenden Frontbeschichtung ableitet. Neben der Minimierung von statischer Ladung sorgt die Rückseitenbeschichtung für eine Art Polstereffekt, der Schäden durch in die Bandlagen eingewickelte Schmutzpartikel verhindert. Darüber hinaus sorgt die Rückseitenbeschichtung dafür, dass die Bandlagen nicht verrutschen, und begünstigt eine gleichmäßige Bandwicklung.

Schließlich wurden die konventionellen Beschichtungstechniken durch eine Doppellagenbeschichtung ersetzt, wobei mehrere dünnere Beschichtungslagen aufgetragen werden. Durch das Aufbringen einer magnetischen Schicht über einer nicht magnetischen Zwischenschicht werden glatte, dauerhafte Beschichtungen mit sehr kleinen magnetischen Dichten erzielt.

Den Weltrekord in punkto Datendichte halten Forscher des IBM Almaden-Entwicklungszentrums in San Jose, Kalifornien, die gemeinsam mit der japanischen Fuji Photo Film ein Testband entwickelt haben. Das auf einer Barium-Ferrit-Verbindung basierende »NANOCUBIC« erlaubt eine Datendichte von 6,67 Milliarden Bits pro Inch2 (ca. 6,4516 cm2). Wenn diese neue Technologie am Markt verfügbar sein wird – denkbar in ungefähr fünf Jahren – könnte eine Bandkassette in der Größe Industriestandard LTO (»Linear Tape-Open«) bis zu acht TByte an unkomprimierten Daten aufnehmen. Dies entspricht ungefähr dem Zwanzigfachen der Kapazität heutiger LTO-Kassetten der dritten Generation.

Testumgebungen emulieren den Praxisbetrieb

In dem Maße, wie die Volumendichte von Datenspeichern zugenommen hat, wurden auch die Anforderungen an die physikalischen Eigenschaften des Trägermaterials höher. Dazu gehören eine höhere Zugfestigkeit und Bruchstabilität, um dünnere Bänder zu ermöglichen, eine verbesserte Formbeständigkeit zur höheren Resistenz gegen Temperatureinflüsse, Feuchtigkeit, Alterung und andere Belastungen, verbesserte Schneidfähigkeit für saubere und gleichmäßige Kanten und schließlich ein gutes Kosten-Leistungs-Verhältnis.

Präzision bei der Produktion ist von entscheidender Bedeutung, da bei neueren Bandformaten die Daten- und Servospuren immer näher an die Kanten des Bandes rücken. Halbzoll-Magnetbänder haben mittlerweile etwa 500 Datenspuren pro Zoll bei einem Abstand von nur etwa einem 23-Tausendstel Millimeter zwischen den einzelnen Spuren. Somit kann jede unpräzise geschnittene Kante zur Folge haben, dass Ablagerungen von der Kante auf die Daten- oder Servospuren gelangen, was zu Signalfehlern führen kann. Für ein optimales Zusammenspiel von Laufwerkskopf und Band und eine bessere Bandführung muss das Band darüber hinaus extrem eben und frei von Deformationen sein.

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Da Magnetbänder überwiegend für die Archivierung essenzieller Datenbestände genutzt werden, muss jeder Schritt des Prozesses genau überwacht werden und unterliegt strengen Prüfkriterien. Patentierte Testverfahren, wie sie beispielsweise beim Medienspezialisten Imation zum Einsatz kommen, prüfen die Funktionalität von Cartridges vollständig durch. Darin enthalten sind Tests zur Funktionalität unter unterschiedlichen Umgebungsbedingungen. Die Medien durchlaufen verschiedene Teststufen und werden über die übliche Nutzung hinaus belastet. Dazu gehört beispielsweise der Einsatz in »marginalisierten« Laufwerken, die außerhalb der von ihren Herstellern empfohlenen Parametern betrieben werden, und Funktionalitätsprüfungen bei Cartridges, die über längere Zeiträume hohen Temperaturen ausgesetzt waren. Die unter diesen extremen Testbedingungen gewonnenen Informationen helfen, die Robustheit von Cartridges und Bändern weiter zu steigern und so ihren Einsatz unter unterschiedlichen Bedingungen zu gewährleisten. Anhand dieser Testergebnisse kalkulieren Medienhersteller wie Imation die Haltbarkeit von Magnetbändern für Netzwerkumgebungen und Rechenzentren.

