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»Der optische Archivmarkt ist nach wie vor existent«

Lebt der Markt für Optical-Disk-Systeme noch, oder ist er eher im Abschwung begriffen? Ein Interview mit Herrn Jörg Eckhard von Dmsfactory auf unserem Schwesterportal ECMguide.de vermittelt den Eindruck, dass die Befürworterfront bröckelt. Dem ist jedoch absolut nicht so, betont Jan Brustkern, Geschäftsführer des Storage-VADs INCOM Storage, im Gespräch mit uns. Der optische Archivmarkt sei nicht nur existent, er wachse sogar auch wieder.

Herr Brustkern, Sie gehen im Gegensatz zu Herrn Eckhard von Dmsfactory nicht davon aus, dass Hersteller aus optischen Speichersystemen aussteigen?

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Jan Brustkern
Brustkern: Nein. Es gibt vor allem keinen Ausstieg führender Hersteller aus der Produktion optischer Medien. Das Angebot professioneller optischer Medien wie zum Beispiel CD-R, DVD-R und BD-R ist nämlich unverändert groß – ein Ausstieg großer Anbieter ist mir nicht bekannt. Außerdem gibt es eine attraktive Roadmap für optische Speichermedien, wie die Verfügbarkeit der neuen BDXL-Medien mit 100 GByte beweist. Umsatzrückgänge im Absatz dieser Produkte kommen vorwiegend aus dem Consumerbereich. Nach meiner Information haben weder die Jukebox-Hersteller Disc und ASTI/Plasmon noch der Serviceprovider Kodak einen Wartungsvertrag gekündigt oder eine Verlängerung verweigert. Ebenso verhält es sich bei uns, wobei wir ja zusätzlich auch noch der zertifizierte Serviceprovider für die JVC-Jukeboxen sind. Dem vermittelten Eindruck, dass es ein massives Problem gibt, laufende Jukebox-Systeme weiter zu warten, muss ich daher vehement widersprechen.

Aber bei der Herstellerlandschaft optischer Speichersysteme hat sich mit dem Verschwinden von JVC, Disc, HP und Plasmon doch einiges getan?

Brustkern: Zum einen: Nur ein Jukebox-Hersteller hat die Produktion eingestellt, und das ist JVC. Zu den Herstellern von optischen Speichersystemen zähle ich im Übrigen auch die Hersteller von Autoloadern und Publishing-Systemen, wie beispielsweise Primera, Epson, Rimage und LSK, und die sind alle noch da. Disc und Plasmon wurden von anderen Unternehmen übernommen. Deren aktuelle Produkte befinden sich alle bei uns im aktiven Vertrieb. Übersehen und vielleicht gar nicht bekannt ist, dass wir seit letztem Jahr als europäischer Repräsentant die HIT-Jukeboxen vertreiben. HIT produziert in China und hat sich inzwischen recht unbemerkt die Marktführerschaft bei den optischen Jukebox-Systemen erkämpft. Mit über 150 in China installierten Systemen und durch unseren europaweiten Vertrieb wird HIT mit den produzierten und verkauften Stückzahlen seinen Marktanteil weiter steigern.

Mit unserer Einschätzung »Die Optical-Disk-Systeme gehen im Archivierungssegment ihrem End-of-Life entgegen« können Sie also überhaupt nicht leben…

Brustkern: Ganz und gar nicht. Der optische Archivmarkt ist nach wie vor existent, und wird angesichts der langfristig aufzuhebenden Datenmengen keinesfalls verschwinden, sondern wachsen. Die Gründe sind sehr vielfältig und bei einer objektiveren Betrachtung nicht von der Hand zu weisen. Über die Vorteile von optischen Archivsystemen wurde schon viel geschrieben, auch bei Ihnen bei ECMguide.de und speicherguide.de gibt es viele Beiträge.

Dann gibt es noch den Punkt der angeblich auslaufenden Wartungsverträge…

Brustkern: Dazu kann ich nur sagen: Für unsere Installationsbasis der JVC-Systeme bestehen viele Wartungsverträge, die wir unverändert fortsetzen. Einen Ausstieg aus Wartungsverträgen (die wir auch für Disc, Plasmon und HIT abschließen) gibt es bei uns nicht! Wir nehmen unsere Verpflichtung, den Betrieb einer Archivhardware langfristig sicherzustellen, sehr ernst, und haben bisher nicht einen einzigen Wartungsvertrag aufgekündigt oder eine Verlängerung verweigert. Auch die Ersatzteilsituation ist gesichert – insbesondere für die JVC-Installationsbasis. In manchen Bereichen (zum Beispiel NSM/Disc) bevorraten wir mehr Ersatzteile als der Hersteller selber.

Das ist die Situation bei Ihnen. Aber haben evtl. andere Marktteilnehmer ihre Wartungsverträge gekündigt?

Brustkern: Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass ein Marktteilnehmer, der früher Jukebox-Systeme mit 3rd-Party-Wartungsverträgen verkauft hat, seinem Kunden mit der Begründung, es gäbe diese Wartung nicht mehr, lieber etwas anderes verkauft hat. Ich lege aber großen Wert darauf, dass Incom für alle Jukeboxen der Hersteller Disc, JVC, ASTI/Plasmon und neuerdings auch HIT Serviceverträge anbietet und auch fortführt. Der Sachverhalt, den Herr Eckhard anspricht, kann eigentlich nur von früheren Anbietern optischer Systeme behauptet werden, die es heute vorziehen, einseitig festplattenbasierte Archivlösungen zu vermarkten. Eine andere Erklärung habe ich nicht.

