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Fujitsus 2,5-Zoll-Strategie geht langsam auf

Interview mit Georg J. Dietsch, Director EMEA, Storage Products Group, Fujitsu Deutschland.

Der große Umstieg vom 3,5- auf das 2,5-Zoll-Format steht nach Meinung von Fujitsu nun langsam bevor. Der Festplattenhersteller hat sich beizeiten darauf eingestellt und fokussiert schon seit Jahren nur noch auf 2,5-Zoll-Laufwerke.
Wir sprachen mit Georg J. Dietsch, Director EMEA Storage Products Group bei Fujitsu Deutschland, welche Trends darüber hinaus derzeit den Festplattensektor treiben und wie er die Zukunft für Flash-Disks einschätzt.

Schon vor Jahren hat Fujitsu das Ende der 3,5-Zoll-Platte avisiert. Doch dieses Format hält sich wacker auf hohem Niveau. Eine Fehleinschätzung?
 Georg J. Dietsch  Georg J. Dietsch
Dietsch: Es ist in der Tat so, dass der 3,5-Zoll-Peak schon längst hätte erreicht werden sollen. Die Welle verschiebt sich indes ständig nach hinten. Aber sieht es so aus, dass wir jetzt die Spitze gesehen haben. Nicht wir, sondern die Global-Accounts geben hier den Trend vor.
Wie meinen Sie das?
Dietsch: Man muss sich nur mal die neuesten Ankündigungen zum Beispiel von HP, einem der größten Global-Accounts, anschauen – die Neuheiten basieren alle auf 2,5 Zoll. Natürlich gibt es in den HP-Verkaufsunterlagen noch Systeme mit 3,5 Zoll. Aber deren Ende ist jetzt absehbar.
Aber mit der nach wie vor stark wachsenden Speicherplatznachfrage können 3,5-Zoll-Laufwerke doch besser mithalten?
Dietsch: Stimmt zwar schon. Aber zurzeit wächst die Nachfrage nach Performance verbunden mit weniger Energieeinsatz noch stärker. Es dauert einfach länger, die Daten von einer einzigen 1-TByte-/3,5-Zoll-Platte herunterzuschaufeln als parallel von mehreren 2,5-Zoll-Laufwerken. Für Rechenzentren lautet die ganz einfache Rechnung: Weniger Platzbedarf + mehr Spindeln pro Quadratmeter = mehr Performance. Und die neuen 2,5-Zoll-SAS-Laufwerke bringen die gleiche Leistung wie Highend-3,5-Zoll-Drives. Zugleich sind sie deutlich stromsparender. Diese Rechnung stammt nicht von uns alleine: Die Energiekosten von 3,5-Zoll-Laufwerken pro Jahr sind höher als die Investitionen in neue 2,5-Zoll-Geräte.
So wesentlich höher ist die Stromaufnahme von 3,5-Zoll-Laufwerken gegenüber 2,5 Zoll aber auch wieder nicht…
Dietsch: Es ist nicht nur die Stromaufnahme der Laufwerke selbst. Wichtig ist der Punkt: 2,5-Zoll-Drives bleiben wesentlich kühler. Ein Internet-Data-Center muss somit deutlich weniger für Abluft- und Klimaanlagen aufwenden. Es heißt, Google hat diese Rechnung auch aufgemacht. Dort hat man letztes Jahr noch über drei Millionen 3,5-Zoll-Platten installiert – demnächst sollen nur noch 2,5-Zoll-Laufwerke angeschafft werden.
Also steht Ihrer Meinung der Umstieg auf 2,5 Zoll endlich bevor?
Dietsch: Absolut. Es hat ein bisschen länger gedauert, also von uns erwartet. Aber wir haben jetzt die gleiche spannende Zeit vor uns wie in den 80er Jahren, als der Umstieg von 5,25 auf 3,5 Zoll war. Das hat damals etliche Unternehmen aus dem Hard-Disk-Markt verdrängt, wie beispielsweise Micropolis.
Damals gab es aber auch Firmen, die nur auf 3,5 Zoll setzten. Heute hat ja jeder der noch verbliebenen Marktmitspieler bereits 2,5-Zoll-Modelle im Angebot.
Dietsch: Aber es wird trotzdem enorme Verschiebungen geben. Ich denke zum Beispiel, dass die kürzlichen Ankündigungen von Seagate und Hitachi mit 3,5-Zoll-SAS-450-GByte-Modellen die letzten in dieser Serie waren. Der zeitliche Abstand zu den Vorgängergeräten war zu lang. Technisch hätten sie es schon viel früher bringen können. Das zeigt mir, dass man lange mit sich haderte, ob man solche Laufwerke überhaupt noch auf den Markt bringen soll.
Aber trotzdem: Der 3,5-Zoll-Markt wird doch nicht so einfach verschwinden…
Dietsch: Freilich ist der Markt noch sehr groß. Es wird weiterhin Märkte geben, die nur auf Kosten pro GByte fixiert sind, beispielsweise Desktop-und Einsteiger-PCs sowie für diverse Consumer-Märkte. Aber der Sektor ist jetzt im Umbruch – und deshalb herrscht momentan Unsicherheit auf dem Markt.
Chaos? Wo spielt sich denn das Interessanteste ab?
Dietsch: Zurzeit gibt es einen Boom bei externen Festplattengeräten. Vor allem momentan im Segment bis 500 GByte. Und dann gibt es gerade einen extremen Preiskampf bei externen Modellen mit einem TByte.
Das hört sich nach Western Digital an….
Dietsch: Sagen wir mal so: Einige Distributoren berichten, dass sie externe 1-TByte-Festplatten von diesem Hersteller ein paar Euro günstiger im Retail einkaufen können als das gleiche Modell in einer OEM-Version. Wirtschaftlich ist das eigentlich Unsinn. Das heißt für mich: Da will sich jemand einen Markt direkt kaufen. Hat wohl mit Branding zu tun.
