Anzeige

Tech Data: 3 maßgebliche Speicher-Trends für 2021

Wir sprachen mit Tech-Data-Storage-Experte Kurt Gerecke über Speicher-Trends. Aus seiner Sicht werden vor allem drei Technologien das neue Jahr prägen werden und Flash sieht er dabei ganz vorne. Zudem erklärt Gerecke warum Racetrack das Zeug zum Speicher der Zukunft hat.

 Herr Gerecke, welche Entwicklungen werden 2021 den Storage-Markt bestimmen?

Kurt Gerecke, Storage-Experte für Tech DataKurt Gerecke, Storage-Experte für Tech Data Gerecke: Ich sehe drei maßgebliche Trends: erstens den erweiterten Einsatz von Storage-Class-Memory (SCM), zweitens die Weiterentwicklung der Flash-Technologie und drittens die Verbesserungen bei NVMe-over-Fabric (NVMe-oF).

 Sie erwarten für SCM den Durchbruch?

Gerecke: SCM punkten mit Antwortzeiten im oberen Nanosekunden- und unteren Mikrosekundenbereich zu Preisen, die laut SCM-Definition nicht viel höher liegen sollten als Disks. Leider ist das nicht der Fall, die Preise sind extrem hoch. Deshalb werden Devices aus der Kategorie SCM heute in kleinen Mengen als Beschleuniger eingesetzt, also als Caching-Devices.

Ich denke aber, dass sich dies im Laufe der nächsten Jahre relativieren wird, wenn sich die Produktionszahlen entsprechend erhöhen. Dabei liegt der Fokus auf 3D XPoint und Intel Optane (Intel und Micron), Low-Latency-Flash (Samsung Z NAND Flash) und Enterprise-PCMs (Phase Change Memories) zur Beschleunigung von Flash-Systemen, hybriden Flash-Disk-Systemen oder installierter Disk-Subsysteme.

 Wie werden sich Flash-Speicher weiterentwickeln?

Gerecke: Entwicklungssprünge erwarte ich bei Kapazität und Latenz: Die derzeitige 3D QLC 96-Layer-Technologie geht in Richtung 128-Layer und mehr. Die Mehr-Layer verlängern die Haltbarkeit von Flash-Modulen und bieten wesentlich höhere Kapazitäten. In ein paar Jahren werden wir dank der Weiterentwicklung in Richtung 256-Layer-SSD-Kapazitäten von 60 bis 90 TByte haben.

Der dritte Top-Trend sind die Verbesserungen bei NVMe-oF hinsichtlich der Bandbreiten und Latenzzeiten.

 NVMe-oF wurde ja nun schon länger als Trend genannt. War dies als bisher eher ein Hype?

Gerecke: Das Technologie-Potenzial ist groß, aber leider hielt die NVMe-Treiberentwicklung nicht Schritt. Hypervisor und Betriebssysteme waren noch nicht soweit. Das sieht jetzt wesentlich besser aus. Bandbreiten und Latenzzeiten werden sich bei NVMe-oF deutlich verbessern.

 Wo liegen aktuell die größten Storage-Herausforderungen für Unternehmen?

Gerecke: In den Bereichen Datenmanagement und Skalierung, Security und Container-Storage. Viele Daten verlassen das klassische Rechenzentrum in Richtung Multi-Cloud, häufig mit hybriden Ansätzen. Die Datenverteilung über mehrere Clouds erfordert ein effektives Datenmanagement mit entsprechender Skalierfähigkeit. Bei der Security sprechen wir heute von Cyber-Resiliency. Die stark steigende Zahl an Cyber- und Ransomware-Angriffen macht die Überarbeitung des Datenschutzes unverzichtbar.

Ebenfalls immer wichtiger wird Container-Storage. Getrieben durch mobile Apps, gewinnen DevOps und Microservices rasant an Bedeutung – speziell, was neue Applikationen und Datenbankanwendungen im Umfeld von Kubernetes und Red Hat OpenShift betrifft. Hochtransaktionale DBs werden abgelöst. Viele große Firmen bewegen sich schon Richtung Containerisierung. Der Mittelstand wird sicherlich noch bei VMware mit klassischem Hypervisor bleiben, aber längerfristig werden sich auch hier Container durchsetzen.

 Für welche Business-Anforderungen empfiehlt sich der Einsatz von Container-Storage in Kombination mit einer Plattform wie Openshift?

Gerecke: Es ist davon auszugehen, dass künftig nahezu alle Neuapplikationen, mobile Apps und DB-Anwendungen über Microservices auf Openshift-Basis erstellt werden. Das bringt erhebliche Vorteile: Neben der wesentlich größeren Flexibilität können einfache Cloud- und Multi-Cloud-Deployments durchgeführt werden.

Als Beispiel möchte ich IBM nennen: Alle Cloud-Paks sind Container-fähig, und der gesamte IBM Software-Stack wurde in Openshift und das IBM Storage Spectrum-Portfolio integriert. Das betrifft die Persistenz, Backup Container und die Automatisierung. Für 2021 plant IBM die Bereitstellung eines Container-Native-Systems mit sämtlichen Speicherfunktionen.

