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Speichermarkt 2022 – Versuch eines Ausblickes

Leserfrage: Doc Storage wagt einen Ausblick auf das Storage-Jahr 2022. Für ihn stehen aber nicht die üblichen Anbieterthemen im Fokus, sondern vielmehr strukturelle Entwicklungen in den Rechenzentren. Aus seiner Sicht ist es unumgänglichen künftig verstärkt auf Tape zu setzen, genauso wie die Rückkehr lokaler Speichersysteme. Auch in der Cloud sieht er Potenzial, aber nicht so, wie es die einschlägigen Marktauguren vorhersagen.

Kolumne Doc Storage:

Was ich nicht mehr in den Ausblick aufnehmen werde und warum: Die ständige Bedrohung durch Kriminelle und deren Angriffe auf Infrastruktur und Daten. Weil, wenn das jemand bisher nicht begriffen hat, es sowieso keinen Sinn hat. Es geht nicht darum, ob jemand einen solchen Angriff erleiden wird, sondern nur noch wann. Und vor allem, wie lange es dauert, einen solchen zu erkennen. Dann mal an die Arbeit.

Speichersysteme oder Speichernetzwerke. Warum? Weil jeder, wirklich jeder, der sie braucht, schon eine entsprechend leistungsfähige und vor allem sichere Lösung hat. Nun gut, es gibt immer noch Scharlatane, die Lösungen mit »100 Prozent Verfügbarkeit« anbieten, und es gibt immer noch Komiker, die sowas kaufen. Aber denen kann man wie oben schon gesagt auch nicht mehr helfen.

Die immer weiter zunehmende Ressourcen-Knappheit. Das kann man in den Nachrichten erfahren, dafür braucht es diesen Ausblick nicht.

Immer weniger Fachpersonal. Selbst schuld, könnte ich jetzt sagen, aber nicht den armen DVlern, sondern den Typen in den Personalabteilungen, die durch ihre Ausrichtung auf die »modernen« Berufe und eine zum Teil unwürdige Entlohnung die Knappheit in den Rechenzentren provoziert haben.

OPEX, CAPEX und alles drumrum. Hiermit hatten wir schon immer zu kämpfen. Das RZ sollte schon immer mehr mit weniger machen, ist also nichts neues, eher kalter Kaffee.

Wer was wieviel kaufen will. Hier scheiden sich meist Wunsch und Wirklichkeit in der DV-Abteilung. Den meisten wird ihr Budget im Laufe des Jahres sowieso wieder zusammengestrichen.

Künstliche Intelligenz drängt immer weiter in die Speichersysteme

Eigentlich hätte man KI schon in die Liste am Anfang des Textes aufnehmen müssen. Diese Technik wird alles sein, aber nicht neu. Allerdings werden sowohl künstliche Intelligenz (was immer das genau sein mag) und Datencrawler mit immer schnellerer Infrastruktur natürlich auch immer effizienter. Und damit ist nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch die Präzision gemeint. Künftig werden Speichersysteme in der Lage sein, neu geschriebene Daten innerhalb mehrerer Stunden, anstatt eines Tages oder gar einer Woche in die passende Speicherklasse zu legen. Um diese Vorgänge weiter zu beschleunigen, werden weiterführende Prozesse schon vor dem Schreibvorgang benötigt. Diese vor dem Schreibvorgang liegenden Prozesse führen dazu, dass IT-Abteilungen wieder vermehrt Band für Archive ihre einsetzen und nicht öffentliche Clouds.

Die Nutzung von künstlicher Intelligenz sollte aber auch die automatische Verwaltung von Speichersystemen voranbringen. Immer mehr Daten auf immer größeren Systemen erfordern eine immer bessere und effizientere Verwaltung. Einschlägige Untersuchungen sagen voraus, dass in zehn Jahren das 50-fache an Daten verwaltet werden will. Und dies auch noch vor dem Hintergrund immer weiter abnehmender Zahlen qualifizierter Arbeitskräfte – dieselben Untersuchungen schätzen für denselben Zeitraum nur mit einer Zunahme der Fachkräfte noch nicht einmal auf das doppelte. Somit kommen wir kaum umhin, den Apparaten immer mehr Standardhandlungen eingriffslos zu überlassen.

