Racetrack und Millipede: Welchen Stand haben die SSD-Nachfolger?
Leserfrage: In den letzten Jahren war immer wieder die Rede von Nachfolgetechnologien für SSD, wie RaceTrack und Millipede von IBM. Letzteres wird ja langsam in den Markt eingeführt. Nun kommt zwar Bewegung in den Markt, von IBM und ihren auf allen Summits vor Jahren vorgestellten Technologien hört man allerdings Nullkommanichts mehr. Was tut sich hier, und ist in den nächsten Jahren mit einer Ablösung der bisherigen SLC- und MLC-Festspeichermedien zu rechnen?
Antwort Doc Storage:
Sie haben vollkommen richtig beobachtet. Vor nunmehr zwei bis drei Jahren belebte IBM jede ihrer Veranstaltungen zum Thema Speicher mit einem ganz geheim angekündigten Vortrag zu den von Ihnen genannten Technologien, Racetrack und Millipede. Diese auf völlig anderen Methoden als den bisherigen SSDs beruhenden Medien und ihre Funktionsweise haben wir bereits vor längerer Zeit in diesem Bereich auf speicherguide.de beschrieben.
Bei beiden Technologien hat IBM immer wieder darauf hingewiesen, dass es sich um Forschungsprojekte handelt, um nichts anderes. Das ist auch wahrscheinlich noch für die kommenden fünf bis zehn Jahre so. Betrachtet man die Versuchsaufbauten, und entkommt den Gebäuden ohne vom Werkschutz erwischt zu werden, wird auffallen, dass es sich noch um sehr große und vor allem nicht in den üblichen Umgebungsbedingungen laufende Gerätschaften handelt. Also müssen diese erst noch, erstens, auf die von Rechnerherstellern und Nutzern gewohnten Maße gebracht und zweitens, an die normalerweise herrschenden 20 Grad und 60 Prozent Luftfeuchtigkeit gewöhnt werden, plusminus der üblichen Schwankungen.
Desweiteren ist zu bedenken, dass die heutigen Standardrechner, selbst wenn sie nicht »nur« über eine 6-Gbit/s-SATA-, sondern über NVMe- oder PCI-Schnittstellen verfügen, die verbauten Medien nicht gerade überanstrengen, was die I/O-Leistung und den Durchsatz betreffen. Hier dürften nur die »oberen Zehntausend« der in Hochleistungs-Rechenzentren genutzten Rechner tatsächlich (manchmal) an die Grenzen der verwendeten SSDs gelangen, und das meist nicht über längeren Zeitraum. Will sagen, wir haben mit SSDs in herkömmlichen Rechnern noch sehr viel Raum nach oben, was die Auslastung angeht. Vom Speichervolumen mal ganz abgesehen. Inzwischen lassen sich 4-TByte-Festplatten aus jedem Kaufhaus-Regal fischen, bezahlbare 6er und 8er sind am Horizont, und wenn es mit der preislichen Anpassung so schnell geht wie bisher, hat es sich mit den Festplatten bis auf einen ganz kleinen Bereich im Archiv dann bald endgültig erledigt. Ich weiß, ich weiß, das sagen man schon seit zehn Jahren, aber diesmal stimmt's tatsächlich...
Zusammenfassend: Racetrack und Millipede sind beeindruckende, wegweisende und an vielen Stellen revolutionäre Technologien. Allerdings wird es in den kommenden Jahren kaum einen bis gar keinen Rechner geben, der sich mit Speichermedien in dieser Geschwindigkeit wird »unterhalten« können. Also lassen wir den Entwicklern noch entsprechend Zeit und Ruhe, zumindest Racetrack so weit zu bringen, dass es in Standardsystemen eingesetzt werden kann. Denn selbst laut IBM ist Millipede nie als etwas anderes als das geplant gewesen, was es heute ja auch noch ist – ein Forschungsprojekt.
Jaja, ich weiß, jetzt werden mir die einen oder anderen sofort mit 3D XPoint um die Ecke kommen, mit dem uns Intel im Frühjahr beglückt hat. Wir werden das testen und hierzu einen ausführlichen Beitrag liefern.
Gruß
Doc Storage
Wann: am 1. Juni 2017
Wo: im Sofitel Hotel, München
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