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IDC: Datacenter auf dem Weg in die bzw. zur Cloud

Laut IDC investieren 60 Prozent der deutschen Unternehmen in zukunftsfähige Rechenzentren. Die Definition ist aber noch unterschiedlich. Einerseits nutzen immer mehr Firmen externe Ressourcen, andererseits bleibt eine Mehrheit dem eigenen Datacenter treu. Nachhaltigkeit und Kontrolle über die eigenen Daten gewinnen an Bedeutung.

Geht es um RZ-Investitionen, sind IT-Leiter im Zwiespalt. IT-Ausgaben für das klassische Datacenter stehen Investitionen in die Diversifizierung der IT-Ressourcen in Public-Cloud-Services, Colocation, klassischem Outsourcing oder Edge-Computing gegenüber. »Dabei gilt es, einerseits getätigte Investitionen zu schützen und andererseits ausreichende Mittel für die Modernisierung der IT-Ressourcen einzuwerben«, erklärt Matthias Zacher, Senior Consulting Manager bei IDC und Projektleiter der Studie Datacenter in Deutschland 2022. Dies gelinge der Mehrheit der Befragten immer besser, Grenzen setzen aber häufig Kosten, Neupositionierungen der Unternehmen oder Personalknappheit.

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Befragt hat IDC branchenübergreifend 150 Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern zu den Herausforderungen und Planungen im Bereich Datacenter. Erkenntnis: Die IT geht immer stärker in die Cloud. Diese These, vertritt IDC schon seit Jahren. speicherguide.de-Leser sind aber oft genug anderer Meinung. Wobei speziell die Corona-Zeit einiges verändert bzw. ins Rollen gebracht hat.

»Das Jahr 2022 zeigt sehr plastisch, dass der betriebliche Alltag künftig viel stärker als bisher durch Unsicherheiten geprägt sein wird«, sagt Zacher. »Unternehmen müssen in Zukunft mit einem volatileren Business rechnen. Die IT insgesamt und die IT-Infrastruktur müssen diese Veränderungen mit mehr Agilität und Flexibilität unterstützen, sowohl kurzfristig als auch in langfristig angelegten Projekten.«

An erster Stelle der Business-Herausforderungen sehen die IT-Entscheider die Gewährleistung von IT-Sicherheit und Compliance (32 Prozent). Beide Themen sind direkt businessrelevant. Zur Abwehr der permanent wachsenden Cyberattacken muss die IT-Infrastruktur robust und resilient sein. Kosten und Produktivität (29 Prozent) werden auch für IT-Entscheider immer wichtiger. Die Gründe dafür liegen für Zacher auf der Hand: »Die steigenden Energiepreise zwingen die Verantwortlichen im Datacenter zum sofortigen Handeln. Die erforderliche Modernisierung (29 Prozent) kann im Datacenter sowohl mit dem Austausch der baulichen Anlagen als auch mit neuer IT erreicht werden.« Das Problem besteh für viele Entscheider in der Erreichung sofort erzielbarer Kosteneffekte als auch in der langfristigen Positionierung des Rechenzentrums als eine Art Quelle der digitalen Infrastruktur des Unternehmens.

RZ nicht mehr die dominierende IT-Ressource

Matthias Zacher, IDC
Matthias Zacher, IDC

»Die strategische Position des Datacenters im Unternehmen verschiebt sich«, sagt Zacher. »Unsere Studie belegt, dass Agilität, Sicherheit, Datenhoheit, Nachhaltigkeit und Kostenflexibilität nur mit einer Kombination aus verschiedenen IT-Infrastruktur Ressourcen sichergestellt werden kann.«

Das Rechenzentrum galt bisher als zentrale Instanz für den Betrieb geschäftskritischen Anwendungen. Heute sinkt der Stellenwert dieser Nutzungsform, denn die Entscheider können aus einer Vielzahl von Plattformen und Nutzungsmodellen wählen. Somit überrascht es laut IDC nicht, dass 74 Prozent externe Ressourcen vollständig oder teilweise für ihre geschäftskritischen Anwendungen nutzen. Diese Entwicklung wird zum Teil von den Anbietern von Standard-Software getrieben, die neue Releases oder Funktionsbausteine nur noch als Public-Cloud-Service bereitstellen. Der Stellenwert der Datacenter werde sich laut Zacher aber nicht vollständig wandeln: »Eigenentwickelte Lösungen, hochgradig modifizierte Standardanwendungen und spezielle Anforderungen wie zum Bespiel High-Performance-Computing rechtfertigen weiterhin Investitionen in Datacenter.«

Datacenter-Betrieb bleibt komplex

Für IT-Leiter geht es nun darum abzuwägen, wie der Infrastruktur-Mix künftig aussehen soll. Eine durchaus strategische Entscheidung. Insgesamt zeigt die Befragung, dass das Datacenter weiterhin die zentrale IT-Ressource bleibt. Immerhin 35 Prozent der Unternehmen planen eine umfassende Modernisierung und weitere 25 Prozent werden neue Rechenzentren errichten.

