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Ist die Cloud der bessere Mainframe?

Leserfrage: Wenn man sich die IT anschaut, entwickelt sich diese vom Mainframe in den 80er über Client-Server nun zu Cloud-Computing. Bei allen Vorteilen, das klingt auch ein wenig nach Back-to-the Roots. Vorher war alles im Mainframe zentralisiert und nun wird die Client-Server-Struktur in eine Cloud zentralisiert. Wie sehen Sie das? Ist die Cloud der bessere Mainframe? Und wo geht es hin: Sehen wir in zehn Jahren eine Rückkehr der Clients und eine erneute Abkehr von der Zentralisierung?

Antwort Doc Storage:

Den Mainframe mit der Cloud zu vergleichen, das heißt noch nicht einmal Äpfel mit Birnen vergleichen. Beide Konzepte spielen nicht in derselben Liga – es handelt sich noch nicht einmal um denselben Sport. Der Mainframe, allen voran das IBM »System/360«, in Folge allerdings auch die Lösungen von Siemens, Unisys und anderen wurde nur und ausschließlich zur Bewältigung größter Transaktionsleistungen bei gleichzeitiger optimaler Verfügbarkeit, möglichst hoher Wartungsarmut und größtmöglicher Sicherheit konzipiert. Ihre Betriebssysteme wie zOS, BS-2000 oder System 2200 existieren zu keinem anderen als diesen genannten Zwecken.

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Auch heute noch gilt das ungeschriebene Gesetz, dass derjenige, der höchste Leistung mit dem geringsten Wartungsaufwand bei größtmöglicher Sicherheit betreiben möchte, gar keine andere Wahl hat, als zu einer dieser Lösungen zu greifen. Client-Server in den ausgehenden 80er und 90er Jahren des letzten Jahrtausends unterlag der Täuschung, dass, wenn man nur genügend viele billige Systeme koppelt, dieselbe Leistung bei wesentlich geringeren Kosten erreichen könne (Sun: »Das Netzwerk ist der Computer« – was ist nochmal aus Sun geworden...?). Allerdings waren und sind in diesem Bereich keine wirklich zu sichernden Betriebssysteme vorhanden, die erhältlichen wie Windows, Unix oder Linux sind seit dreißig Jahren nicht wirklich aus ihren Programmstarter-Kinderschuhen herausgewachsen. Daraus ergaben sich horrende Installations-, Wartungs- und Migrationskosten, ganz abgesehen vom Energie- und Klimaaufwand, den eine Serverfarm generiert.

Die Cloud und ihr unseliger Bruder, die Software-Defined-Schiene, gaukeln dem Nutzer vor, mit Systemen der Datendarstellung, eben Windows, Unix oder Linux, Datenverarbeitung betreiben zu können. Natürlich ist dies mit einem enormen Aufwand auf Hard- und Software- sowie Dienstleistungsseite durchaus nicht unmöglich, allerdings lässt dieser Irrweg außeracht, dass es seit fünfzig Jahren Systeme für Massendatenverarbeitung gibt. Alles, was heute im Software-Defined-Irgendwas-Bereich als brandneu angepriesen wird, ist seit Jahrzehnten in der richtigen EDV Standard. Nicht zu knackende Sicherheitseinrichtungen, seit Generationen kompatible Schnittstellen oder die Verwaltung logischer Laufwerke sind hier ebenso Kinderkram wie die Virtualisierung mehrerer Betriebssysteme auf einer Hardware – das war bereits Mitte der 70er Jahre kalter Kaffee.

Die Industrie muss natürlich immer neuen Bedarf für immer neue Produkte generieren, nur so sind Geschwurbel wie Cloud oder Software-Defined-Irgendwas zu erklären. All das, was dort als neu angepriesen wird, ist mit anderen Systemen bereits seit Informatiker-Generationen möglich. Ich habe weder eine Glaskugel noch bin ich ein geeignetes Medium, daher ist es schwer überhaupt zu sagen, was denn in zwei Jahren modisch sein wird.

Eines kann ich jedoch mit Gewissheit sagen: Mainframes sind laut »Analysten« schon seit zwanzig Jahren tot. Sie wird es allerdings in schierer Ermangelung besserer Konzepte für zuverlässige Massendatenverarbeitung auch noch in zehn Jahren geben. Ich sage sogar voraus, dass einige der Nutzer, die unter großem Jubel den Mainframe durch Serverfarmen abgelöst haben, aus schierer Verzweiflung zu diesem zurückkehren werden müssen. Für jede Arbeit das richtige Werkzeug! Client-Server und Cloud sind keine Werkzeuge, sondern lediglich Peripherie!

Gruß
Doc Storage

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