Haftung bei Datenverlust in der Cloud ist komplex
Online-Speicher mit Überallzugriff – wie zum Beispiel Google Drive, Microsoft Skydrive, Amazon Cloud Drive, Dropbox oder dem Mediencenter als Teil der Telekom Cloud – sind sowohl bei Unternehmen als auch bei Privatleuten mittlerweile sehr beliebt. Aber, über was die wenigsten nachdenken: Was passiert, wenn die Cloud Daten verliert? speicherguide.de sprach darüber mit Timo Schutt, Fachanwalt für IT-Recht.
Im Prinzip kann es passieren – und es ist auch schon passiert –, dass ein Cloud-Provider Daten verliert. Wer haftet denn bei Verlust von wichtigen Dokumenten (wie zum Beispiel Firmenunterlagen) oder von privaten Schätzen (wie persönlichen Bildern)?
Schutt: Die Diensteanbieter der Cloud-Dienste wollen dafür natürlich nicht haften. So steht es denn auch üblicherweise in den Nutzungsbedingungen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Eine Haftung wird dort oftmals sogar vollständig ausgeschlossen. So steht in den AGB des beliebten Dienstes Evernote zum Beispiel, dass man für die Datensicherheit keine Haftung übernehme und der Kunde den Dienst auf eigene Gefahr nutze.
Mit Registrierung hat der Kunde aber diese AGBs doch akzeptiert. Also muss er sich grundsätzlich auch daran halten – oder?
Schutt: Nun, nicht ganz. Zum Einen ist nach deutschem Recht ein vollständiger Haftungsausschluss in AGBs grundsätzlich gar nicht wirksam möglich. Gilt also deutsches Recht, dann haftet der Anbieter – zumindest bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit – auch. Verschiedene AGBs sehen bereits die Geltung von deutschem Recht vor, so bei Evernote oder bei Skydrive.
Und wenn die AGBs der Cloud-Storage-Anbieter deutsches Recht nicht vorsehen?
Schutt: Auch wenn das nicht so ist, gilt: Handelt der Kunde als Verbraucher, dann kann er in der Regel das Verbraucherschutzrecht seines Heimatlandes in Anspruch nehmen. Sieht dieses bestimmte zwingende Regeln vor, gelten diese auch, egal, was in den AGB steht. Auch dann ist also das deutsche Haftungsrecht anzuwenden.
Aber dann gibt es doch noch das Problem, dass viele Anbieter gar nicht in Deutschland sitzen...
Schutt: Das heißt dann, dass eventuell also Microsoft nach kalifornischem Recht in den USA verklagt werden muss. Mit einem US-amerikanischem Anwalt und allem drum und dran. Das lohnt sich freilich in 99 Prozent der Fälle nicht. Abgesehen davon: Wenn keine Daten-Backups mehr vorliegen, bringt der tollste Anspruch nichts. Die Daten bekommt man nicht wieder, allenfalls einen Schadensersatz. Doch wie wertvoll sind zum Beispiel persönliche Bilder? Außerdem kann es gut sein, dass die Gerichte ein Mitverschulden des Kunden annehmen, wenn er sich selbst kein Backup seiner Daten gezogen hat. Dann läuft der Anspruch eventuell gänzlich ins Leere.
Was würden Sie also als Fazit Anwendern/Unternehmen raten, die überlegen, Cloud-Storage-Dienste in Anspruch zu nehmen?
Schutt: Neben den großen Datenschutzthemen durch die überwiegende Speicherung der Daten in den USA und der dortigen Zugriffsmöglichkeit verschiedenster Dienste auf diese Daten (das wäre ein eigenes Thema), muss stets auch das Risiko des Datenverlustes beachtet werden. Ohne eigene Backups sollten Daten dort nicht hochgeladen werden. Es handelt sich nämlich gerade nicht um eine externe Festplatte im Netz, sondern allenfalls um einen Dienst, der den Zugriff auf bestimmte Daten von überall auf der Welt ermöglich. Darin liegt letztlich der Mehrwert.
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