Da müssen wir Ihnen zustimmen: Die Flut von News-Meldungen seitens festplattenbasierter Archivlösungen hat in den letzten ein, zwei Jahren deutlich zugenommen. Da ist es aber in der Öffentlichkeitswahrnehmung wirklich kontraproduktiv, wenn ein Unternehmen wie Alliance Storage Technologies (ASTI), das Plasmon übernahm, sich im Marketing drastisch zurücknimmt. Stimmen Sie uns zu, dass hier einfach der normale Anwender den Eindruck bekommen muss, dass sich hier nichts mehr tut?

Brustkern: Dieser Eindruck ist natürlich begründet. Manch ein DMS-Haus hat die Angebote der marktführenden Storage-Hersteller genutzt, um sich aus der Mitverantwortung in der Auswahl der Archivspeicher herauszunehmen und auf das DMS-Softwaregeschäft zu konzentrieren. Inzwischen ist aber vielerorts Ernüchterung eingetreten und die Anwender müssen schmerzlich zur Kenntnis nehmen, was es heißt, große Datenmengen aus einem proprietären CAS-System »herauszumigrieren«. Mit einem optischen System bekomme ich standardisierte Medien, die in jedem optischen Standardlaufwerke gelesen werden können. Der Anwender bleibt Herr seiner eigenen Daten – das alleine erhöht die Datensicherheit ungemein.

Hört sich fast an wie der Kampf David gegen Goliath…

Brustkern: Natürlich haben einige Hersteller im Kampf David gegen Goliath Boden verloren. Für den Anwender sind aber nicht die Höhe der Marketingausgaben entscheidend, sondern die Frage, wie seine Archivdaten langfristig sicher und kostengünstig aufgehoben werden können. Wer diese Frage sorgsam prüft, wird sehr schnell erkennen, dass die Frage nach der richtigen Speichertechnologie ganz wesentlich von der Art der Daten, den gesetzlichen Vorgaben und ihrer Nutzung abhängig ist. Wir behaupten ja nicht, dass nur die optische Technologie der Stein der Weisen ist. Alle Technologien kommen je nach Anwendung in Frage und in vielen Fällen kommt es auf die richtige Mischung an, bei der auch SSD und Cloúd-Angebote einbezogen werden müssen.

Aber wir müssen doch festhalten, dass sich im Optical-Disk-Segment kaum noch etwas Nennenswertes tut. Das, was an echten Neuheitenankündigungen bei uns eintrifft, lässt sich an maximal zwei Händen im Jahr abzählen.

Brustkern: Dem möchte ich zunächst etwas plakativ entgegenhalten, dass es für eine langfristige Datenhaltung ja nicht darauf ankommt, dass ich jedes Jahr unzählige Neuheiten verzeichnen kann. Ein großes Problem zum Beispiel bei RAID-Systemen besteht doch gerade darin, dass ich schon nach wenigen Jahren die darin verbauten Festplatten nicht mehr bekommen kann. Bei Archivdaten ist es von großem Vorteil, wenn mein Speichermedium über den gesamt Zeitraum seiner Lebensdauer in abwärtskompatiblen Laufwerken gelesen werden kann. Die bisherige Entwicklung der optischen Medien und Laufwerke hat seit 1988 gerade mal vier Generationen erlebt: CD, DVD, BD und BDXL. Und bis zur aktuellen Generation der BDXL-Laufwerke können alle Medien der Vorgängergenerationen gelesen werden – also über eine Zeitraum von mehr als 20 Jahren. Es gibt kein anderes Medium in der IT, mit dem das möglich ist. Die langsame Weiterentwicklung ist im Hinblick auf die Archivierung also eher ein Vorteil und die Roadmap ist noch lange nicht zu Ende. Für das Speichern sehr großer Datenmengen liegt die Zukunft in der optischen Speichertechnologie. Trotzdem gibt es bei uns wichtige Neuerungen: vor allem eine einfachere Integration und Administration der optischen Systeme in die vorhandene Speicherinfrastruktur. Die neuen NAS-Module mit ihrem integrierten Speichermanagement erleichtern die Installation, und helfen dabei die Servicekosten zu senken.

Dass Jukebox-Systeme angeblich eher anfällig sind, halten Sie für ein primitives Vorurteil?

Brustkern: Es ist eine ebenfalls gerne verbreitete Mär, dass Jukebox-Systeme anfällig und unzuverlässig seien. Incom vertreibt optische Speicher- und Jukebox-Systeme seit 20 Jahren und kann belegen, dass die Fehlerrate der Robotik unter ein Prozent liegt. Die häufigsten Fehlerursachen sind bei den Laufwerken zu finden, was aber bei der langen Einsatzdauer von zehn Jahren und mehr auf den Verschleiß der Lasereinheit zurückzuführen ist. Im Gegensatz zu einer Festplatte ist der Ausfall eines optischen Laufwerks aber nie mit einem Datenverlust verbunden. Unsere Kunden haben auch – anders als das gerne behauptet wird – keinen Datenverlust durch Oberflächenveränderungen der Medien erlitten; zumindest dann nicht, wenn die von uns gelieferten professionellen und für ihre Langlebigkeit zertifizierten Medien benutzt wurden.

Sie sind sich also sicher, dass die Anwender noch lange mit Optical-Disk-Systemen zufrieden sein werden?

Brustkern: Absolut! Insgesamt entsprechen die Aussagen von Herrn Eckhard von Dmsfactory den bekannten Versuchen, eine Wettbewerbstechnologie zu diskreditieren – nur, dass diesmal bewusst mit falschen Behauptungen operiert wird.

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