Um die aktuellen Marktanforderungen zu beherrschen und die Fachbereiche optimal zu unterstützen, müssen bauliche und ausstattungsspezifische Komponenten (Facility) stärker mit der IT abgestimmt werden. »Die Top-Priorität ist hier die Senkung des Stromverbrauchs wegen der steigenden Energiekosten (47 Prozent)«, analysiert Zacher. »Ebenso steht eine gesteigerte bessere Nachhaltigkeit (41 Prozent) auf der Tagesordnung. Die signifikanten Energiekosten der Datacenter haben ganz klar einen wirtschaftlichen Impact und stellen für viele Unternehmen eine massive Belastung dar.«

Weitere Prioritäten sind die Beschaffung neuer Fläche für den Aufbau oder die Anmietung von Rechenzentrums-Ressourcen zur Unterstützung von Edge-Computing (46 Prozent) und eine Verbesserung der Kapazitätsplanung durch Prognose- und Analysetools (34 Prozent). Der Wert von Edge-Computing liegt in der Verlagerung von Rechenkapazität an den physischen Ort, an dem die Daten erstellt werden. Dadurch lässt sich die Zeit bis zur Wertschöpfung verkürzen und Geschäftsprozesse und Entscheidungen können außerhalb der zentralen IT-Umgebung sofort umgesetzt werden. Mit Software-Tools für Datacenter-Infrastruktur-Management (DCIM) lassen sich IT- und Facility-Verwaltung stärker verzahnen. Der Einsatz solcher Lösungen steht allerdings in den befragten Unternehmen noch am Anfang.

Die IT-Prioritäten sind ebenfalls facettenreich. »An erster Stelle stehen die Verbesserung von Datensicherheit und Compliance (40 Prozent)«, erklärt IDC-Analyst Zacher. »Beide Aspekte erfordern regelmäßige Aufmerksamkeit und regelmäßiges Handeln. Hier kommen viele Unternehmen an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit.« Ein absolut wichtiger Punkt sei die schnellere Bereitstellung von Anwendungen (38 Prozent). In vielen Unternehmen genüge die vorhandene Schlagzahl nicht mehr. Die IT-Infrastruktur, das heißt Rechenpower, Storage und Netze, bildet hierfür die Grundlage. Hohe Leistungen sind möglich, aber nicht um jeden Preis. Dies zeige das Bemühen um die Senkung der Netzwerk- und Konnektivitätskosten (36 Prozent). Bei den genannten Prioritäten stellt sich laut IDC immer die Frage, ob das Datacenter oder andere Formen der IT-Infrastruktur-Bereitstellung den größten Nutzen liefert.

Datacenter: Ein Viertel der Unternehmen plant neu

Das eigene Rechenzentrum bleibt in vielen Unternehmen erste Wahl, aus Compliance-Gründen oder um IT-Investitionen zu schützen. Immerhin planen sogar 25 Prozent der Befragten den Bau neuer Rechenzentren und weitere 35 Prozent eine umfassende Modernisierung ihrer Datacenter. »49 Prozent dieser Unternehmen müssen die Kontrolle über ihre Daten sicherstellen«, ergänzt Zacher. »Damit werden direkt die Themen Datensouveränität und Datenhoheit abgesichert. 44 Prozent der Entscheider sind der Meinung, dass für die vollständige Kontrolle über alle Betriebsabläufe ein unternehmenseigenes Datacenter notwendig ist. Jedes Unternehmen benötigt eine vollständige Kontrolle über die Betriebsabläufe.«

Laut IDC lassen sich diese Ziele auch mit externen Ressourcen erreichen, allerdings nur mit einigem Aufwand. Immerhin 41 Prozent der Entscheider, die umfassend auf unternehmenseigene Datacenter setzen, erklären, effizienter als ein Cloud-Anbieter arbeiten zu können. 33 Prozent nennen strenge Compliance- Vorgaben als Grund für eigene Datacenter.

