Grundlagen: Das passende Mini-NAS finden
Nicht nur die Platten, sondern auch die CPU, das Betriebssystem und die verfügbaren Dienste bestimmen, wofür sich eine kompakte NAS-Appliance einsetzen lässt. Vor allem im Business-Umfeld darf ein günstiger Preis nicht das Kaufargument sein.
Von Max Lessel
Es gibt sie in Würfeln, als kleine Türmchen und als Flundern: Mini-NAS-Appliances. Manche nehmen zwei, andere fünf Platten auf. Das Aussehen variiert: Colani-Optik auf der einen, Ludolf auf der anderen Seite – für jeden ist etwas dabei.
Doch das Äußere darf nicht als alleiniges Argument für oder gegen die Anschaffung entscheiden. Wie auch anderswo kommt es in erster Linie auf die inneren Werte an: Funktion vor Design. Ein hässliches aber schnelles und zuverlässiges NAS kann man zur Not immer noch im Schrank verstecken.
Auf den ersten Blick mögen die vielen Geräte im Fachhandel mehr oder weniger austauschbar wirken. Immer wieder drängt sich der begründete Verdacht auf, dass eigentlich konkurrierende Modelle zweier Hersteller in Wirklichkeit aus ein und derselben chinesischen OEM-Manufaktur stammen. Doch selbst baugleiche Geräte weisen sehr unterschiedliche Funktionen auf.
NAS-Hardware im Visier
Bei einer regulären Midrange-Appliance auf Basis von x86-Server-Hardware steht die Leitung der CPU eigentlich nicht im Vordergrund; beim Mini-NAS dagegen schon. Das Business-NAS kann die RAID-Verwaltung an einen SAS/SATA-RAID-HBA mit eigenem Cache abtreten und den LAN-Zugriff von ToE-NIC (TCP/IP Offload-Engine, Network-Interface-Card) beschleunigen lassen. Beides steht dem Mini-NAS nicht zur Verfügung. Die CPU muss die Redundanz per Software-RAID errechnen und sich auch selber um den IP-Stack kümmern.
Bislang setzte die Mehrzahl der NAS-Hersteller auf flinke, günstige und stromsparende embedded CPUs mit »ARM«- oder »PowerPC«-Architektur, was bei ausreichender RAM-Ausstattung zumindest für die Basisfunktionen ausreicht. Doch genau hier knausern etliche NAS-Schmieden. Manche Geräte sollten gar mit nur 64 MByte RAM auskommen und dabei eine Arbeitsgruppe mit 25 Benutzern versorgen können – was in der Praxis natürlich nicht funktionieren kann.
Je mehr Personen mit einem Mini-NAS arbeiten sollen, desto größer muss der Zwischenspeicher des kleinen Fileservers ausfallen. Dank der RAID-Berechnung in der CPU und eher langsamen SATA-Kanälen muss ein Mini-NAS die Zugriffe zwischenspeichern können. Wie effizient der Cache ans Werk geht, hängt ab von der RAM-Größe, dem verwendeten Betriebs- und Dateisystem sowie den parallel laufenden Applikationen.
Aktuell zeichnet sich ein positiver Trend bei den NAS-Architekturen ab. Nahezu alle namhaften Hersteller stellen die Architektur ihrer Geräte von embedded RISC auf Intel »Atom« um. Das bringt gleich mehrere Vorteile: Das Chipset arbeitet mit Standard-Speicher-Controllern und setzt daher handelsübliche und günstige Notebook- oder PC-Speicherriegel ein. Viele neue Mini-NAS lassen daher auch RAM-Erweiterungen zu. Die Atom-Chipsätze integrieren zügige, AHCI-konforme SATA-Ports und schnelle Netzwerk-Schnittstellen. USB-Ports binden externe Geräte an.
Dank Standard-x86-Architektur kann der NAS-Anwender auf ein breiteres Angebot an binärkompatiblen Applikationen für das NAS zurückgreifen. Dazu gehören beispielsweise die Linux-Versionen der üblichen Backup-Clients. Auch der Betrieb von Windows wird damit auf Mini-NAS möglich.
Das richtige NAS-Betriebs- und Dateisystem
Nahezu alle Mini-NAS arbeiten heute mit einem angepassten Linux-Betriebssystem. Dabei streichen die Hersteller die Distribution auf die wesentlichen Netzwerkdienste zusammen und setzen ein Web-Interface für die Administration auf. Als Dateisystem kommt das Linux-eigene »ext3«, vereinzelt auch das professionelle »xfs« zum Einsatz. Die unter Linux verfügbaren Dateisysteme verwenden allen nicht anderweitig beschlagnahmten RAM-Speicher. Davon profitieren vor allem Schreibzugriffe. Der Haken an der Sache: Fordern andere Applikationen plötzlich RAM an oder läuft der Cache über, verschluckt sich das System gerne einmal. Das bedeutet einen oder mehrere kurze Aussetzer der laufenden Transfers und massive Geschwindigkeitseinbußen der laufenden Dienste. In so einem Fall bricht die Schreibleistung eines einzelnen Vorgangs gerne mal von 50 MByte/s schlagartig auf fünf MByte/s zusammen. Das ist kein Drama für reguläre Büroaufgaben. Lediglich Multimedia-Transfers bringt ein derartiger Aussetzer um. Bei solchen Szenarien hilft mehr RAM auf der einen und weniger aktive Dienste auf dem NAS auf der anderen Seite.
