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SSDs: Vorsicht vor Datenverlustrisiken

Den vielen Vorteilen von SSDs, stehen aus Datenrettungssicht einige Bedenken gegenüber. Der interne Aufbau und eine integrierte Verschlüsselung erschweren die Datenrettung beträchtlich. Erste Erfahrungswerte zeigen, dass Elektrik und Firmware häufig noch nicht ausgereift sind. Firmen sind sich dieser Risiken meist noch nicht bewusst.

Die Robustheit ist eines der Argumente, die für SSDs (Solid-State-Disks) sprechen. Statistiken aus den Datenrettungslaboren belegen aber, dass SSD-Speicher ähnlich oft ausfallen wie traditionelle Festplatten. In manchen Fällen liegen die Fehlerraten sogar höher als bei den mechanischen Vorfahren. Kroll Ontrack wird im Jahr mit rund 50.000 Datenrettungsfällen beauftragt. »Davon entfallen 6,4 Prozent auf SSDs«, erklärt Peter Böhret, Managing Director bei Kroll Ontrack. »Im Vergleich mit Festplatten ist dies ein relativ hoher Wert.« Wichtig für Unternehmen: Die Datenrettung ist bei SSDs ein durchaus schwieriges und komplexes Unterfangen.

Verschlüsselung ein Datenrettungsnachteil

Peter Böhret, Kroll Ontrack: »Eine integrierte Verschlüsselung behindert die Datenrettung.«
Dem sind sich im Übrigen nur wenige Firmen bewusst. Einer Kundenumfrage von Kroll Ontrack zufolge, sehen 48 Prozent keine Risiken im Einsatz von SSDs und 70 Prozent schätzen die Lebensdauer gleich zu Harddisk-Drives (HDDs) ein. »77 Prozent der Befragten gehen von einem gleich hohen Datenverlustrisiko aus«, sagt Böhret. »Dagegen sind sich gerade einmal 31 Prozent bewusst, dass proprietäre Verschlüsselungstechniken eine Datenrettung erschweren können.«

Kroll-Ontrack-Umfrage: Risiken beim Einsatz von SSDs
Kroll-Ontrack-Umfrage: Risiken beim Einsatz von SSDs
Beispielsweise sind SSDs mit »SandForce«-Chip mit einer integrierten Verschlüsselung ausgestattet. Dieser Schlüssel befindet sich aber beim Hersteller und dieser gibt ihn auch im Fall eines Datenverlustes nicht aus der Hand. »Eine Rettung der Daten wird dadurch wesentlich komplexer oder ist oft gar nicht möglich«, warnt Böhret. »Ein weiterer Risikofaktor ist die nur schwer absehbare Lebensdauer von SSD-Laufwerken. Halten gerade spezielle Business-Festplatten oft zehn Jahre und länger, hängt bei den komplett ohne mechanische Bauteile auskommenden SSDs die Lebensdauer hauptsächlich von der Anzahl der Schreib- und Lesevorgänge ab. Je häufiger auf den Flash-Speicher zugegriffen wird, desto eher wird er die ordnungsgemäße Funktion einstellen.«

SSDs nicht sicherer als Festplatten

»Da es noch an einheitlichen und standardisierte Konfigurationen fehlt, ist jeder Controller anders«, erklärt Böhret. »Jeder muss im Labor neu analysiert werden. Daher mussten wir für jedes SSD-Modell spezielle Soft- bzw. Hardware-Werkzeuge entwickeln.«

Zudem erschweren lebensverlängernde Maßnahmen der SSDs, wie dem »Wear Leveling«, den Datenrettern die Arbeit. Die Funktion sorgt für eine gleichmäßige Nutzung des Speichers über alle Sektoren. Das heißt, ein geänderter Datensatz wird nicht überschrieben, sondern an anderer Stelle neu abgespeichert. Bei der Datenrettung müssen nun eine Vielzahl von Daten-Block-Duplikaten überprüft und bewertet werden. Hinzukommt die RAID-0-ähnliche Konfiguration einer SSD. Die Daten sind auf acht, 16 oder 32 Einzel-Chips verteilt und erzeugen durch diesen Aufbau aus verschiedenen Memory-Chips eine unzusammenhängende Datenstruktur, die sich nur sehr schwer wieder zusammenfügen lässt.

Typische Datenverlust-Ursachen bei SSDs

Bild: Intel
Bild: Intel
Anwenderfehler und durch Umwelteinflüsse beschädigte Laufwerke gehören auch bei SSDs zum normalen Tagesgeschäft. Am steigen sind jedoch Datenverluste aufgrund fehlerhafter elektronischer Komponenten wie dem Flash-Controller, den NAND-Chips oder Defekten im Versorgungsspannungs-Regler. Auch gelöschte oder korrupte Firmware oder Mapping-Tables sind keine Seltenheit. Hier zieht Böhret ein nüchternes Fazit: »Die Festplatte hat eine 60-jährige Entwicklungszeit hinter sich. SSDs kommen dagegen von komplett anderen Herstellern und sind bei weitem noch nicht ausgereift.« Hier fehle es eindeutig noch an der Erfahrung und Masse der Festplattenindustrie. Während laut Gartner zwischen 2008 und 2012 über 2,4 Milliarden HDDs ausgeliefert wurden, sind es erst rund 90 Millionen SSDs.

Datenrettungsaspekte in den SSD-Kauf einbeziehen

SSDs sind deswegen nichts schlechtes. Die Technik entwickelt sich sehr schnell und dynamisch und ist die Lösung, wenn es darum geht die Leistungsfähigkeit von Rechner und auch Servern zu verbessern. »Unternehmen und Business-Anwender sollten jedoch die Datenrettung unbedingt in ihre Disaster-Recovery-Strategie mit einbeziehen«, konstatiert Kroll-Ontrack-Manager Böhret. Das heißt, sind die gespeicherten Daten so wichtig, dass im Schadensfall eine Datenrettung in Betracht gezogen wird, sollte dies in die Kaufentscheidung mit einfließen.

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