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Ist RTO nur noch ein Marketing-Gag?

Leserfrage: Ich staune immer wieder, wenn heutzutage die Anbieter von Backup- oder Datensicherungslösungen RTO-Werte (Recover Time Objective) angeben. In Zeiten von Virtualisierung und Cloud ist das doch eher Nebelstochern. Eine wichtige Applikation läuft doch heute nicht nur auf einer VM, sondern auf mehreren. Der Recovery mehrerer VMs lässt sich doch im Vorhinein nicht mehr kalkulieren. Sehe ich da was falsch, oder ist RTO nicht mittlerweile zu einem Marketing-Gag verkommen?

Antwort Doc Storage:

Auch auf die Gefahr hin, dass ich in dieser Woche von allen Herstellern entsprechender Software durch den Wolf gedreht werde: Sie sehen da gar nichts falsch, zumindest, wenn man den größten Teil der DV-Landschaft betrachtet. Dies beruht jedoch meistenteils nicht darauf, dass die Werte falsch oder die Anwendungen fehlerhaft laufen, sondern schlichtweg darauf, dass in den meisten Fällen niemand mehr die Zeit hat, nach der Installation und Anpassung der entsprechenden Software diese auch noch in einem Probelauf für alle Plattformen und alle dort laufenden Anwendungen zu testen.

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Ganz davon abgesehen, dass es die unterschiedlichsten Szenarien abzufangen gilt, zum Beispiel einen Stromausfall, Fehler an Soft- und Hardware oder nicht korrekte Daten. Im Ende handelt es sich hier also für jeden Anwendungsfall um eine mehrdimensionale Matrix, in der sich der RTO auf Basis der jeweils Beteiligten (Hardware-Umgebung, Betriebssystem, Anwendungen und Nutzdaten) zwar grob abschätzen, allerdings kaum ohne die entsprechenden Testläufe zuverlässig ermitteln lässt. Und ja, es muss mehrere Testläufe für jeden Fall geben, mindestens zu unterschiedlichen Lastzeiten in der Umgebung, also an Wochenenden, in Nächten und zu den üblichen Bürozeiten, da die Hardware und Netze (gehen wir mal begünstigend davon aus, dass »nur« an den Daten oder der Software etwas kaputt gegangen ist) durch die anderen Betriebssysteme und Anwendungen immer noch wie gehabt belastet werden.

Daher ist jeder, der ohne die Kenntnis der spezifischen Umgebung, der Hardware, der Netze, der Betriebssysteme und Anwendungen, der Zeittabellen von Druckaufträgen, Sicherungen oder anderen Sonderbelastungen im Umfeld des Anwenders eine auch nur grobe Schätzung der RTO abgibt, zumindest – sagen wir es einmal neutral – mutig.

Gruß
Doc Storage

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