Dank Atom-Architektur können Anwender mittlerweile auch Mini-NAS mit Windows-Storage-Server erwerben. Der Vorteil: In homogene Netzwerke, welche ausschließlich Windows und ADS verwenden, gliedern sich Windows-NAS nahtlos ein und die Verwaltung erfolgt über bekannte Windows-Tools, das Distributed-File-System und das Directory. Ein Vertreter dieser Klasse ist unter anderem die »WS-QL TeraStation« von Buffalo mit einem integrierten »Windows Storage Server 2003 R2 Express Edition«.
Der Nachteil: Windows-Storage-Server brauchen gut doppelt so viel RAM-Speicher wie Linux-Systeme, arbeiten dabei aber nur mit 50 Prozent der Bandbreite. Die Kombination von Windows und NTFS-Dateisystem nebst mäßiger Cache-Architektur zieht SMB/CIFS-Übertragungen in den Keller. Unix-Protokolle wie NFS laufen auf Windows – wenn überhaupt – nur mit Problemen.
Viele Applikationen verderben das NAS
Wesentlich mehr Problempotenzial als das nackte OS selbst bergen jedoch die verfügbaren NAS-Dienste. Die NAS-Hersteller liefern sich aktuell einen wahren Wettstreit bei den mitgelieferten Funktionen. Sie integrieren UPNP-Media-Server, iTunes-Dienste, Foto-Datenbanken, Bit-Torrent-Downloader sowie komplette Web-Blogs. Was für den Heimanwender ein nettes Add-On ist, verdirbt dem Business-Anwender die Freude am NAS. Zusatzapplikationen verbrauchen in erster Linie Speicher- und CPU-Ressourcen und stellen massive Sicherheitsrisiken dar. Ein NAS-Verwalter braucht sich keine großen Gedanken über Zugriffsrechte zu machen, wenn sich die Web- und Multimediadienste freizügig über alle Zugangsbeschränkungen hinwegsetzen und den kompletten NAS-Inhalt allen Anwendern – inklusive Millionen von Internetnutzern – zur Verfügung stellen.
Hier ist äußerste Vorsicht geboten. Die Zusatzdienste müssen sich vollständig abschalten, besser sogar noch deinstallieren lassen. Die »DS«-Serie von Synology beispielsweise integriert diverse Home-Tools. Dank eines Paket-Managements »ipgk« lassen sich unerwünschte Dienste löschen. Allerdings tauchen diese nach einem Update der Firmware wieder auf.
Leider sinkt die Zahl der angebotenen Mini-NAS, welche auf Home-Schnickschnack verzichten und stattdessen Office-Funktionen wie integrierte Backup-Clients mitliefern. Auch hier legen die Büroanwender große Hoffnungen auf die kommende x86-Architektur in den Geräten. Diese erleichtert den Software-Herstellern, kommerzielle LAN-Clients und -Tools zu integrieren. Versierten Anwendern kommt entgegen, dass immer mehr Hersteller ihr NAS-Betriebssystem mit einem Paket-Management versehen und die Installation frei verfügbarer Dienste erlauben. Sehr wichtig ist bei allen auf Linux basierenden NAS-Appliances, dass sie ein zu Windows-Clients kompatibles Backup integrieren.
Das richtige NAS finden
Für das Home-Office und den Heimanwender mit zwei oder drei Clients braucht es vor allem ein leises NAS mit mäßiger Performance. Die ultrakompakten Appliances mit 2,5-Zoll-Platten wie Synologys »DS409slim« stechen dabei zuerst ins Auge. Doch fallen die Disks noch recht teuer aus und die Geräte setzen in der Regel eine sehr schwache CPU- und Speicherausstattung ein. Ein Zwei- oder Vier-Platten-NAS mit Atom-CPU und 256- bis 512-MByte-RAM sollte für dieses Einsatzgebiet ausreichen.
Office-Umgebungen mit einem Dutzend oder mehr gleichzeitig aktiven Clients müssen eine leistungsstärkere Maschine auswählen. Vier oder fünf Platten dürfen es schon sein. Der Anwender sollte dabei auch gleich eine baugleiche Reserveplatte mitbestellen und an einem sicheren Ort lagern. Eine Atom-Architektur mit RAM-Größen ab einem GByte sorgt für genug Performance. Ein oder zwei externe USB-Platten können einem solchen Office-NAS als Backup-Speicher dienen.
Je nach NAS gibt es vorinstallierte Near-CDP-Lösungen, um den Datenverlust durch Benutzerfehler zu vermeiden. Acer hatte diese Funktion im »Altos easyStore« gut integriert. Die FalconStor-Software »Disk-Safe-Express« sichert hier Systemlaufwerke und kann Snapshots der Backups als iSCSI-LUN bereitstellen. Allerdings basiert das bereits etwas ältere Easystor-NAS auf einer recht langsamen Intel-OEM-Hardware, die gerade mal zehn MByte/s (netto) schafft. Zeitgemäß wären 50 MByte/s und mehr.