Storage für KI im Mittelstand
Künstliche Intelligenz ist inzwischen ein wichtiger Bestandteil der digitalen Transformation. Die Datenverarbeitung auf KI-Basis soll Optimierungen und Innovationen ermöglichen, verlangt aber auch eine anspruchsvolle Storage-Infrastruktur. Für KMU und Mittelstand eine besondere Herausforderung.
Laut diverser Studien (EY 2023, Deloitte 2024) haben über 50 Prozent deutscher Großunternehmen 2023 in KI investiert – mit steigender Tendenz. Allerdings kommt der Bitkom Ende 2023 zu dem Ergebnis, dass bei deutschen Firmen ab 20 Mitarbeitern nur 15 Prozent künstliche Intelligenz (bewusst) einsetzen. 70 Prozent verstehen KI als Chance. Im internationalen Vergleich hinkt sie zeitlich etwas hinterher, allerdings geben die Zahlen das ab und an verkündete »Abgehängtsein« der deutschen Wirtschaft nicht her.
Hindernisse und Chancen
Beklagt werden weniger Sicherheitsbedenken, vielmehr Fachkräftemangel und fehlende gesetzliche Rahmenbedingungen. Und natürlich die deutsche Dateninfrastruktur. Ohne schnelle Netze kaum eine KI.
Aus Speichersicht ist aber für manche KMU auch einfach das Problem, dass die viel zitierte riesige Menge an relevanten Daten für gewinnbringende KI-Analysen, Machine-Learning, Deep-Learning und Large-Language-Models aus dem eigenen Unternehmen zunächst fehlt. Dann kann ein kompletter Übertrag in die Cloud der einzig gangbare Einstieg in die KI-Welt sein. Für andere gilt: Eine Voraussetzung für den Einsatz von KI ist die richtige Ausstattung mit Technologie.
Einsatzbereiche findet der Mittelstand laut der Studie »Künstliche Intelligenz im Mittelstand« der WiK Consult im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (Dez. 2023) zur Genüge: Automatisierung in Produktion, Kundenservice, Logistik und Lieferkettenmanagement, Vertrieb mit automatisierter Priorisierung, individualisiertes Marketing, Entwicklung oder Finanzmanagement. Ziele sind unter anderem Kosteneinsparung, erhöhte Effizienz und die Optimierung bestehender Prozesse und die Entwicklung neuer Geschäftsfelder durch innerbetriebliche Innovation.
Voraussetzungen für den KI-Einsatz bei KMU. (Quelle: WiK Consult)
Was ist die richtige Ausstattung mit Technologie?
Einfache Antwort: KI benötigt neue Compute-Kapazitäten, schnelle Datenübertragung in und zwischen Systemen und Plattformen, schnellen Speicher und die Möglichkeit, große Datensätze für die Analyse vorzuhalten. Also alles High-Performance? Nicht nur: Schließlich müssen die Daten auch gesichert, für Disaster-Recovery-Aufgaben und Archivierung für etwaige Compliance-Anforderungen vorgehalten werden.
Das macht die KI für KMU und Mittelstand mitunter recht komplex. Zwar hat jeder namhafte Anbieter KI-optimierte Storages im Angebot. In den wenigsten Fällen dürfte eine Appliance allein die erhofften, adäquaten Ergebnisse liefern.
Viele KI-Anwendungen arbeiten mit einer Kombination aus lokaler Infrastruktur, Cloud-Ressourcen und hybriden oder Multi-Cloud-Architekturen. Gerade für KMU ein Bereich, der mit externer Expertise vor Fehlinvestitionen und enttäuschten Erwartungen geschützt werden sollte. Und damit beginnt im ersten Schritt die Evaluation, sprich eine Datenklassifizierung oder auch die Identifizierung von Workload-Mustern, sowie die Definition von Zielen sind Voraussetzung. Ein Chatbot benötigt weniger Ressourcen als eine Deep-Learning-Anforderung.
Anforderungen an KI-Speicherarchitekturen:
1. Performance
Geringe Latenz und hohe I/O-Leistung sind Trumpf. Auf dem Wunschzettel steht eine parallel arbeitende, hoch performante I/O -Speichersystem-Architektur, die über Fabrics mit NVMe (NVMe-oF) kommuniziert und NAND-Flash (TLC oder günstiger QLC) und Storage Class Memory integriert, wobei Blöcke, Files und Container in einer Scale-out-Architektur verwaltet werden. Auf den Platinen arbeiten neben den CPU neuester Generation ausreichend GPUs, auch Compute Express Link (CXL) darf unterstützt werden. Wer Wünsche und Kosten abgleicht, und das tut der Mittelstand in der Regel, wird je nach Anforderung entsprechende Abstriche machen und dennoch Ziele erreichen können.
