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Resistive Speicherzellen ReRAM kommen voran

Resistive Speicherzellen, kurz ReRAM, gelten als vielversprechende Kandidaten für die Datenspeicher der Zukunft. Der nichtflüchtige Speichertyp schreibt und liest Informationen tausendmal schneller als Flash-Speicher, zugleich benötigt er deutlich weniger Energie. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Vorhaben G-ReRAM am Forschungszentrum Jülich mit 200.000 Euro.

200.000 Euro Forschungsgelder für ReRAM übergeben (Bild: Forschungszentrum Jülich)
200.000 Euro Forschungsgelder für ReRAM übergeben (Bild: Forschungszentrum Jülich)
Mit Graphen zur optimierten Speicherzelle – das ist das Ziel des deutsch-griechischen Projekts G-ReRAM am Forschungszentrum Jülich zur Entwicklung der Datenspeicher der Zukunft. »Die Informationstechnologie ist ohne Zweifel einer der entscheidenden Wachstumsmotoren der Zukunft. Die zentrale Herausforderung, die Leistung signifikant zu steigern und gleichzeitig den Energieverbrauch deutlich zu senken, ist eine Aufgabe von europäischer Dimension«, sagt Thomas Rachel, Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung MdB, anlässlich der Übergabe des Zuwendungsbescheids über 200.000 Euro Forschungsgelder. »Mit der Zusammenarbeit im Projekt G-ReRAM demonstrieren Jülicher Forscher gemeinsam mit ihren griechischen Kollegen, dass wissenschaftlicher Pioniergeist nicht an den Landesgrenzen endet.«

Resistive Zellen weisen die besondere Eigenschaft auf, dass sich ihr elektrischer Widerstand dauerhaft verändern lässt. Dadurch lassen sich Informationen abspeichern, die auch dann erhalten bleiben, wenn kein Strom fließt. Die langfristigen Anwendungsperspektiven gehen noch deutlich über die reine Datenspeicherung hinaus.

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Resistiven Zellen speichern nicht nur binäre Werte, sondern auch Zwischenzustände

»Mit resistiven Zellen lassen sich nicht nur binäre Werte, sondern auch Zwischenzustände einschreiben«, erläutert Prof. Rainer Waser, Direktor am Jülicher Peter Grünberg Institut und Leibniz-Preisträger 2014. »Dies lässt sich möglicherweise für künstliche neuronale Netze nutzen, die wie beim natürlichen Lernen Verbindungen stärken und schwächen – ein erster Schritt auf dem Weg zu einem neuronalen, äußerst energieeffizienten Supercomputer.«

Bis sich die ersten G-ReRAM-Speicherbausteine erfolgreich praktisch umsetzen lassen, müssen allerdings noch einige Hürden überwunden werden. »Um neue Speicherelemente auf der Basis von ReRAMs zu entwickeln, müssen im wesentlichen zwei Herausforderungen gelöst werden«, erläutert Dr. Ilia Valov, Koordinator des Projektes auf deutscher Seite. »Die Bauelemente und ihre Zustände müssen sich chemisch stabil verhalten, und als Voraussetzung dafür muss es gelingen, das elektrochemische Potenzial der Zellen zu senken.«

Resistive Speicherzellen sind auch winzige Batterien

Aufbau einer resistiven Speicherzelle (ReRAM): Sogenannte Filamente können die Batterieeigenschaften verändern (Bild: Jülich-Aachen Research Alliance JARA)
Aufbau einer resistiven Speicherzelle (ReRAM): Sogenannte Filamente können die Batterieeigenschaften verändern (Bild: Jülich-Aachen Research Alliance JARA)
Wasers Arbeitsgruppe, die der Jülich Aachen Research Alliance (JARA) angehört, hatte bereits im Frühjahr letzten Jahres nachgewiesen, dass resistive Speicherzellen als winzige Batterien betrachtet werden müssen. Die ihnen innewohnende elektrische Spannung zwischen den beiden Elektroden wirke als »elektromotorische Kraft«. Sie führe dazu, dass sich chemisch aktive Stoffe ungleichmäßig in der Zelle verteilen und dadurch sowohl die Speicherzeit als auch die Schaltcharakteristika negativ beeinflussen.

