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Happy Birthday: Die Festplatte wird 60

Vor 60 Jahren brachte IBM die erste Festplatte auf den Markt. Wir nehmen das Jubiläum zum Anlass und rekapitulieren den Werdegang der Festplatte von fünf MByte in Schrankgröße hin zur 10-TByte-HDD. speicherguide.de Chefredakteur Karl Fröhlich sprach mit Günther Kalina, der die ersten Platten nach Deutschland importierte und zeigt seine persönlichen Meilensteine auf.

Die erste Festplatte: IBM 350 für den IBM-Computer 305 RAMAC (Bild: IBM).Die erste Festplatte: IBM 350 für den IBM-Computer 305 RAMACWow, die Festplatte feiert heuer ihren sechzigsten Geburtstag und ist damit nur zehn Jahre älter als ich. Wir nehmen dieses Jubiläum zum Anlass für einen Rückblick und ein paar Anekdoten aus der Anfangszeit des PCs. Sagen wir wie es ist, der digitalen Steinzeit. Anders kann man es nicht nennen, denn die erste IBM-Festplatte, aus dem Jahre 1956, lässt sich mit der heutigen Generation kaum vergleichen. Sie war mit 500 Kilogramm ein Schrank. Und, dass dieses Ungetüm mit seinen fünf MByte quasi ein Meilenstein der IT-Technik sein soll, kann man sich heute kaum vorstellen.

Festplattenpionier Al Shugart, Seagate mit CTT-Gründer Günther Kalina (Bild: CTT).Festplattenpionier Al Shugart, Seagate mit CTT-Gründer Günther Kalina.»Für 650 US-Dollar pro Monat hat IBM die Platte an Forschungseinrichtungen und Unternehmen vermietet«, erinnert sich Günther Kalina, Vorstand beim Münchener IT-Distributor CTT. Gegründet im Jahr 1979, gehört CTT zu den wenigen – oder, wie ich meine, sogar der einzige Distributor – der die Anfänge des PC-Zeitalters miterlebt hat und bis heute am Markt aktiv ist. Schon früh hatte Kalina den Schwerpunkt im Bereich Storage gesetzt.

»Wir waren 1982 der erste ausländische Kunde von Seagate«, erzählt Kalina. »Die erste Festplatte, die wir in Deutschland verkauft haben, hatte fünf MByte, einen 5,25-Zoll-Formfaktor volle Bauhöhe und ein ST506-Interface.« Das Laufwerk kostete damals rund 300 US-Dollar. Um es zu betreiben benötigte man allerdings einen Controller und den gab es nur von der englischen Firma Xebec, zu einem Preis, der den der Festplatte deutlich überstieg.

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ST506 ebnete dem PC den Weg

Wie schnelllebig die Festplatten-Entwicklung sein könnte, konnte man damals bereits erahnen. »Seinen Durchbruch hatte die Harddisk 1980 mit der vom Festplattengenie Al Shugart im Silicon Valley entworfenen ST506«, meint Kalina. »Die war zwar mit 1.000 Dollar für fünf MByte Speicherplatz immer noch sehr teuer, aber sie konnte ein kompaktes 5,25-Zoll-Format aufweisen und bildete die Grundlage für den phänomenalen Aufstieg des PC und der heutigen Betriebssysteme. Was für uns heute selbstverständlich ist, hat erst die ST506 ermöglicht.« Zwei Jahre später konnte die Platte bereits für 300 Dollar angeboten werden.

Ohne diesen Meilenstein, ohne einer massentauglichen Festplatte, hätte der PC nicht diese Erfolgsgeschichte hingelegt. Ohne die Festplatte wäre beispielsweise auch Bill Gates nicht der reichste Mensch der Erde geworden. Zur Erinnerung, Shugart gründete 1978 Seagate Technology zusammen mit Finis Conner und Tom Mitchell.

Das »farbige« PC-Zeitalter begann mit 40 MByte und ATA

Karl Fröhlich mit seinen Platten: 5,25 Zoll volle Bauhöhe bis zur 2,5-Zoll-HDD und der neuen 10-TByte-Ironwolf.Karl Fröhlich mit seinen Platten: 5,25 Zoll volle Bauhöhe bis zur 2,5-Zoll-HDD und der neuen 10-TByte-Ironwolf.Meinen persönlichen Erstkontakt hatte ich 1989, als Service-Techniker für Plattenlaufwerke bei NEC Deutschland. Also direkt beim Hersteller. Damals war gerade der Übergang von 5,25 Zoll zu 3,5 Zoll, von 20 auf 40 MByte und auch ATA schickte sich an ST506 als Standardschnittstelle abzulösen. Rückblickend betrachtet, erscheint es mir als Ding der Unmöglichkeit, dass man damit etwas Vernünftiges anfangen konnte. Allerdings bot der PC damals nicht einmal einen Bruchteil der heutigen Möglichkeiten. Textverarbeitung war mit Word, im Vergleich zur Schreibmaschine zwar ein unglaublicher Fortschritt, aber die selbstverständliche Bedienung mit der Maus und den vielen Desktop-Publishing-Funktionen (den Begriff kennt heute auch keiner mehr) sollte erst später kommen. 1990 wurde es mit Windows 3.1 richtig bunt und farbig auf den Bildschirmen.