Spezifikation mit bedingter Aussagekraft

Dass es sich bei der angegebenen Lebensdauer von Magnetbändern nicht nur um vage sondern auch sehr theoretische Angaben handelt, zeigen von Hewlett-Packard durchgeführte Praxistests. Als eines der entscheidenden Kriterien für die Lebensdauer eines Magnetbandes und damit der Datenhaltbarkeit im täglichen Betrieb erweist sich dabei der Banddurchlauf.

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Der Begriff Banddurchlauf definiert einen beliebigen Punkt eines Bandes, der entweder vorwärts oder rückwärts über den Lese/Schreibkopf geführt wird. Der Kopf ist der einzige Kontaktpunkt im Bandweg für die Aufnahmeseite des Mediums. Oft wird irrtümlich angenommen, dass eine vollständige Sicherung einem einzigen Durchlauf gleichzusetzen ist und dass jedes Band eine Million Sicherungen überstehen sollte. Jeder vollständige Durchlauf des Mediums (das Schreiben oder Lesen von Daten von einem zum anderen Ende über sämtliche parallelen Spuren des Mediums) erfordert mehrere Durchläufe über den Schreib/Lesekopf. Für die Haltbarkeit der Magnetbandkassetten ist auch von großer Bedeutung, wie oft sie geladen und entladen werden.

In Dauertests bewiesen HP »StorageWorks Ultrium 230 LTO«-Tapes ihre Standfestigkeit während einer Million Banddurchläufen und 20.000 Lade/Entladezyklen. Diese Angaben sind als Qualitätsnachweis im Produktdatenblatt spezifiziert. Daraus allerdings abzuleiten, dass das Band, das 48 Banddurchläufe je vollständiger Sicherung benötigt (348 Spuren, 8 Kanäle), dem Anwender 20.833 vollständige Sicherungen ermöglicht, ist genauso falsch wie die Kalkulation, dass das Band bei täglich einmaligen Laden und Entladen 54 Jahre einsetzbar ist.

Anwendung bestimmt die Belastung

Die diversen Anwendungen – Hierarchisches Speichermanagement (HSM), Virtual-Tape, Nearline- und Primary-Storage oder als Zwischenspeicher – nutzen die Bandmedien unterschiedlich intensiv und häufig. Software-Applikationen, die nur einen Bereich des Mediums belasten, oder häufiges Laden und Entladen können die Abnutzung des Tapes beschleunigen. Wird ein Band für die Sicherung eingesetzt, kommen einige zusätzliche Belastungen und Abnutzungen ins Spiel:

Laden, Vor- und Zurückspulen, Entladen
Neupositionierung des Bandes während die Fehlerkorrekturfunktion des Laufwerks die Schreibgenauigkeit prüft und gegebenenfalls das Band zurückspult und erneut beschreibt
Interaktion zwischen Medium und Laufwerkskopf, um die Position der Magnetpartikel zu ändern und Daten zu speichern.

All diese aktiven Ereignisse belasten das Band wesentlich mehr als nur ein einfacher Banddurchlauf in beide Richtungen. Der andere wichtige Faktor, der sich auf die Lebensdauer des Mediums und auf die Bandleistung auswirken kann, besteht in der Abnutzung der Bandkante. In einer typischen Backup-Umgebung kann durch eine abgenutzte Bandkante eine hohe Fehlerrate entstehen, lange bevor das Band als solches sein Lebensende erreicht hat. Eine zu hohe Fehlerrate kann zu verlangsamten Datenübertragungen, verringerter Kassettenkapazität und letztendlich zu einem Fehlschlagen von Sicherungs- und Wiederherstellungsvorgängen führen.

Haltbarkeitswerte nicht ausreizen

Basierend auf den extensiven Laufwerk- und Medientests bei HP haben Forscher festgestellt, dass bei Ultrium-Bändern von HP die Fehlerrate für Lese- und Schreibvorgänge für bis zu 262 vollständige Backups akzeptabel ist, ohne Auswirkungen auf die Leistung oder Zuverlässigkeit der Sicherung. Dies ist offensichtlich nur ein Bruchteil der zuvor beschriebenen 20.833 theoretischen Sicherungsvorgänge, entspricht jedoch realistischen Bedingungen. Im Vergleich zu anderen Bandtechnologien, so ermittelten die Techniker, stellen 262 vollständige Backups sogar einen Spitzenwert dar.

