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Hyper-V R2 meldet sich in der Profiliga an

Mit dem Release 2 (R2) von Windows Server 2008 kommen eine ganze Reihe von Änderungen und Neuerungen auf die Systemverwalter zu. Viele davon betreffen auch den Bereich der Servervirtualisierung mit der Plattform Hyper-V. Dieser Überblick zeigt die wichtigsten Veränderungen und ihre Auswirkungen für den Einsatz des Servers.

Von Frank-Michael Schlede

Failover-Cluster-Manager von Windows Server 2008 R2: Bild: Microsoft
Failover-Cluster-Manager von Windows Server 2008 R2.
Bild: Microsoft
Die Servervirtualisierung gehört heute ohne Zweifel zu den Standardtechniken, die in allen größeren Rechenzentren der Welt zum Einsatz kommt. Betriebssystem-Gigant Microsoft ist insgesamt noch nicht so lange in diesem Marksegment aktiv, treibt die Entwicklung seiner Lösung Hyper-V aber stetig und zügig voran. Mit dem Erscheinen der zweiten Generation des »Windows Server 2008« haben die Entwickler aus Redmond ihre Virtualisierungsplattform, den »Hyper-V Release 2«, mit einer ganzen Reihe von Funktionen ausgestattet, die im Profibereich gefragt sind. Microsoft selbst benennt fünf Bereiche, in denen Erweiterungen und Verbesserung eingeführt wurden:

  • Die Verfügbarkeit für virtualisierte Rechenzentrum wurde erhöht.
  • Verwaltbarkeit und Management dieser Rechenzentren wurden verbessert und erweitert.
  • Erweiterter Hardwaresupport für die virtuellen Maschinen verbunden mit höherer Performance.
  • Ein besserer Durchsatz bei den virtuellen Netzwerken.
  • Vereinfachtes Deployment der physikalischen und virtuellen Systeme.

Wer diese mehr allgemein gehaltenen Aussagen etwas genauer auf neue Techniken der Software untersucht, wird dabei immer wieder auf einen Begriff stoßen: die »Live-Migration«. Durch dieses Feature, das von Virtualisierungslösungen etwa aus dem Haus VMware schon deutlich länger zur Verfügung gestellt wird, soll vor allen Dingen die Verfügbarkeit der Systeme und damit natürlich auch der Anwendungen deutlich erhöht werden.

Unter der ersten Version des Hyper-V stand nur eine »Quick Migration« zur Verfügung, die zwar ebenfalls ein Verschieben der virtuellen Maschinen ermöglichte, dabei aber auf jeden Fall eine Unterbrechung des Betriebs in der betreffenden virtuellen Maschine und somit der laufenden Applikation verursachte, was für eine professionelle Virtualisierungslösung nicht ausreicht.

Die virtuellen Maschinen wechseln den Server

Verwaltung der virtuellen Maschinen auf dem Windows Server. Bild: Microsoft
Verwaltung der virtuellen Maschinen auf dem Windows Server. Bild: Microsoft
Wer Live-Migration einsetzen will, muss auf dem Server, auf dem Hyper-V betrieben wird, zudem die Rolle des »Failover Cluster Managers« in der »Microsoft Management Console« (MMC) installieren und konfigurieren. Diese Failover-Cluster nannten sich in den früheren Versionen der Windows-Server einfach nur »Servercluster«. Der Hersteller definiert die Failover-Cluster als eine Gruppe unabhängiger Server, auf denen Windows Server 2008 ausgeführt wird. Sie sollen durch ihre Zusammenarbeit die Verfügbarkeit von Diensten und Anwendungen erhöhen: Fällt dabei einer der Rechner in einem Cluster aus oder tritt auf ihm ein Fehler auf, so werden die Ressourcen umgeleitet. Ein anderes System aus dem Cluster übernimmt die Aufgaben und Arbeit des ausgefallenen Servers.

Für die Cluster-Knoten benötigt dieses Feature gemeinsamen Speicher, so genannten »Shared Storage«. Dieser kann sich dabei auch auf einem ISCSI- oder Fiber-Channel-SAN befinden. Die virtuellen Maschinen werden in diesem gemeinsamen Bereich abgespeichert. Der Status der aktiven virtuellen Maschine wird dann von einem der Knoten verwaltet. Weiterhin ist die Steuerung dieses Features natürlich auch über den »System Center Virtual Machine Manager« (SCVMM) möglich.