2. Skalierbarkeit
KI-Daten wachsen rasant. Hier muss der passende Mix gefunden werden für eine skalierbare Infrastruktur aus lokalen (SAN-)Systemen, Objektspeichern und eventuell Scale-out-Dateisystemen. Reine SAN-Systemlösungen dürften in Sachen Skalierbarkeit und Kosten weniger tauglich sein, die Cloud birgt Performance-Einschränkungen.
3. Verfügbarkeit und Beständigkeit
KI-Berechnungen können Tage oder Wochen dauern. Entsprechend werden Ressourcen beansprucht. Einzelne Komponenten sollten im Idealfall einfach austauschbar sein. Die Verfügbarkeit von Daten wird durch Storage-typische Sicherungsmechanismen für Ausfallsicherheit, Backup und Desaster Recovery oder Erasure Coding gewährleistet.
Auch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass eine KI-Infrastruktur ständigen Optimierungsbedarf mit sich bringt. Das beinhaltet auch Komponenten und deren Aktualisierung.
4. Integration
Eine desaggregierte Speichernetzwerkplattform muss sich möglichst nahtlos in die Compute-Umgebung und in das Netzwerk mit hoher Bandbreite integrieren und auch mit einzelnen System-Updates funktionieren. Allerdings: Egal wie sorgfältig man plant, einen Flaschenhals wird das Gesamtsystem behalten.
5. Preis: High-Performance und HDD?
KMU und Mittelstand versprechen sich wohl zurecht Optimierungen, Kosteneinsparungen und Innovations-Chancen, auch für neues Geschäft. Dennoch hängt das Ausmaß der KI-Einstiegs massiv vom Preis ab. Studien zum Return on Investment und Systemgesamtkosten sind uns nicht bekannt.
Einsatz von KI in deutschen Unternehmen 2023 (Quelle: Bitkom)
KI: Hybride Speicher die Zukunft
»Letztlich steht NVMe für Kosteneinsparung und Investitionssicherheit, auch und gerade für KMU und Mittelstand«, sagt beispielsweise Sven Meyerhofer, Geschäftsführer bei der N-TEC, auch mit Blick auf KI. »Für mittelständische Unternehmen sind NVMe-SANs eine lohnende Investition, um die IT-Infrastruktur zu modernisieren und die Leistungsfähigkeit zu steigern. Dies ermöglicht es mittelständischen Unternehmen, wettbewerbsfähig zu bleiben und auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet zu sein.«
Einen anderen Standpunkt zum Thema vertritt Hugo Bergmann, Senior Product Marketing Manager bei Seagate: »Laut mehrerer Analysten ist Flash nach wie vor sechsmal so teuer wie die HDD, und das wird sich absehbar nicht ändern. Deswegen behält die Festplatte auch im KI-Umfeld ihre Berechtigung.«
Nur ein Bruchteil der Unternehmensspeicher muss Echtzeit-Daten verarbeiten. (Bild: Seagate)
Die Weiterentwicklung an Speicherdichte und Kapazitäten laufe Kopf an Kopf weiter, nur dass der Gesamtbedarf allein durch Flash gar nicht gedeckt werden könne. Das sei aber auch nicht notwendig, da nur etwa zehn Prozent der aktiven Online-KI-Operationen den hoch performanten NAND Flash oder auch GPU-Unterstützung benötigen würden.
»Nachgelagert braucht auch KI mit LL-Modellen und Gen AI ein Datenarchiv«, meint Bergmann. »Schon aus Compliance-Gründen muss KI abgesichert werden. Wer es sich leisten möchte, kann dafür Flash nutzen, aber für diese Zwecke ist die moderne HDD absolut ausreichend und eben deutlich kosteneffizienter. Für uns ist eine hybride Architektur aus lokaler Festplatte und Flash auch im KI-Umfeld die Zukunft.«
KI im Mittelstand – die Entwicklung steht in vielerlei Hinsicht erst am Anfang. Das gilt auch für die Speicher-technische Umsetzung.