Adobe spaltet mit dem CC-Update die Anwenderschaft
Box-Versionen wird es künftig nicht mehr geben. Ab sofort sind CS-Programme nur noch per Download und als Abo-Modell via Cloud erhältlich.
Photoshop-Anwender sind wütend
Dies erzürnt vor allem die Photoshop-Gemeinde. Das Web ist voll von erbosten Anwendern, die ihrem Unmut freien Lauf lassen. Das Bildbearbeitungsmagazin DOCMA titelt in der aktuellen Ausgabe 53 in einem Bericht beispielsweise mit »Das große Murren«. In einer, wenn auch nicht repräsentativen, Facebook-Umfrage spricht sich die absolute Mehrheit gegen das Cloud-Modell aus. Stattdessen möchten die meisten weiter mit CS6, CS5.5 oder CS5 arbeiten. Eine Tendenz, die auch verschiedene andere Internet-Gruppen für Fotografen und Bildbearbeiter abbilden.
Der größte Unmut kommt aus der Ecke der Bildbearbeiter, die Photoshop (PS) vor allem als Hobby oder Semi-Professionel nutzen. Hier ist es bei den Anwendern gängige Praxis ein oder zwei Versionen zu überspringen. Diese sehen sich nun in einer Abo-Falle gefangen und müssten nun deutlich mehr Geld bezahlen. Die Vorteile der Cloud-Lösung kommen in dieser Zielgruppe nicht an. Viele nutzen keine weiteren Adobe-Programme und auf dem neuesten technischen Software-Stand zu sein ist bei Photoshop kein Argument. Wobei man den Anwendern hier gar nicht unterstellen darf, dass sie geizig wären. Alle die Photoshop intensiver nutzen, geben regelmäßig Geld für Zusatz-Software aus wie die »NIK«-Filter-Collection (jetzt Google), Brushes, Texturen oder investieren in Grafiktablets und hochwertige Fotoausrüstungen. Adobe hat davon freilich nichts.
Business-Anwender finden die Cloud gut
PS CC fehlen spektakuläre Neuerungen
Eventuell wäre die Kritik der Photoshopper gemäßigter ausgefallen, wenn die CC-Version mehr spektakuläre Neuerungen enthalten hätte. Hier schließt sich die speicherguide.de-Redaktion dem Digitalkünstler und Fotodesigner Peter »BrownzArt« Braunschmid an: »Kaufargument für CC, wenn man es nicht unbedingt brauch – nein!« Seinen ersten Eindruck schildert Braunschmid in diesem YouTube-Video, auf das wir an dieser Stelle gerne hinweisen. Hervorzuheben ist vor allem die verbesserte Objektiv-Korrektur und, dass »Camera Raw« nun auch innerhalb von Photoshop als Filter einsetzbar ist. Dies gelingt in älteren Versionen aber auch mit einem kostenlosen Script von PS-Guru Russell Brown.
CC: schneller, effizienter und präziser
Anwender von »Illustrator CC« kommen laut Matthias Schulze, Senior Sales Engineer bei Adobe, nun schneller, effizienter und präziser an ihr Ziel: »Mit dem neuen Touch-Type-Werkzeug lassen sich beispielsweise einzelne Buchstaben verändern und bearbeiten, es bleibt aber trotzdem ein Wort.« Vorher mussten diese umständlich in Pfade umgewandelt werden und waren dann nicht mehr als Text zu behandeln.
In »InDesign CC« wurde die Umwandlung in das ePub-Format verbessert und es lassen sich nun QR-Codes direkt aus dem Programm heraus erzeugen. Flexibles Layouten in unterschiedlichen Formaten kann die Software schon seit der Vorversion. Speziell hier spielt CC aber seinen Vorteil aus, da ständig neue PC-Tablets und Smartphones auf den Markt kommen, sind Layouter mit der Cloud relativ schnell auf dem neuesten Stand und müssen nicht warten bis ein neues Release das aktuellste Apple »iPad« oder Samsungs»Galaxy Tabs« unterstützen.
»Premiere Pro CC besitzt nun einen eigenen Media-Browser«, erklärt Michael Mörtel, Business Development Manager bei Adobe. »Offline Medien lassen sich jetzt bequem im Programm suchen und verbinden.« Dies spart dem Cutter mitunter einiges an Zeit und viele Mausklicks. Auch lassen sich die persönlichen Einstellungen via Cloud zwischen verschiedenen Arbeitsplätzen synchronisieren. Schneller sollen sich jetzt auch Clips aus mehreren Kameras erstellen lassen. Die Multicam-Funktion findet nun anhand der Wellenform die richtige Passung. Weiterhin nicht funktioniert das Öffnen von zwei Projekten gleichzeitig. »Aber man kann nun in andere Projekte hineinschauen«, sagt Mörtel, »und gewünschte Clips in den Projektbereich kopieren.«
Die Zukunft liegt in der Cloud
Im Moment scheinen die Fronten verhärtet. Adobe sagt: »So ist es und so bleibt es.« Die Kritiker sehen sich gegängelt und lassen ihrem Unmut im Web freien Lauf. Wir gehen davon aus, dass der Hersteller nicht wirklich mit so einem, auf Neudeutsch, »Shitstorm« gerechnet hat. Die CS6-Versionen bleiben erst mal als letzte Nicht-Cloud-Variante erhalten. Vermutlich wird sich CS6 ganz hervorragend verkaufen und wir könnten uns gut vorstellen, dass es in zwei, drei Jahren vielleicht doch noch ein Stand-Alone-Photoshop geben wird. Es fällt schwer, dass Adobe diese Zielgruppe wirklich komplett abschreibt. Sicherlich wird der Hersteller versuchen mit Preisaktionen die Leute in die Cloud zu treiben. Da es sich aber eigentlich um hochpreisige Produkte handelt, dürfte der Handlungsspielraum hier auch eingeschränkt sein.
Hersteller vs. Anwender: wer ist trotziger?
Allerdings darf man auch davon ausgehen, dass sich der Markt eventuell von selbst bereinigt. Mit »Gimp« gibt es bereits eine hervorragende Open-Source-Lösung. Diese ist zwar nicht ganz so mächtig und umfangreich wie Photoshop, hat aber eine große Fangemeinde und wer weiß wie weit es die Software in den nächsten Jahren bringt. Eventuell erleben wir auch ein Revival des einstigen Branchen-Krösus Corel. In den 90er Jahren galt »Corel Draw«, als das Grafikprogramm schlechthin. Irgendwann verlor das Unternehmen aber seine Basis aus den Augen und damit auch seine Marktdominanz. Ein weiteres warnendes Beispiel sollte für Adobe »QuarkXPress« sein. Vor allem für Mac-User war dies über Jahrzehnte die Standardanwendung in puncto Layout und Publishing. Dann kam Adobe...
Der Unterschied zu den genannten Negativ-Beispielen: Adobe ist sehr breit aufgestellt und nicht vom Erfolg eines Programms abhängig. Wobei es als eher unwahrscheinlich gilt, dass Adobe die Marktmacht von Photoshop kampflos aufgibt. Es wird interessant sein zu sehen, wer wen zum Umdenken bewegt. Wir vermuten, dass die Kundschaft hier am längeren Hebel sitzt.
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