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Ein RAID ersetzt kein Backup

Leserfrage: Ich hatte mir vor zirka vier Jahren ein Synology 216 play mit jeweils zwei absolut gleichen Seagate-Festplatten mit je 8 TByte-zugelegt und diese zur Datensicherung gespiegelt. Das System lief auch bis jetzt ohne die geringsten Probleme einwandfrei.

Vor 1 Woche ist jetzt eine Fehlermeldung aufgetaucht, dass das Laufwerk 1 defekt sei. Die Daten waren aber vom Windows-Explorer alle noch lesbar. Ich habe daraufhin ein paar wichtige Daten auf eine interne Festplatte im PC gesichert und habe gleichzeitig eine neue 8-TByte-Festplatte über ein Elektronik-Geschäft bestellt. Es handelt sich diesmal um eine NAS-HDD von Toshiba mit wiederum 8 TByte.

Die 1. defekte Platte habe ich dann ausgebaut und durch die neue NAS-Toshiba ersetzt und nach Anleitung des Synology-Assistenten angefangen das RAID-1-System zu reparieren. Nach rund 2,5 bis 3 Stunden kam dann urplötzlich während des Reparatur-Vorganges die nächste Fehlermeldung, dass nun beide eingebauten Festplatten defekt sind und ich eine Sicherung der Daten vornehmen soll, bevor ich jetzt auch die 2. Platte ausbauen und durch eine weitere neue ersetzen soll. Kann es sein, dass nach vier Jahren alle beide Platten jetzt gleichzeitig defekt sein können? Das wäre allerdings der Supergau. Gerade deshalb hatte ich mir ja ein solches System zugelegt, um meine Daten mit bis zu 99 Prozent Sicherheit nicht zu verlieren.

Ich nehme an, dass während des Lesevorgangs von Platte 2 auf die neue Toshiba-HDD nun auch die 2. alte Platte ihren Betrieb eingestellt hat. Ich komme jetzt auch nicht mehr vom Windows-Explorer oder im Synology-Assistenten an meine Daten heran. Das würde schlimmstenfalls bedeuten, dass ich beide mit zirka 6,6 TByte beschriebenen älteren Platten abschreiben müsste und damit alles darauf befindlichen Bilder, Videos und eigene Dateien verloren sind! Oder könnte ich evtl. noch über einen PC mit Linux-Betriebssystem die Platte auslesen?

Vielen Dank für einen evtl. möglichen Rat Ihrerseits!!!

Antwort Doc Storage:

Da das System als RAID 1 konfiguriert war konnte der Nutzer die Daten bei Ausfall eines Laufwerkes natürlich noch auslesen. Dies wäre genau der Moment gewesen (oder hätte dieser sein sollen), in dem er zumindest seine wichtigen Daten hätte evakuieren müssen, was er ja auch für »ein paar« davon getan hat. Ein Rebuild eines RAIDs heißt nicht, dass der Rebuild auch klappen muss, aber wem sage ich das. Nicht, weil das Ziel nicht zu gebrauchen wäre, nein, sondern weil die ältere, noch im System vorhandene Platte ebenso das zeitliche segnen könnte (was ja genau hier passiert ist).

Im Gegensatz zu den »normalen« alltäglichen Operationen mit einem NAS-System, wo einmal hier ein Zylinder, einmal da ein Block weggeschrieben wird, also insgesamt keine hohen Änderungsraten vorliegen, werden die Platten während eines Rebuilds richtig gefordert. Ständig am Limit zu laufen, ob nun lesend (also die alte HDD) oder schreibend (die neue), das kann schon einmal zu einem Fehler in der Mechanik führen.

Ich will nicht klugscheißen, aber was hat ein Kollege neulich so schön gesagt: »Kein Backup, kein Mitleid!« Und um nochmal klug zu scheißen: Ein RAID ist der Schutz der operativen Umgebung vor Ausfall während der Nutzungszeit und soll lediglich die Verfügbarkeit des Systems und der darauf gespeicherten Daten sicherstellen. Ein RAID ist kein Backup. Dieses wäre vorhanden, wenn die »wichtigsten Daten« regelmäßig auf einen anderen, separat zu lagernden und sowohl mechanisch als auch logisch zuverlässigen anderen Datenträgertyp ausgelagert würden. Oder man fertigt eine Replik auf einen gleichen Systemtyp an. Das heißt, man beschafft ein zweites RAID derselben Auslegung und kopiert regelmäßig die erfolgten Änderungen auf das zweite System.

Ist das beides nicht vorhanden, läuft man unter Garantie in die so schön klingende »99 Prozent-Falle« hinein. Das bedeutet nämlich nichts anderes, als dass das System an dreieinhalb Tagen im Jahr nicht zur Verfügung steht. Und leider kann sich der Nutzer diese Tage nicht selbst aussuchen.

Also, selbst wenn ich mich wiederholen muss:

  1. NAS bestellen
  2. Mindestens zwei Ersatzplatten desselben Typs immer vorrätig haben.
  3. Regelmäßig ein Backup durchführen, und wenn es nur auf ein paar USB-Sticks ist. Eine Backup-Software für den Privatgebrauch kostet fast nichts.
  4. Wenn die Daten wirklich wichtig sind, zum Beispiel bei Selbständigen und Freiberuflern, kehre man zu 1. zurück und beschaffe ein zweites System und zwei weitere Platten.
  5. Täglich Repliken und Backups durchführen

Erst dann ist man gegen den 99-Prozent-Teufel tatsächlich einigermaßen gefeit.

Und nun zum Verlust der Dateien auf dem System: Auf keinen Fall sollte man selbst versuchen, die Daten wieder einzusammeln. Im schlimmsten Falle macht man damit mehr kaputt als ohnehin schon ist. Bei wichtigen, ich meine lebenswichtigen Daten (persönlich, wie geschäftlich) kann man sich an entsprechende Firmen wenden. Diese Datenretter sind darauf spezialisiert die Daten von verunfallten, gefluteten, verbrannten und sonst irgendwie zerstörten Datenträgern retten können. Natürlich kostet das einen Batzen Geld, allerdings bekommt man vorher einen Kostenvoranschlag nach dem man dann entscheiden kann, ob einem die Daten dann tatsächlich so wichtig sind.

Es tut mir leid, dass ich keine bessere Nachricht habe, aber so ist es leider…

Gruß
Doc Storage

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