Auf einem Windows Server 2008 R2 mit Hyper-V kann dabei zeitgleich immer nur eine Live-Migration von diesem Server weg oder zu ihm hin durchgeführt werden. Das bedeutet für die Systembetreuer, dass es mit Hilfe Technik nicht möglich ist, mehrere virtuelle Maschinen im laufenden Betrieb gleichzeitig von einem Host-System auf ein anderes System umzuziehen.

Cluster Shared Volumes erleichtern Live-Migration

In diesem Zusammenhang wird dann häufig eine weitere neue Technik des Windows Servers 2008 R2 mit der Live-Migration in Zusammenhang gebracht: die »Cluster Shared Volumes« (CSV). Entgegen einer häufig zu lesenden Behauptung gehört ihr Einsatz nicht zu den unbedingten Voraussetzungen für den Gebrauch der Live-Migration. Allerdings heben die Microsoft-Experten immer wieder hervor, dass die Verwendung von CSV in einer Hyper-V-Umgebung den Einsatz der Live-Migration doch »deutlich erleichtert«.

Grundsätzlich ermöglicht diese Technik, dass mehrere virtuelle Maschinen auf das gleiche Set von VHD-Dateien (»Virtual Hard Disks«) zugreifen können. Das ist möglich, weil die CSV-Technik einen konsistenten Namensraum zur Verfügung stellt: Alle Windows Server 2008 R2 sehen die gleichen LUNs (Logical Unit Numbers). Für den Systemverwalter wird es dadurch weitaus einfacher, eine Live-Migration zu konfigurieren: Er kann auf diese Weise jeder VM den Zugriff auf den CSV-Speicherbereich gewähren. Zudem wird der eigentliche »Umzug« der virtuellen Maschine ebenfalls beschleunigt: Da beide beteiligten virtuellen Maschinen auf die gleichen Dateien im Storage-Bereich zugreifen, muss nur der Inhalt des Hauptspeichers zwischen den beiden Host-Systemen übertragen werden. Kommt kein CSV zum Einsatz, so wird der Umzug der virtuellen Maschine grundsätzlich etwas länger dauern, weil in diesem Fall auch der Storage-Bereich von einem Host zum anderen migriert werden muss.

Mehr CPUs und bessere Unterstützung der vorhandenen Hardware

Vor allem im Bereich der unterstützten Prozessoren und der Verwendung der Hardware-Features der CPUs hat sich bei dieser Version des Hyper-V viel getan. So wurde die Anzahl der unterstützten logischen Prozessoren im so genannten Host-Prozessorpool auf 64 heraufgesetzt. Weitere Verbesserungen in diesem Bereich dienen vor allen Dingen dazu, mehr Durchsatz und Performance zu bieten, wodurch sich dann natürlich die Leistung der virtuellen Maschinen steigern lässt.

Eines der neuen Merkmale dabei ist die »Second-Level Address Translation« (SLAT). Dabei wird eine zweite Paging-Ebene unter den Paging-Seiten der x86/x64-Prozessoren »eingezogen«. So muss der Windows-Hypervisor verschiedene Bereiche mit Speicheradresse verwalten:

  • SPA    System Physical Address (der physikalische Hauptspeichers des Systems, auf dem der Hypervisor aktiv ist),
  • GPA   Guest Physical Address (der physikalische Hauptspeicherbereich des Gastsystems),
  • GVA   Guest Virtual Address (virtueller Speicherbereich des Gastsystems).

Das SLAT-Prinzip (Second Level Address Translation) Grafik: Microsoft
Das SLAT-Prinzip (Second Level Address Translation)
Grafik: Microsoft
Hardwaregestütztes SLAT kann die Verarbeitungsgeschwindigkeit dabei deutlich erhöhen und wird vom Hyper-V in der aktuellen Version unterstützt. Bei Intel-Prozessoren wird diese Technik als Extended Page Tables (EPT) bezeichnet, während sie bei den AMD-CPUs den Namen Nested Page Tables (NPT) bekommen hat.

