Wunschliste: Diese Aufgaben warten auf Dell Technologies
Es ist vollbracht: Dell und EMC sind seit Anfang September als Dell Technologies, nun als ein Unternehmen tätig. Nach wie vor stellt sich die Branche die Frage, wie geht es weiter bzw. geht das gut? Nachdem sich Doc Storage nach bekannt werden der Übernahme, kritisch mit dem Deal auseinandersetzte, hat er nun seine persönliche Wunschliste zu Dell/EMC erstellt, wie es aus seiner Sicht weitergehen soll, könnte oder müsste.
Meinung Doc Storage:
Anfang September haben die beiden Branchenriesen Dell und EMC nun endlich ihre Fusion bekannt gegeben. Viele erwarten, dass das ganze ablaufen wird wie »der Elefant kreißte und gebar eine Maus«, wieder andere befürchten, dass hier ein Gigant mit einer nicht mehr zu kontrollierenden Marktmacht entsteht, ähnlich wie der IBMs zur Mitte des letzten Jahrhunderts. Ich denke, vermutlich ist das Ganze in einem, spätestens zwei Jahren vergessen. Dell und EMC werden wie selbstverständlich zusammen auftreten und niemand wird sich daran erinnern können, dass es einmal ein »vorher« mit zum Teil blutigen Bieterschlachten zwischen beiden Unternehmen gegeben hat.
Hier einige Wünsche in zwei Teilen, die man als nicht ganz Unbeteiligter im Speichergeschäft an beide Firmen und das daraus entstehende Ergebnis hat. Heute die beiden »High-Level-Themen« Unternehmenskultur und Speichersysteme, in der kommenden Woche folgt dann ein Blick auf die einzelnen Produkte.
Dell/EMC: Unternehmenskultur
Kein anderes Unternehmen hat sich in seiner Geschichte als talentierteres Chamäleon erwiesen als EMC. Von Büromöbeln über Speicher für mittlere Datentechnik, Storage-Systeme und Software haben die Leute aus Hopkinton so ziemlich alles durch, was es in der ernstzunehmenden EDV mal so gegeben hat. Und alles mehr oder weniger als Marktführer, alles mehr oder weniger als der Hersteller, der die Buzzworte für viele Jahre vorgegeben hat, alles mehr oder weniger mit derselben Kernmannschaft.
Es gibt kaum ein Unternehmen der Branche, welches sich so oft ein neues Image in solch kurzem Zeitraum verpasst hat wie EMC. Es gibt kaum eines, welches vor allem in den letzten 15 Jahren ein so geschicktes Händchen beim Zukauf anderer Firmen hatte, man erinnere sich nur an Data General (Clariion), VMware, RSA, DataDomain oder Legato bis hin zu Documentum. Und die ersten Angestellten mit den zweistelligen Badge-Nummern sind noch da, wenn sie nicht schon in Pension gegangen sind. Das sagt, denke ich, alles.
Dell hingegen hat erst sehr spät registriert, dass man als PC-Lieferant allein kaum die großen Kunden der Welt erobern kann. Es brauchte über 20 Jahre, bis man sich traute, über den Tellerrand der Standard-IBM-kompatiblen Rechner hinauszuschauen und Netzwerk-, Speicher- sowie andere Komponenten anzubieten, die in Rechenzentren benötigt werden. Allerdings hat man es dabei nie wirklich geschafft, vom »PC-Hersteller mit weiteren Produkten« hin zu einem tatsächlichen Universalisten zu reifen. Auch nicht alle Zukäufe waren immer glücklich, die Integration gestaltete sich ein ums andere Mal holprig.
Wunsch: Zu hoffen bleibt, dass beide Unternehmen tatsächlich jeweils gleichberechtigt ihre bisherigen auf ihre ganz verschiedenen Arten sehr effizienten Wege beibehalten, ihr Geschäft zu bestreiten. Führungskräfte beider Firmen haben – natürlich – bereits bekräftigt, wie sehr sich beide Mannschaften mögen und wie wunderbar sie miteinander auskommen. Leider konnte man noch keine Kommentare erhaschen, wie es dem »einfachen Angestellten« mit dem Merger geht. Auch ist bisher nicht verlautbart worden, wie viele der Angestellten die Vereinigung mit ihrem Arbeitsplatz bezahlen müssen. Bei mehr als 111.000 Dell- und 60.000 EMC-Mitarbeitern dürfte es mehr als nur einige Redundanzen geben. Aber vielleicht nutzen beide Partner diese Gelegenheit nicht nur, um bei den Angestellten zuzuschlagen, sondern auch einmal, um die über Jahrzehnte gewachsenen Managementapparate auszudünnen. Im Ende muss Dell lernen, wie das Geschäft in der richtigen EDV oberhalb von Intel und AMD läuft. EMC wird sich dafür wohl oder übel, zumindest in Teilen, ins Massengeschäft stürzen müssen.
