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Cloud Vendor Benchmark 2012: Warnung vor falscher Cloud

Rund um den deutschen Markt für Private- und Public-Cloud-Dienste geht es bei dem Anbietervergleich »Cloud Vendor Benchmark 2012«, den die Experton Group soeben vorlegte. Die Studie wurde bereits zum dritten Mal aufgelegt, und birgt ein paar Überraschungen. Eine davon: »Das Investitionsvolumen in die Cloud steigt derzeit stärker an, als noch letztes Jahr erwartet«, bekundet Dr. Carlo Velten, Senior Advisor der Experton Group und einer der Co-Autoren der Studie, gegenüber speicherguide.de.

Cloud-Markt in Deutschland steigt 10,6 Milliarden Euro bis 2016 (Quelle: Experton Group)Cloud-Markt in Deutschland steigt 10,6 Milliarden Euro bis 2016 (Quelle: Experton Group)

Die Studie gibt CIOs und IT-Managern in 2012 einen detaillierten und differenzierten Überblick über die wichtigsten Cloud-Anbieter im deutschen Markt. Erstmalig wird der gesamte Cloud-Markt portraitiert, inklusive der Cloud-Beratungsunternehmen und Systemintegratoren, die einen Großteil der Projekte in Deutschland realisieren. Und die Studie ist absolut neutral, lässt Dr. Velten durchblicken; im Gegensatz zu manch anderen Studien aus dem Hause Experton gibt es hier keinen Sponsor.

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109 Anbieter verfügen über ein ernsthaftes Cloud-Computing-Portfolio

Über 350 IT-Provider in Deutschland schmücken sich nach Recherchen der Experton-Marktbeobachter mittlerweile mit dem Label »Cloud«. Somit war es für die Cloud-Practice der Experton Group allerhand Stück Arbeit, die Spreu vom Weizen zu trennen und diejenigen Unternehmen für die Analyse herauszufiltern, die wirklich über ein relevantes Offering für den deutschen Markt verfügen. Am Ende waren es 109 Anbieter, die über ein ernstzunehmendes Portfolio in Bereich Cloud-Computing verfügen und somit im Benchmark berücksichtigt wurden. Analysiert und bewertet wurde in insgesamt 16 Kategorien, mit den Schwerpunkten Infrastruktur- und Plattformservices, Technologie, Integration und Consulting sowie SaaS.

Cloud-Storage wurde außen vor gelassen, da man im Hause Experton dies aktuell in erster Linie als Thema für SOHO- und KMU-Organisation ansieht. Dagegen sollen mit der Benchmark-Studie eher Enterprise-Organisationen angesprochen werden.

Realität holte die »reinen« Visionen der Cloud-Pioniere ein

Cloud-Services-Anbieter in Deutschland (Grafik: Experton Group)
Cloud-Services-Anbieter in Deutschland (Grafik: Experton Group)

Insbesondere im Bereich IaaS gab es bei der Analyse, Bewertung und Darstellung im Rahmen des Cloud Vendor Benchmark 2012 wichtige Änderungen, die die aktuelle Marktsituation widerspiegeln. »Hinsichtlich der Cloud-Betriebsmodelle – sprich der Art und Weise, wie die zugrundeliegenden IT-Infrastrukturstacks aufgebaut und betrieben werden – hat die betriebliche Realität mittlerweile die ‚reinen’ Visionen der Cloud-Pioniere eingeholt«, sagt Dr. Velten. »Gerade mittelständische und große Unternehmen sind nur in Teilen bzw. für bestimmte Workload-Klassen bereit, ihre Rechenleistung von Public-IaaS-Plattformen zu beziehen. Es besteht meist die klare Anforderung nach gemanagten Umgebungen, deren SLAs denjenigen des klassischen Enterprise Hostings ähneln.«

Diesem Trend folgend, hat sich der Markt für Infrastructure-as-a-Service weltweit und vor allem in Deutschland weiter ausdifferenziert. Die zentralen Kriterien zur Unterscheidung der verschiedenen Betriebsmodelle sind somit die Frage nach der genutzten physikalischen Infrastruktur (Shared versus Dedicated) sowie nach dem Operations-Modell (Un-Managed Self-Service versus Managed-Service mit Enterprise-SLAs).

Neue IaaS-Bewertungskategorien laut Experton Group

Dies reflektiere sich dann auch in den aufgefächerten IaaS-Bewertungskategorien, die Experton nun so einordnet:
? Public-Cloud (Un-Managed, Shared-Infrastructure vom Provider, Self-Service, Standard-SLA, Pay-as-you-go),
? Managed-Cloud (Managed-Service, Shared-Infrastructure vom Provider, Enterprise-Grade-SLA),
? Manage-Private-Cloud (Managed-Service, Dedicated-Infrastructure vom Provider, Enterprise-Grade-SLA).
? Private-Cloud (Aufbau und Betrieb von individueller Cloud-Infrastruktur im eigenen RZ bzw. Co-Location).