Eine NEC D5655 mit ESDI und 150 MByte (Bild: speicherguide.de).Eine NEC D5655 mit ESDI und 150 MByte.Mein erster Desktop-PC war ein selbstzusammengeschraubter 386SX mit einer NEC D3142. Die hatte 40 MByte und ein ST412-Interface (minimale Weiterentwicklung von ST506). Danach setzte ich auf eine ESDI-Platte (Enhanced Small Disk Interface) mit einer NEC D5655 mit 150 MByte. Für damalige Verhältnisse war das grandios, zumal im 5,25-Zoll-Formfaktor mit halber Bauhöhe. Das Laufwerk habe ich übrigens immer noch. Zumindest gehe ich davon aus, dass es diese Platte ist.

Das nächste Highlight folgte für mich 1992. Damals brachte Micropolis die erste 3,5-Zoll-Festplatte (volle Bauhöhe) mit einem GByte auf den Markt. Ich gehörte zu den ersten Technikern, die dieses Laufwerk auf dem Tisch hatten. Also direkt nach dem Wolfgang Binner, seinerzeit Chef-Techniker bei Micropolis. Damals kamen auch die ersten Disk-Arrays nach Deutschland. Micropolis hatte hier das RAIDION in Petto. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich das RAID-Konzept am Telefon erklärt habe. Micropolis gehört zwar damals zu den Pionieren, vor der Pleite rettete es den Hersteller leider nicht.

Mit USB kam der Durchbruch im Massenmarkt

Es folgten natürlich diverse technische Anpassungen sowie neue Aufzeichnungsformate und Schnittstellen bis hin zu den heute gültigen SATA- und SAS-Interfaces. Ein weiterer Meilenstein war für mich aber USB zusammen mit Windows 98. In einem Artikel für die Computer Reseller News (CRN) hatte ich Ende 1998 geschrieben, dass laut den Marktforschern von Dataquest 1998 alle PCs mit USB-Schnittstelle ausgestattet waren. USB 1.1 war aber noch nicht wirklich performant. Der eigentliche Durchbruch kam Anfang der 2000er Jahre mit USB 2.0. Ab dem Moment waren externe Festplatten für jeden einsetzbar, ausriechend schnell und vor allem unkompliziert in der Handhabung. Vorher musste man den PC aufschrauben, um eine zweite HDD einzubauen. Das war nur für fortgeschrittene User ein Thema. Ansonsten blieb nur der Anschluss über eine teure SCSI-Lösung oder die Parallel-Schnittstelle. Parallel war aber weder schnell, noch unkompliziert in der Handhabung. Mit USB sollte sich dies alles ändern.

Trotz SSD stirbt die HDD nicht so schnell

Heute sind wir bei zehn TByte pro Disk angekommen. Während vor rund zehn Jahren eine zweite Festplatte noch etwas Besonderes war, hat heute nahezu jeder Anwender mehrere (externe) Laufwerke zuhause. Der Preis pro GByte liegt aktuell im Schnitt bei 0,04 bis 0,05 Euro. Eine 3-TByte-Platte kostet gerade mal etwas über 100 Euro.

Die Festplatte wird und sicher noch über Jahrzehnte begleiten. Natürlich wächst der Druck von Seiten der SSD (Solid-State-Disk), aber der Tod, wie von Flash-Seite gerne propagiert wird, der wird nicht so schnell eintreten. Auch wenn in meinem Arbeitsplatzrechner derzeit eine Samsung-SSD 840 EVO mit einem TByte als Systemdisk dient. Als Datenlaufwerk kommt eine Toshiba DT01ACA100 ebenfalls mit einem TByte zum Einsatz sowie eine 6-TByte-NAS-Systeme. Beide sind mittlerweile längst zu klein und bedürfen einem dringenden Upgrade. Wenn ich nur mehr Zeit hätte…

Die Zukunft der Festplatte

»Die Steigerung der Speicherdichte wird immer weiter zunehmen, auch wenn die Sprünge in den letzten Jahren kleiner geworden sind«, resümiert Henrique Atzkern, Customer Technical Support Staff Engineer bei Seagate. »Darüber hinaus sind noch weitere Technologien in der Pipeline wie 2-Dimensional-Magnetic-Recording und auch HAMR. SSDs werden sicher immer mehr den Primärspeicher darstellen, aber die Kapazität, die das digitale Universum verlangt, ist nur als Kombination aller Speichertechnologien realisierbar. HDDs werden also nicht vom Markt verschwinden. Im Gegenteil: Festplatten sind nach wie vor sehr beliebt, da sie einen deutlich günstigeren Preis pro GByte aufweisen.«

Dass es mit der Festplatte auch nach 60 Jahren noch nicht zu Ende geht, darüber sind sich alle Experten einig. Auch wenn es heute mit Seagate, Toshiba und Western Digital nur noch drei große Hersteller gibt. Allein Seagate hat eigenen Aussagen zufolge über zwei Milliarden Festplatten gebaut, wovon wohl mehr als eine Milliarde im Einsatz sein sollen.

Wer hat Anekdoten zur Festplatte für uns?

Wir werden das Thema in den nächsten Tagen noch ein bisschen weitertreiben und die Festplatte ein wenig hochleben lassen bzw. in alten Zeiten schwelgen. Lest hierzu auch den Erstkontakt unseres Doc Storage mit einer Commodore A590.

Schreibt uns gerne eine Anekdote von Euch und euren ersten Platten in den Kommentar. Zudem bauen wir eine Bildergalerie mit »alten Platten« und Speichermedien auf. Wer hier noch Material für uns hat, bitte schicken an redaktion@speicherguide.de. Vielen Dank im Voraus.

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