Interview mit Thru: »Safe-Harbor fördert Marktkonsolidierung«
Der EuGH hat vor kurzem die »Safe Harbor«-Vereinbarung gekippt. Zwar ist schon seit längerem absehbar, dass Unternehmen auf die lokale Speicherung ihrer Daten achten müssen, doch nun wird dies wohl unausweichlich. Welche Auswirkungen dies auf Public-Cloud-Anbieter, Hoster und Unternehmen hat, erklärt Ian Snead, EVP of Sales and Marketing beim File-Sharing-Spezialisten Thru, im Gespräch mit speicherguide.de.
Thru ist Anbieter von EFSS- (Enterprise File Synchronization and Sharing) und MFT-Lösungen (Managed File Tranfer). Diese Produkte gibt es nun schon eine ganze Weile auf dem Markt – was gibt es derzeit Neues?
Ian Snead, EVP of Sales and Marketing. ThruSnead: EFSS- und MFT-Lösungen wurden in der Vergangenheit traditionell als Lizenz verkauft. Wir bieten sie heute als cloud-basierten Service oder als Hybrid-Cloud-Modell an. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass Kunden, insbesondere in Europa, die lokale Speicherung ihrer Daten verlangen. Auf der technologischen Seite tut sich viel bei der Integrationstiefe von EFSS-Systemen, die sowohl im Backend als auch im Frontend mit umfassenden APIs in alle Systeme voll integriert sein müssen. Bei Thru konzentrieren wir uns bei der Weiterentwicklung unserer Lösung derzeit auf Sicherheit, Mobilität und Transfergeschwindigkeit.
Anbieter solcher Lösungen sprießen ja wie Pilze aus dem Boden. Wie differenzieren Sie sich beispielsweise von Public-Cloud-Angeboten wie Box oder Dropbox Business?
Snead: Unser größtes Unterscheidungsmerkmal ist, dass wir keine freien Nutzer auf unserer Plattform haben – wir fokussieren uns zu 100 Prozent auf Unternehmenskunden, und garantieren Funktionen wie Sicherheit und Zuverlässigkeit, die Unternehmen zwingend benötigen. Unternehmen brauchen außerdem Lösungen, die flexibel sind und an bestehende Systeme und Anwendungen angepasst werden können. Unsere Architektur mit umfassenden APIs ist die flexibelste Lösung auf dem Markt, die wir darüber hinaus noch entweder in unserem Rechenzentrum oder bei Kunden selbst einsetzen können. Andere Hersteller können dies nicht, insbesondere nicht Lösungen aus der Public-Cloud. (Anm.d.Red.: EFSS und die damit einhergehende Schatten-IT sind auch Thema in unseren »Top-10-Storage-Trends für 2016«.)
Der Europäische Gerichtshof hat kürzlich entschieden, dass US-Rechenzentren keinen ausreichenden Schutz für die gespeicherten Daten europäischer Kunden bieten. Wie sehen Sie dieses Problem als Technologieanbieter aus den USA mit Kunden in Europa?
Snead: Für Hersteller, die über keine eigenen lokalen Rechenzentren verfügen und deren Lösungen nicht im unternehmenseigenen Rechenzentrum installiert werden können, ist dies in der Tat ein großes Problem. Wir bieten beides und eröffnen jetzt sogar ein neues Rechenzentrum hier in Deutschland. Ich denke, Safe-Harbor wird die Marktkonsolidierung beschleunigen, weil nur Anbieter mit entsprechenden Lösungen und lokalen Rechenzentren in Europa erfolgreich sein werden.
Es scheint so, als würden die Daten aus der großen, weiten Welt wieder nach Hause wandern. Welche Unternehmen können von diesem Trend profitieren?
Snead: Richtig. Große, moderne Rechenzentren gibt es mittlerweile überall. Und da Kunden großen Wert darauf legen zu wissen, wo ihre Daten gespeichert sind, kommen die Daten zurück in die Nähe der Kunden. Entweder direkt ins eigene Rechenzentrum oder zu einem vertrauenswürdigen Hoster in der Nähe. Hoster können von diesem Trend profitieren, während kleinere Technologieanbieter ohne eigene Rechenzentren Kunden verlieren werden, da sie ihren Kunden nicht garantieren können, dass deren Daten vor Dritten, inklusive Regierungen, sicher sind.
Auch das »Internet der Dinge« (Internet of Things, IoT) hält viele Herausforderungen für die Speicherbranche bereit. Dabei geht es gar nicht nur um das profane Speichern, sondern auch um Datentransfer. Wie sehen Sie diese Herausforderungen?
Snead: Eine der größten Herausforderungen in Bezug auf diese »Dinge« ist Sicherheit. Um die Geräte auf dem neuesten Stand, und damit sicher zu halten, benötigen sie regelmäßige Updates. Die gängigste Methode, eine Firmware upzudaten, ist FOTA: Firmware-Over-The-Air, allerdings ist diese in Bezug auf Dateigröße, Berechtigungen und Skalierung stark limitiert ist. Um Firmware-Updates schnell über sichere Protokolle mitzu-liefern, wird ein globales, performantes Netzwerk benötigt, das alle Transaktionen erfasst und über Reports zugänglich macht. Um gleichzeitig eine sehr große Anzahl an Verbindungen bereitstellen zu können, haben wir eine mehrstufige SOA-Architektur entwickelt, die sowohl vertikal als auch horizontal skalierbar ist. Dadurch kann unsere Lösung jede gewünschte Anzahl virtueller SFTP-Server bereitstellen und damit sämtliche Verbindungen zu einem Speicher und einer Audit-Datenbank routen. Nur über eine derartige Architektur wird man Milliarden von Geräten durch sichere Datentransfers aktuell und damit sicher halten können.
Das Jahr 2015 ist gerade zu Ende gegangen. Welche Trends sehen Sie für das neue Jahr 2016?
Snead: Ich denke, Kunden werden generell immer anspruchsvoller und wollen bessere Lösungen für ihre Probleme, keine Kompromisse. Der Kompromiss Public-Cloud wird vielerorts beendet, und lokale Hoster oder hybride Clouds werden diesen Platz einnehmen. Im Bereich EFSS sehen wir kontext-basierte Suche und intelligente Bereitstellung von Daten, basiert auf Positionen und Abteilungen, mehr im Kommen. Bei den vielfältigen Entwicklungen in den Bereichen Speicher, Datentransfer, IoT und sogar der Rechtsprechung ist eines jedenfalls sicher: Es bleibt spannend!
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