Dell/EMC: Speichersysteme
Beide Partner haben sich vor allem in den Jahren seit dem Jahrtausendwechsel ein selbst für die eigene Mannschaft unübersichtliches Portfolio an Produkten zusammengekauft. Dell aus der Richtung des PC-Herstellers, nun ergänzt durch Speicher- und Netzwerksysteme, Software sowie die heute offenbar unvermeidlichen Beratungs- und Dienstleistungen. EMC aus der Richtung des One-Trick-Ponys mit Symmetrix, nun flankiert durch alles, was der Herr hat in der Informatik groß und wichtig hat werden lassen. Waren beide Athleten bisher schon fast zu schwer zum Laufen, dürften nun harte Zeiten in den (hoffentlich gemeinsamen) Produkt-Management-Sitzungen bevorstehen. Selbst Nischen-Angebote wie Datenbankmanagement oder Verschlüsselung sind in beiden Häusern vorhanden, gar nicht zu reden von den nun zu Hauf im Regal liegenden Speicher-, Backup- und Virtualisierungs-Plattformen.
Wunsch: Für den Kunden das Beste wäre, wenn sich beide Partner in jedem Segment auf ein einziges Angebot einigen könnten. Allerdings dürfte dies beliebig schwierig werden, man denke nur einmal an die Übernahme von Data General durch EMC in den späten 90ern. Auf einmal gab es da einen Speicher, der wesentlich preiswerter war als das gewohnte Produkt, allerdings genauso schnell und irgendwann einmal auch genauso groß. Bis heute hat es EMC nicht fertiggebracht, eine klare Linie in ihre Landschaft mit Symmetrix, Clariion, Isilon oder Pivotal zu bringen. Überall gibt es Überschneidungen, vielfach kommen selbst die versiertesten Verkäufer und Systemingenieure vor dem Kunden ins Schwimmen.
Dell geht es mit Compellent und EqualLogic vielleicht weniger kompliziert, aber dennoch ähnlich. Der einzige Hirsch, der aus bekannten Gründen keine Konkurrenz auf der Lichtung zu fürchten hat, ist die gute alte Symm, heute AVMAX. Technisch und in puncto Zuverlässigkeit kann ihr keiner das Wasser reichen. Wir wollen hoffen, dass sie als einziges Produkt mit Anschlussmöglichkeiten für Mainframes – sprich »richtige« EDV – noch lange erhalten bleibt. Alle anderen Boxen müssen beide Partner nebeneinanderstellen, Pros und Contras sorgfältig abwägen und dann ein völlig neues, vor allem aber einheitliches Portfolio schnitzen.
Aus Sieben mach Zwei, höchstens Drei. Das wird schwer, aber das muss sein. Damit wird es allerdings nicht getan sein. In allen »Nebenbereichen«, sei es nun Backup, Archivierung, Hochgeschwindigkeit, Netzwerke oder Verwaltungs-Software, stehen ebenfalls mindestens zwei Lösungen zur Diskussion. Hier steht eine Menge Arbeit an, die allerdings getan sein will, wenn sich die Dell- und EMC-Mitarbeiter nicht gegenseitig und dann noch dem Kunden den letzten Nerv rauben wollen.
Fazit: Keine interne Konkurrenz schaffen
Beide Hersteller werden sich von vielen lieben Gewohnheiten trennen sowie schnell und effizient das Geschäft des jeweils anderen verstehen müssen. Dell und EMC liefen bisher eher nebeneinander her und beharkten sich lediglich an einigen Rändern ihres Geschäftes, das dürfte in Zukunft wesentlich anders werden. Das gemeinsame Portfolio birgt zu viele Überschneidungen, viele Zukäufe der letzten Jahre decken dieselben oder zumindest sehr ähnliche Spezifikationen ab. Hier wird es zu Streichungen kommen müssen, nicht nur im Interesse von Synergien, sondern auch und vor allem im Interesse der Kunden.
Vielleicht hat ja die neue Führungsmannschaft ein Einsehen und regelt das ganze nach dem alten Motto »Schuster bleib bei Deinen Leisten«, überlässt jedem der Beteiligten seinen jeweils traditionell angestammten Platz und damit das, was er eben doch am besten kann. Dell liefert die Rechner und die zugehörige Peripherie, EMC kümmert sich ums Speichergeschäft. Aber das ist eben nur ein hehrer Wunsch.
In einem zweiten Teil dieser Kolumne betrachten wir die Produktspektren beider Hersteller. Bis dahin, was sind Ihre Wünsche an Dell Technologies oder Befürchtungen?
Gruß
Doc Storage