Ebenfalls im Bereich der Prozessoren ist »Core-Parking« angesiedelt. Durch dieses »Parken« von CPU-Kernen, die beispielsweise auf Grund der Arbeitslast aktuell nicht benötigt werden, kann Hyper-V sicherstellen, dass die Verarbeitung mit der kleinstmöglichen Anzahl von CPU-Kernen abläuft und so auch möglichst wenig Strom verbraucht.

Bessere Verbindungen im Netzwerkbereich

Speziell in einer virtualisierten Systemumgebung stellt das Netzwerk einen entscheidenden Faktor für die Zuverlässigkeit und Performance der Installation dar. Deshalb wurden in dem in Windows Server 2008 R2 enthaltenen Hyper-V einige neue und überarbeitete Netzwerktechniken integriert.

Eine dieser Techniken wird als »VM-Chimney« oder auch als »TCP-Offload« bezeichnet. Durch ihren Einsatz kann die durch den Netzwerkverkehr in einer virtuellen Maschine entstehende Arbeitslast auf den physikalischen Netzwerkadapter (NIC) verschoben werden. Diese Technik existiert zwar schon länger, allerdings stand sie bisher nur für die Betriebssysteme zur Verfügung, die direkt auf dem Hostsystem laufen, und nicht für die Gastsysteme. Microsoft hat VM-Chimney bei Windows Server 2008 R2 standardmäßig deaktiviert. So möchte der Hersteller eventuelle Inkompatibilitäten der Hardware vermeiden. Kommt hingegen entsprechend kompatible Hardware zum Einsatz, wie sie aktuell beispielsweise von Intel angeboten wird, soll diese Technik die Belastung der Host-CPU durch den Netzwerkverkehr der virtuellen Systeme deutlich verringern können. Auch von der Live-Migration wird dieses Feature unterstützt.

Eine weitere Technik zur Reduzierung des Netzwerk-Overheads ist die so genannte »Virtual Machine Queue« (VMQ). Durch ihren Einsatz wird eine physikalische Netzwerkkarte in die Lage versetzt, eindeutige Netzwerk-Queues für jede virtuelle Maschine auf dem Host-System anzulegen. Dadurch können dann die Netzwerkpakete direkt vom Hypervisor an die virtuelle Maschine geleitet werden, was wiederum den Durchsatz erhöht.

Ebenso wie das »TCP-Offloading« wurde bereits mit der Einführung von Windows Server 2008 eine weitere Netzwerktechnik in das System integriert: die »Jumbo-Frames«. Mit dem Hyper-V in der R2-Version stehen diese großen Netzwerkpakete nun auch für die virtuellen Maschinen zur Verfügung. Hier wurde wiederum ein Arbeitsprinzip, das sich bereits in der Welt der »echten« physischen Netzwerke bewährt hat, auf die virtuellen Szenarien übertragen. Die Jumbo-Frames bieten somit Performanceverbesserungen, die sich unter anderem durch eine bis zu sechsmal größere Nutzlast pro Paket erreichen lassen. Durch den Einsatz dieser Technik verringert sich bei der Übertragung großer Datenmengen die Auslastung des Prozessors weiter.

Besser mit den VHD-Dateien arbeiten

Das VHD-Format (Virtual Hard Disk) hat sich zu einer Art Defacto-Standard entwickelt, wenn es darum geht, bereits vorkonfigurierte virtuelle Maschinen bereitzustellen oder VMs mit installierten Betriebssystemen und Anwendungen anzubieten. In diesem Bereich haben die Microsoft-Entwickler nun zwei Neuerungen in die aktuelle Version des Hyper-V integriert.

Bisher musste der Administrator eine virtuelle Maschine anhalten, wollte er eine VHD-Datei hinzufügen oder eine solche Datei entfernen. Nun sind diese Operationen ohne Neustart der VM möglich. Auch mit den »Pass-through«-Festplatten, die mit dem virtuellen SCSI-Controller verbunden sind, kann der Systemverwalter nun in der gleichen Art und Weise verfahren.

Die zweite Neuerung betrifft den Start einer vorkonfigurierten virtuellen Maschine: Mit der Version 2 des Hyper-V kann der Systembetreuer jetzt auch ein virtuelles Betriebssystem von einer VHD-Datei aus starten, die auf einer lokalen Festplatte gespeichert wurde. Gerade in Testszenarien ist das ein großer Vorteil, der zudem dazu beiträgt, dass die Administratoren weniger Images verwalten und betreuen müssen.

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