 Festplattenspeicher, Flash, Tape: In welche Technologien sollten KMU mit begrenztem IT-Budget in den nächsten zwölf Monaten investieren?

Gerecke: Derzeit kann ich niemandem raten, Festplatten zu erwerben. Die Aufzeichnungsdichten sind kaum noch zu steigern. SSDs auf Flash-Basis bieten bereits die doppelte Kapazität bei gleichem Formfaktor mit einem Bruchteil des Stromverbrauchs. Sinnvoll ist eine Investition in All-Flash-Arrays – vor allem wenn es um Anwendungen geht, die kurze Antwortzeiten benötigen. Falls erforderlich, können zusätzlich SCMs als Caching-Device zur Beschleunigung eingesetzt werden.

Unverzichtbar ist ein modernes Datenschutzkonzept. Damit verbunden sind Ausgaben für Offline-Datenträger wie Tape, um sich gegen Cyberangriffe abzusichern. Da Cloud- und Multi-Cloud-Speicher eine immer größere Rolle spielen, sollte man sich außerdem über Investitionen in das Datenmanagement mit Einbindung der gesamten Cloud-Umgebung Gedanken machen.

Zusammenfassend sollte also in drei Kernbereiche investiert werden: Flash-Lösungen im Online-Speicherbereich und als Pufferspeicher im Backup-Umfeld, moderner Datenschutz und Tape-Technologien für die Sicherheit sowie ein Datenmanagement mit Cloud- und Multi-Cloud-Integration.

 Über Tape haben wir bereits ausführlich gesprochen. Das Medium bleibt jedenfalls im Aufwind und doch noh nicht reif fürs Museum?

Gerecke: Jede moderne Datenschutzlösung sollte eine bis zwei Backup-Kopien auf einem Offline-Datenträger vorhalten. Man spricht bei Tape auch von einer Air-Gap-Technologie, abgekoppelt vom Netzwerk und damit nur sehr schwer für Cyberangriffe erreichbar. Zudem spielt Tape bei KI-Projekten eine wichtige Rolle. Ist ein neuronales Netz für Deep- und Machine-Learning-Projekte gut trainiert, muss die Rückverfolgbarkeit der verwendeten Daten sichergestellt werden, weil der Algorithmus Fehler enthalten könnte. Auch gesetzliche oder versicherungsrechtliche Auflagen machen häufig die längerfristige Aufbewahrung von Daten notwendig.

 Wie wird die Zukunft der Datenspeicherung aussehen und welche Technologien werden bestimmend?

Gerecke: Die Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren massiv auf Storage Class Memory konzentrieren. Langfristig hat die Racetrack Memory-Technologie das Zeug dazu, der ultimative Speicher der Zukunft zu werden. Einen ersten Prototyp hat der IBM Entwickler Stuart Parkin bereits 2014 vorgestellt. Parkin ist heute Direktor am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle an der Saale. Experten schätzen, dass die Serienreife spätestens 2022 erreicht wird. Im Vergleich zu Flash kann ein Racetrack-Memory-Modul das Hundertfache auf gleicher Fläche speichern und die Daten 100.000 Mal schneller lesen als heutige Festplatten.

 Wie funktioniert die Racetrack-Technologie?

Gerecke: Racetrack-Memory-Module besitzen Drähte mit einem Durchmesser im Nanometerbereich. Sie sind so dünn, dass man etwa 180.000 Drähte auf der Breite eines Menschenhaares unterbringen könnte. Diese Drähte sind U-förmig um einen Siliziumchip gewickelt und besitzen einen im unteren Teil angebrachten Schreib- und Lesekopf. Wie bei Videokassetten oder Tonbändern werden die Informationen in gegensätzlich magnetisierten Regionen abgelegt, sogenannten Domänen. Diese werden durch Stromimpulse zum Lesekopf bewegt. So rasen die Daten mit bis zu 2.000 Metern pro Sekunde durch den Leiter, daher der Name Racetrack.

Zum Lesen werden die Daten wie bei einem Rechenschieber auf die unbeschriebene Seite des Drahts geschoben. Außer Elektronen wird dabei nichts bewegt, sodass es praktisch keine Abnutzungserscheinungen gibt.

 Was bedeutet das konkret im Einsatz?

Gerecke: Laut einem Papier der IBM Forschungsabteilung habe Racetrack das Potenzial, mobile Endgeräte mit Speicher auszustatten, der Platz für mehrere tausend Filme bietet, wochenlang mit einer Akkuladung laufen kann und quasi unzerstörbar ist. Für die Nutzer von Smartphones und anderen Mobilgeräten würde damit ein Traum wahr.

Der Prototyp Racetrack 1.0 war in der Lage, eine Leistung von einer Million IOPS (Schreib- und Lese-I/Os gemischt) abzubilden – bei einer Antwortzeit auf Chip-Level von 20 bis 32 Nanosekunden. Bei Racetrack 2.0 wurde die Leistung auf 1,5 Millionen IOPS bei gleichbleibender Latenzzeit gesteigert. Damit hat Racetrack zweifellos das Zeug, der ultimative Speicher der Zukunft zu werden.

Anzeige