Einen neuen Schwerpunkt in der aktuellen bildet der Bereich SaaS. So wurde im Rahmen der Untersuchung der Fokus auf zentrale SaaS-Kategorien wie CRM, Collaboration, Webconferencing und außerdem ERP im Segment der kleinen Unternehmen gelegt. »Hierbei hat sich vor allem gezeigt, dass der Markt ‚echter’ SaaS-Lösungen, also mit multimandantenfähiger Architektur auf einer Shared-Infrastructure, sowie einem zentralen Release- und Patchmanagement, deutlich kleiner als angenommen ist«, erklärt Steve Janata, Senior Advisor der Experton Group und ebenfalls Co-Autor der Studie.

Trend hin zur »falschen Cloud«, vor allem im SAP-Umfeld

Vor allem aber gab es im SaaS-Segment ebenfalls eine kleine Überraschung – nämlich eine Art Trend hin zur falschen Cloud. »Bei den meisten Angeboten im Markt handelt es sich lediglich um gehostete Instanzen von bestehenden On-Premise-Versionen«, erläutert Janata. »Hier kann der Anwender mit Ausnahme der preislichen Flexibilisierung nicht von den zentralen Vorteilen eines Cloud-Modells profitieren.« Gerade im SAP-Umfeld seien viele dieser falschen Clouds zu finden.

Neu hinzugekommen sind in der Studie die Bereiche Cloud-Consulting und Integration. »Es wurde erstmals der gesamte Cloud-Markt inklusive der Beratungsunternehmen und Integratoren in Deutschland analysiert und bewertet, da in der aktuellen Marktphase diese Unternehmen nun eine immer wichtigere Rolle spielen«, sagt Janata. »Gleichzeitig muss festgestellt werden, dass es in Deutschland einen massiven Cloud-Fachkräftemangel gibt.«

Cisco rollte mit UCS den Markt auf

Nicht überraschend ist, dass der Markt für Cloud-Technologien generell von wenigen Konzernen dominiert wird, die als Komplettanbieter nahezu das gesamte Spektrum an Server-, Storage- und Netzkomponenten abdecken. Bekannte Namen wie IBM, HP, Dell, Oracle und Fujitsu zählen zu dieser Gruppe.

Dr. Velten verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf Cisco. Mit ihrem »Unified Computing System« (UCS) sei hier ein eindrucksvoller Eintritt in den Server-Markt gelungen. Die Lösung habe sich als eine der dominierenden Hardware-Plattformen für den Aufbau und Betrieb von Cloud-Infrastrukturen in nur zwei Jahren etablieren können.

Anforderungen an Cloud-Management-Lösungen steigen

Generell hat die Studie ergeben, dass vor allem die Anforderungen an Cloud-Management-Lösungen steigen. »Manche Anbieter in diesem Segment waren aber im letzten Jahr hier noch etwas besser positioniert«, hebt Dr. Velten den Zeigefinger.

Im laufenden Jahr wird in Deutschland mit einem Marktvolumen von knapp über drei Milliarden Euro nur im B2B-Segment gerechnet. Im Jahr 2016 soll sich das Geschäft auf 10,6 Milliarden Euro verdreieinhalbfachen. In die Erhebung fließen alle Umsätze mit Cloud-Diensten (etwa SaaS, IaaS, PaaS), mit Integrations- und Beratungsprojekten sowie mit Cloud-Technologien ein. Etwas stärker steigende Einnahmen soll es bei den Cloud-Diensten geben. Hier erwarten die Experton-Manager, dass sich das Marktvolumen in den Jahren 2012 bis 2016 vervierfachen sollte.

»Keinen profitablen Cloud-Service-Provider bis 2015«

Doch trotz der Milliarden-Umsätze und stark steigenden Marktvoluminas: Experton erwartet »keinen profitablen Cloud-Service-Provider in Deutschland bis 2015«. Denn die Markteroberung kostet Geld – mehr Geld, als angesichts des Preisdrucks profitabel übrig bleibt. Nur wer potente Geldgeber und Anteilseigner im Rücken hat, werde lange genug durchhalten.

Doch trotz der finanziellen Widrigkeiten gebe es nach wie vor in Deutschland »hoffnungsvolle Startups«. Die Experton-Analysten verweisen in diesem Zusammenhang auf das Marburger Unternehmen Weclapp, das eine interessante ERP-Suite für Mittelständler entwickelt hat, und als Cloud-Service anbietet.

Ein interessantes, vor allem in Deutschland, zu beobachtendes Thema ist Compliance. Aufgrund der Thematik rund um den »Patriot Act« in den USA sind etliche Cloud-Service-Provider wie beispielsweise die Deutsche Telekom dazu übergegangen, auf den hiesigen Standort ihrer Rechenzentren und Hosting-Angebote zu verweisen. Experton-Analyst Janata kann dem aber nicht viel abgewinnen: »Ich warne eher davor, darauf eine Value-Propostion aufzubauen.« Denn seiner Meinung nach werde sich das Thema wieder beruhigen.

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