Ein Punkt bleibt für Zacher in der Diskussion unberücksichtigt: »Wenn Unternehmen ihre Datacenter schließen oder verkleinern, müssen bei den kommerziellen RZ-Providern, Colocation-Anbietern und Hyperscalern neue Rechenzentren entstehen. Das ist deutlich anhand von Data-Center-Neubauten an etablierten und auch neuen Standorten zu beobachten. Einerseits, um näher am Kunden zu sein und andererseits, um komplexe Genehmigungsverfahren zu vermeiden und Kostenvorteile zu nutzen.«

Für die Zukunft gilt es, bauliche und ausstattungsspezifische Komponenten (Facility) stärker mit der IT abzustimmen (Grafik: IDC).
Für die Zukunft gilt es, bauliche und ausstattungsspezifische Komponenten (Facility) stärker mit der IT abzustimmen (Grafik: IDC).

Sustainability: Nachhaltigkeit wird zum Business-Enabler

Das Thema Nachhaltigkeit entwickelt sich rasch: 21 Prozent der befragten Firmen verfügen derzeit über eine unternehmensweite Nachhaltigkeitsstrategie und weitere 46 Prozent haben ein Nachhaltigkeitsprogramm auf den Weg gebracht. Großunternehmen sind hier schon etwas weiter vorangeschritten als Organisationen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden. IDC erwartet in den kommenden Jahren eine Weiterentwicklung hin zu einem umfassenden unternehmensweiten Ansatz in den meisten Organisationen. Aus Datacenter-Perspektive ist Nachhaltigkeit ein harter Business-Faktor.

81 Prozent beziehen ganz oder teilweise grüne Energie und 77 Prozent arbeiten an der Reduzierung ihres Stromverbrauchs. Nachhaltigkeit wird sich zukünftig immer stärker neben anderen Business-Faktoren etablieren und Unternehmen langfristig auf einer strategischen Ebene begleiten.

Datensouveränität ein kritischer Aspekt

Digitale Souveränität und Datensouveränität bzw. Datenhoheit stehen für ein vollständig selbstbestimmte Kontrolle eigener Daten, sowohl bei der Erhebung, Speicherung, Nutzung und Verarbeitung. »Für 34 Prozent der Entscheider ist die digitale Souveränität eine grundlegende Komponente der IT- und Business-Strategie«, sagt Zacher. »Die Befragung zeigt, dass deutlich mehr sehr große Unternehmen das Thema digitale Souveränität auf der Agenda haben als der in Deutschland starke Mittelstand. Hier sehen wir noch großen Nachholbedarf. Weitere 56 Prozent entwickeln das Thema Datenhoheit schrittweise weiter.«

Bisher hat es aber auch an den nötigen Angeboten gefehlt. Mittlerweile wandelt sich die Lage bei Providern und Hyperscaler, die nun verstärkt in Angeboten für eine souveräne Cloud investieren. Für die Nutzung externer Offerings ist dies für IDC ein dringend erforderlicher Schritt.

IT-Entscheider müssen ihre Datacenter auf die Zukunft ausrichten, aber gleichzeitig bestehende Investitionen schützen (Grafik: IDC).

Datacenter: Bezugsmodelle für IT neu definiert

Das Gesamtfazit ist eindeutig. Die Datacenter durchlaufen eine weitreichende Transformation mit zwei wesentlichen Zielrichtungen. Die Entscheider positionieren zum einen die Rolle ihrer Datacenter in der Nutzung der unterschiedlichen Bezugsmodelle für IT-Infrastruktur neu. Laut Zacher ein notwendiger Schritt, um aus der Vielfalt der unterschiedlichen Lösungsansätze den optimalen Ressourcen-Mix für die Unternehmen zu schaffen: »Zum anderen nutzt Informationstechnologie immer stärker cloudbasierte Services unterschiedlichster Form und fast jedes Datacenter wird mittelfristig selbst zur Cloud werden oder zumindest in cloudbasierte Prozesse eingebunden sein.«

Gleichzeitig gelte es die Ad-hoc-Herausforderungen anzugehen. Dies betrifft allen voran Kostensenkungen und Kostentransparenz. Hinzukomme eine Industrialisierung der Abläufe im Datacenter, wie der Nutzung von standardbasierter IT, einer Automatisierung der Abläufe sowie intelligente Lösungen und eine engere Verzahnung von Facility und IT.

Zwar seien Unternehmen in Deutschland auf einem guten Weg, aber noch weit davon entfernt, alles richtig zu machen. »Es ist dringend notwendig, die Aktivitäten im Datacenter weiterhin zu forcieren und gemeinsam mit Anbietern und Providern die komplette Bandbreite der Angebote und Lösungsansätze auszuloten«, rät IDC-Analyst Zacher.

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