Haben Sie kein Branding nötig?
Dietsch: Doch, aber wir profitieren etwas vom Branding unseres Schwesterkonzerns Fujitsu Siemens Computers. Insofern müssen wir im Consumer-Markt keine Preisgefechte anzetteln.
Früher hieß es mal, Samsung wäre sehr preisaggressiv….
Dietsch: Das stimmt. Aber aktuell gehen von denen keine Preisschlachten aus. Könnte auch damit zusammenhängen, dass sie eventuell ihren Branding-Bekanntheitsgrad erreicht haben, den sie erreichen wollten.
Wie sieht Ihre Strategie aus, auf dem 2,5-Zoll-Markt endgültig zum Erfolg zu kommen?
Dietsch: Zumindest nicht über Preiskämpfe. (lacht) Wir sind vor circa sechs Jahren, wie viele andere auch, mit einer Modellreihe gestartet. Die war hauptsächlich für Notebooks gedacht und es gab sie mit unterschiedlichen Kapazitäten. Aber die Märkte haben sich gewandelt, heute gibt es viele neue Applikationen für Festplatten. Bis vor kurzem hatten wir elf Modellreihen, vor wenigen Wochen kam die zwölfte – ein Laufwerk mit integrierter Verschlüsselung (speicherguide.de berichtete) – dazu. Und einige Modellreihen gibt es noch mit ATA, 1,5-Gbit/s- und 3.0-Gbit/s-SATA. Bei dieser Vielfalt ist es heute wichtiger denn je, dass der Distributor mit seinen Kunden den alten Sesam-Straße-Spruch abarbeitet…
…und der lautet?
Dietsch: Wer, wie, was, wieso, weshalb und warum. Die Anwendungen sind heute breit gefächert, dass es nicht mehr nur ein Laufwerk für viele Applikationen gibt. Die Digitalisierung wird schrittweise alle Lebensbereiche vom Fernsehen über Haushaltsgeräte bis hin zu Fahrzeugen erfassen. Es gibt komplizierte Anforderungen von Computer-Tomografen über Schweißroboter bis hin zum Consumer-Gerät. Und selbst innerhalb einer Applikation sind die Anforderungen unterschiedlich. Ein Beispiel: Wir verkaufen viele Disks in Fahrscheinautomaten. Aber es muss schon vorher geklärt sein, ob die Geräte in den Bahnhöfen – also mit ständig relativ klar abgegrenzter Temperaturumgebung – stehen, oder im Freien mit extremen Temperaturschwankungen. Der Trend heißt generell: Zukünftige Speicherlösungen müssen stromsparend, leise und besonders schockresistent sein, deshalb zeigt der Trend eindeutig in Richtung 2,5 Zoll. Aber eben in einer enormen Vielfalt. Und daran arbeiten wir.
Stromsparend, leise und besonders schockresistent – das trifft auch auf Flash zu. Warum sind Sie hier noch nicht aktiv?
Dietsch: Dazu kann ich zumindest so viel sagen: Da Fujitsu auch einer der größten Storage-Hersteller ist, werden wir so etwas haben. Da Flash derzeit noch deutlich teurer ist als Harddisk, wird es hauptsächlich da eingesetzt, wo der Preis nur eine nebensächliche Rolle spielt, also in zwei Bereichen: im absoluten Highend-Enterprise und bei Consumer-Subnotebooks. Den großen Durchbruch für Flash sehen wir für circa 2012 bis 2014.
Bei Notebooks tummeln sich ja mittlerweile viele Hybrid-Drives. Warum sind Sie da nicht dabei?
Dietsch: »Viele« ist übertrieben. Es gab tatsächlich letztes Jahr einen kleinen Hype um diese Hybrid-Drives. Der ist aber wieder abgeebbt. Die Vorteile waren nicht so groß wie erwartet. Und wenn ein Teil ausfiel, musste auch das andere Teil mit ausgetauscht werden. Reparaturen waren also teuer. Ich denke, der Trend wird eher zu Notebooks konkret mit Flash oder nur mit Festplatte gehen. Wir kriegen seit diesem Jahr praktisch keine nennenswerte Anfrage nach Hybrid-Drives mehr rein.
Denken Sie, die Festplattenbranche wird sich noch weiter konsolidieren?
Dietsch: Ich schätze, da wird sich noch was tun. Neben uns gibt es noch Seagate, Western Digital, Hitachi, Toshiba, Samsung und Excelstor. Der Markt ist in einem Konzentrationsprozess, und wir sind noch nicht am Ende.
Es gab ja mal ein Gerücht, dass eventuell Hitachi, Toshiba und Fujitsu ihre Festplattensparten zusammenlegen könnten….
Dietsch: Das Gerücht gab es tatsächlich. Aktuell verstummt es gerade aber wieder. Die Strategien sind meiner Meinung nach doch zu unterschiedlich. Hitachi macht noch zu viel im Bereich 3,5 Zoll, wo wir uns ja mit Absicht verabschiedet haben. Und Toshiba ist im Bereich unter 2,5 Zoll noch ziemlich aktiv. Wir denken vielmehr, dass für alles unterhalb von 2,5 Zoll – also 1,8, 1,3, 1,0 und 0,85 Zoll – die richtige Technologie sein wird. Unsere Strategie ist dafür viel klarer: Fujitsu steht zu 100 Prozent zum 2,5-Zoll-Format, egal ob für Enterprise- oder Consumer-Anwendungen. Und wir entwickeln hier sehr fleißig. Es wird demnächst interessante Ankündigungen von uns geben.
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