 Zum Vergrößern anklicken!  Quelle: HP
IT-Manager entfernen Bandmedien üblicherweise aus der Tape-Library und lagern sie außerhalb des Standorts. Sie werden im Rotationsverfahren durch das Archiv gereicht und unter Umständen Wochen oder Monate nach ihrer erstmaligen Verwendung wieder verwendet. Auch die Archivlagerung wirkt sich auf die Medienhaltbarkeit aus. Um in punkto Datenintegrität immer auf der sicheren Seite zu sein, sollten Anwender deshalb alte Kassetten noch vor dem theoretischen Ablaufdatum ausrangieren, weil dies eine deutlich effektivere und effizientere Art der Datenverwaltung darstellt. Der Versuch herauszufinden, welches der Bänder bereits wie viel Mal für welche Art von Datensicherungen verwendet wurde, ist in der Praxis wohl nicht so einfach.

Sauberkeit erhöht Sicherheit

Die regelmäßige Reinigung von Bandlaufwerken wird häufig vernachlässigt. Doch auch noch so winzige Schmutzpartikel können das Lesen und Beschreiben beeinträchtigen. Nicht von ungefähr befinden sich große Rechenzentren in klimatisierten oder sogar in Reinluft-Räumen (Reinräumen). Auch wenn die verschiedenen Magnetbandtechnologien Unterschiede in der Positionierung des Kopfes zum Magnetband aufweisen, ist der Abstand zwischen Kopf und Band generell sehr gering. In den meisten Fällen beträgt er weniger als 0,001 Millimeter.

 Zum Vergrößern anklicken!  Quelle: Imation
Bereits ein Rauchpartikel aus einer Zigarette ist mit etwa 0,0003 mm so groß, dass sich der Laufwerkskopf weiter vom Tape entfernt. Eine Baumwollfaser (circa 0,006 mm) auf der Bandoberfläche erscheint dann schon als »Felsgestein«. Jedes Mal wenn ein solches Hindernis den Lese-/Schreibkopf dazu zwingt, den Abstand zum Band zu vergrößern, ist ein Signalverlust festzustellen. Im Laufe der Zeit können sich Verschmutzungen der Bandoberfläche am Laufwerkskopf ansammeln, was wiederum das Lesen und Beschreiben und damit die Datensicherheit beeinträchtigt. Eine regelmäßige Reinigung mittels spezieller Reinigungs-Kassetten entfernt die Ablagerungen von den Laufwerksköpfen.

Auch wenn viele Magnetbandmedien für 30 Jahre Archivlagerung in den dafür vorgesehenen Bibliothekshüllen zertifiziert sind, können Umweltfaktoren erheblichen Einfluss auf die Medienstabilität ausüben. Alle Bandmedien sollten immer innerhalb der vom Hersteller zur Archivierung empfohlenen Bedingungen gelagert werden: Cartridges sollten in ihrer endgültigen Lagerbox vertikal platziert werden, so dass die Spulachse horizontal ausgerichtet ist. Temperaturen unter -5oC und über +30oC sind unbedingt zu vermeiden. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte zwischen 40 und 60 Prozent betragen. Keine Gedanken muss sich der Anwender bezüglich der Bandspannung machen. Untersuchungen des Medienspezialisten Imation kamen zu dem Ergebnis, dass ein regelmäßiges Wiederherstellen der ursprünglichen Bandspannung nicht notwendig ist und den kontinuierlichen Spannungsverlust der Bänder sogar beschleunigen kann.

Investitionen sichern und Ausfallzeiten minimieren

Wer sich mit derlei Detailwissen nicht belasten möchte, kann die Lagerung von Backup- und Archivmedien auch Experten überlassen. Spezialisierte Dienstleister wie Iron Mountain bieten so genannte Data-Lifecycle-Management-Services. Das Spektrum reicht vom Abholservice über die Einlagerung der Medien in klimatisierten, zugangsgeschützten Bunkern und die regelmäßige Kontrolle und Migration der Datenbestände bis zur Datenrettung im Fall eines drohenden Datenverlustes.

Auch der Medienspezialist Imation bietet Kunden vielfältige Dienstleistungen. Anwender-Workshops, in denen IT-Nutzer die richtige Handhabung von Speichermedien erlernen, zählen ebenso dazu wie so genannte »on site«-Services, wo Experten vor Ort im Rahmen einer Standortanalyse mögliche Ursachen für erhöhte Fehlerquoten ermitteln. Abgerundet wird das Service-Angebot mit Leistungen wie Datenwiederherstellung, Datenkonvertierung, Analyse von Oberflächendefekten und Partikelablagerungen, Partikelanalyse und Fehlerberichte sowie letztendlich der Entmagnetisierung und Entsorgung von Medien.

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