Künstliche Intelligenz und vor allem maschinelles Lernen wird in diesem Jahr auch Einzug ins Datenbank-Management und -Design halten. Somit lassen sich bisherige Einschränkungen außer Acht lassen und neue Entwürfe nutzen, die bisher ohne die Hilfe des maschinellen Kollegen nicht möglich gewesen wären. All dies wird eine wesentliche Verbesserung des bisherigen Berufsprofiles eines Datenbank-Administrators mit sich bringen. Das wird – später – dann so weit gehen, dass wesentlich besser optimierte Indizes und eine optimale Platzierung im Speichermanagement vollkommen ohne Eingriff des ohnehin schon gestressten Fachpersonals vorgenommen werden können.

Aber – auch in diesem Jahr wird der künstlichen Intelligenz noch nicht ihr Durchbruch gelingen.

Nachhaltigkeit wird die Nutzung von Band antreiben

Seit Beginn der Corona-Pandemie treibt die zunehmende Belegschaft im Home-Office die Auslastungen der Datenleitungen und RZ-Rechenleistung in immer neue Höhen. Dies erhöht den bereits sehr hohen CO2-Ausstoß von Rechenzentren noch einmal deutlich, genauso wie durch die immer weiter zunehmende Hysterie rund um sogenannte Krypto-Währungen. In diesem und den kommenden Jahren werden die Betreiber von Rechenzentren genötigt, wesentlich weniger CO2 auszustoßen als noch in den letzten Jahren. Ein erstes Ergebnis sehen wir darin, dass viele RZs vor allem in wirtschaftlich schwächeren Regionen inzwischen das »Schürfen« sogenannter Krypto-Währungen untersagt haben. Aber auch die Verwendung erneuerbaren Energien tritt weiter in den Vordergrund. Auch dieser Trend zur Nachhaltigkeit wird zu einer steigenden Nutzung von Band führen. Tape speichert Daten mit rund 90 Prozent geringeren CO2-Emissionen als beispielsweise auf rotierenden Platten oder Festspeichern.

Kalte Speicher werden wärmer

Die Budgets der DV-Abteilungen wachsen nicht erst seit gestern wesentlich langsamer als das Datenvolumen. Dies verlangt von den einschlägigen Abteilungen immer kreativere, vulgo preiswertere Lösungen bei der Speicherung. In der Folge werden die einst kalten Speicher zwangsweise immer wärmer. Unternehmen halten die Systeme meist im eigenen Rechenzentrum vor, da gewisse Sicherheitsparameter zu erfüllen sind. Vor allem für kälteren Speicher vorgesehene Algorithmen verbessern den Datenschutz für eine längerfristige Speicherung und senken dabei die Kosten im Vergleich zu bisherigen Lösungen deutlich.

Bereits im letzten Jahr haben wir Plattentechnologien gesehen, welche die Grenzen in Bezug auf Kapazität, Leistung und Zuverlässigkeit weiter nach oben verschoben haben. Wir können davon ausgehen, dass die rund 30 Prozent CAGR der gesamt generierten Daten in diesem Jahr stabil bleiben. Damit nimmt der Bedarf an langfristiger Aufbewahrung und dem Schutz wertvoller unstrukturierter Datenbestände weiter zu. Die generische Möglichkeit zur Nutzung der vorhandenen Ressourcen wird weiter zunehmen, vor allem die Methoden, alle Rechen-, Speicher- und Netzwerkressourcen gemeinsam auszulasten. Diese generischen Möglichkeiten lassen große und langfristig aktive Archive mit niedrigen Betriebskosten immer näher rücken.

