Problemfall automatisches Tiering und Thin-Provisioning
Leserfrage: Fast alle Hersteller bieten neuerdings automatisches Speicher-Tiering an, auch durch Nutzung neuer Firmware für schon vorhandene Systeme. Nicht nur das Tiering selbst, sondern auch einige »Abfallprodukte« wie Thin-Provisioning machen den Einsatz neuer Software interessant. Wie aber kommt man von bereits vorhandenen logischen Laufwerken zum automatischen Tiering, und wie richtet man dies im Zusammenspiel mit Thin-Provisioning am günstigsten ein?
Antwort Doc Storage:
Hierzu könnte man einen ganzen Roman schreiben. Ich will aber versuchen, die wichtigsten Punkte kurz anzureißen. Zunächst einmal muss man Systeme unterscheiden, die automatisches Tiering auf LUN-Ebene oder auf »Sub-LUN«-Ebene betreiben. Der Wechsel von Standard-LUNs auf Tiering auf LUN-Ebene ist relativ unkompliziert, da vorher und nachher mit denselben logischen Einheiten gearbeitet wird. Meistens reicht es hier, eine neue Firmware in das Array einzuspielen und die dort vorhandenen Tiering-Funktionalitäten einzuschalten. Ist dies geschehen, wird das System die Laufwerke automatisch auf Basis der eingestellten Leistungsschwellwerte zwischen den Laufwerksklassen hin- und herbewegen.
Bietet das System zukünftig Sub-LUN-Tiering und nutzt es momentan Standard-LUNs, wird dem Betreiber nichts anderes übrig bleiben, als das Backend des Arrays komplett neu auszulegen. Entweder evakuiert er den Inhalt der Laufwerke auf andere Datenträger (Platten- oder Bandsysteme), richtet die LUNs als Inhalte der für Sub-LUN-Tiering notwendigen Pools neu ein und kopiert die Inhalte zurück. Oder er fügt entsprechende Kapazitäten hinzu, falls dies noch möglich sein sollte, richtet dort die Sub-LUN-Pools und die neuen logischen Laufwerke ein und kopiert die Daten dorthin.
Sollten Sie darüber hinaus Thin-Provisioning nutzen wollen, müssen Sie beachten, dass sich nicht alle Dateisysteme ohne zusätzliche Software bzw. Treiber für diese Betriebsart eignen. NTFS beispielsweise schreibt seine Dateieintragstabellen an das Ende und den Schluss des Laufwerks, wodurch ohne einschlägigen Treiber das gesamte Laufwerk belegt und Thin-Provisioning wirkungslos wird. Für Datenbanken werden häufig Laufwerke ohne Dateisystem, sogenannte Raw-Devices, genutzt. Bevor ein Betriebssystem diese jedoch beschreibt, testet es durch beschreiben und Auslesen jedes einzelnen Zylinders, ob dieser auch vorhanden und brauchbar ist. Da dadurch alle Teile der LUN beschrieben werden, ist Thin-Provisioning auch hier ohne zusätzliche Software wirkungslos.
Am günstigsten ist eine Kombination von möglichst granular aufgebauten Speicherpools (manche Hersteller starten hier bei Chunk-Größen unter einem MByte), kurzen Überprüfungszeiten und Dateisystemen, die entweder schon von Haus aus »Thin-Aware« sind oder über einen entsprechenden zusätzlichen Treiber verfügen.
Gruß
Doc Storage