Die Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich und der RWTH Aachen haben in aufwendigen Versuchen die Batteriespannung von typischen Vertretern der ReRAM-Zellen bestimmt und mit theoretisch zu erwartenden Werten verglichen. So konnten weitere Eigenschaften (beispielsweise der ionische Widerstand) bestimmt werden, die vorher weder bekannt noch zugänglich waren.

ReRAM basieren auf Memristoren-Konzept von HP

»Im Nachhinein ist das Vorhandensein einer Batteriespannung in ReRAM selbstverständlich. Aber während des neunmonatigen Begutachtungsprozesses des jetzt veröffentlichten Paper«, berichtete Valov vergangenes Frühjahr, »war sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten, da die Batterie-Spannung in ReRAM-Zellen drei verschiedene prinzipielle Ursachen haben kann und die Zuordnung der korrekten Ursache alles andere als trivial ist.«

Die seinerzeitige neue Erkenntnis ist insbesondere auch für die theoretische Beschreibung der Speicherbauelemente von zentraler Bedeutung. Bisher wurden ReRAM-Zellen mithilfe der Theorie der sogenannten »Memristoren« – zusammengesetzt aus »Memory«, Speicher, und »Resistor«, Widerstand – beschrieben. Das aus den 1970er Jahren stammende, theoretische Konzept wurde 2008 vom IT-Unternehmen Hewlett-Packard erstmals auf ReRAM-Zellen angewandt.

Memristor-Theorie auf passive Bauelemente beschränkt

Es zielt auf die dauerhafte Speicherung von Information durch die Veränderung des elektrischen Widerstands ab. Aus der Memristor-Theorie ergibt sich allerdings eine wichtige Einschränkung. Sie ist auf passive Bauelemente beschränkt.

»Die nachgewiesene, interne Batterie-Spannung der ReRAM-Elemente verletzt eindeutig das mathematische Gedankengebäude der Memristor-Theorie«, sagte im Frühjahr Dr. Eike Linn, Spezialist für Schaltungskonzepte in der Autorengruppe. »Die Theorie muss zur Beschreibung der ReRAM-Elemente aufgegeben werden – oder man muss sie zu einer ganz neuen Theorie erweitern.« Damit werde auch die Entwicklung jedes mikro- und nanoelektronischen Chips auf völlig neue Grundlagen gestellt.

In dem kürzlich neu aufgelegten Projekt G-ReRAM streben die Wissenschaftler gemeinsam mit Partnern vom griechischen National Centre of Scientific Research Demokritos und der Universität Patras nun eine Lösung an. Der Einbau einer Zwischenschicht aus Graphen soll die unerwünschten Einflüsse unterbinden.

Graphen – das »Wundermaterial« für ReRAM?

Das oftmals als »Wundermaterial« gepriesene Graphen – eine nur eine Atomlage dicke Schicht Kohlenstoff mit bienenwabenförmiger Struktur – soll als eine Art Schutzschicht verhindern, dass sich die Elektroden chemisch auflösen und gleichzeitig die Zellspannung reduzieren, wenn nicht sogar komplett unterdrücken. Dabei ist es ausreichend dünn, um unter angelegtem Strom die Bewegung geladener Teilchen, Ionen, durch die Graphenschicht hindurch zuzulassen. Diese bewirkt letztlich die Veränderung des elektrischen Widerstands und ist damit wesentlich für das Funktionieren der resistiven Speicherzelle.

Darüber hinaus wollen die Forscher das elektrisch gut leitfähige Graphen auch als Elektrodenmaterial einsetzen. Tests sollen zeigen, ob sich auf diese Weise Edelmetalle wie Platin oder Iridium ersetzen lassen, um die elektrischen Eigenschaften weiter zu optimieren und den Herstellungsaufwand sowie die Kosten zu reduzieren.

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