Lokale Speichersysteme werden wieder wachsen

Auch dieser Trend ist nicht grundlegend neu. Mit zunehmender Größe der Daten – größer sowohl physisch als auch in ihrer Bedeutung – wird die Nutzung lokaler Speichersysteme wieder zunehmen. Die Gründe sind vielschichtig – Leistung, Kosten, rechtliche Aspekte und Sicherheit – und machen lokale Systeme wieder zu einem unverzichtbaren Teil der RZ-Infrastruktur. Lokaler Speicher können alle kritischen Anforderungen erfüllen, während kalte und warme Daten zunehmend in die Cloud wandern.

Getrieben von diesen Voraussetzungen werden wir im neuen Jahr immer weitere Neuerungen im On-Prem-Segment, aber auch solche am Edge sehen. Dies alles begleitet durch die immer weiter zunehmende Nutzung von 5G-Verbindungen, autonomem Verkehr und die natürlich die damit verbundenen Kosten. Es ist und wird unmöglich, alle dort und in anderen Hochleistungs-Bereichen anfallenden Daten in irgendeiner öffentlichen Cloud zu speichern.

Band wird zur neuen Konkurrenz für die Cloud

Das neue Jahr wird eine neue Speicherklasse sehen, die Band als Cloud oder gar als Objektspeicher einführt. S3 wird in der Nutzung so erweitert, dass sich Daten direkt auf Bänder archivieren lassen und den Datentransport über große Entfernungen ermöglichen. Die Kassetten werden nach dem Erstellen entfernt und offline als ultimativ letzte verfügbare Kopie vorgehalten. Dies macht die Cloud noch wesentlich wirtschaftlicher als eine ausschließlich mit Platten betriebene. Nutzer können Daten an zwei oder mehr Anbieter senden, oder aber als Teil einer Hybridlösung, bei der eine lokale Cloud-Speicherlösung zusammen mit Band als Cloud an einem anderen Ort genutzt wird.

Das zu erwartende außergewöhnlichen Datenwachstum wird in diesem Jahr – mal wieder – eine Abwägung zwischen den Kosten und der Geschwindigkeit der Speichersysteme fordern. Das C-Level und sein Hang zum Kostensparen schläft – leider – nie. Damit verändert die Cloud nach und nach die Art und Weise, wie Firmen ihre Daten speichern und verwenden. Die Frage lautet nicht mehr, ob nun Cloud oder nicht, sondern nur noch, welche Daten wann in die Cloud sollen und ob diese lokal oder auf beiden Seiten gespeichert sein sollen. Vor allem seit Ausbruch der Pandemie werden die Arbeitsabläufe komplexer, aber jeder erwartet die nahtlose Integration der Anwendungen, unabhängig vom Standort. Hier erfüllen aktive Archivlösungen die Anforderungen, vor allem eine preiswertere Speicherklasse zu verwenden, die dort gelagerten Daten verfügbar und durchsuchbar zu machen – und schließlich Cloud- und lokale Lösungen in einer für den Nutzer einheitlichen Plattform anzubieten.

Das Band wird nicht verschwinden, eher im Gegenteil

Jeder, der mit großen Mengen unstrukturierter Daten umzugehen hat wird bemerken, dass bandbasierte aktive Archive die einfachste und vor allem kostengünstigste Lösung im Vergleich zu einer Public-Cloud sind. Band-Bibliotheken lassen sich bei niedrigen Gesamtkosten betreiben, die sich vor allem durch die niedrigen Kosten der Kassetten und des unschlagbar niedrigen Energiebedarfs des Gesamtsystems ergeben. In der heutigen Zeit gewinnen zudem Fernzugriffe auf lokale aktive Archive an Bedeutung. Deshalb wird es auch in diesem Bereich immer mehr Lösungen mit Objektspeicher-Schnittstelle geben.

Zusammengefasst also: KI, Nachhaltigkeit und Band. Das sind meine Trends für 2022. Ach ja, und natürlich der ganze andere Standardmumpitz aus dem letzten Jahr, Cyberangriffe, Ressourcen- und Personalverknappung und – natürlich – immer mehr mit immer weniger Kosten erledigen. Bewahrheitet sich ja jedes Jahr… 😉

Gruß
Doc Storage

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