Schneller auf Daten warten: Die NVMe-Strategie – Teil 1
Bei einem Rennwagen wissen die Kenner sofort: Ein Motor mit vielen PS (KW) macht Eindruck, doch schnell wird der Bolide durch ganz andere Komponenten. Anpressdruck, Gummimischung, Windschnittigkeit und viele andere Feinheiten mehr. In der IT haben die Macher mit NVMe-Flash ein ähnliches Problem: Der Speicher »idlet« so vor sich hin. Was läuft da falsch?
: So verbindet Storage-Class-Memory Flash und DRAM (Bild: Netlist).Noch kein Jahr alt ist eine interessante Gartner-Analyse über »die Zukunft von High-Performance-Storage«. Aus Sicht von speicherguide.de ist das zu eng gefasst. Wir hätten es vorgezogen, wenn man von High-Speed Data-Computing gesprochen hätte, da rasend schnelle Speichersysteme nur die Voraussetzung sind.
Das Gartner-Papier ist im Vorfeld zahlreicher NVMe-Produktankündigungen erschienen, die beim Kommunikationsprotokoll per optimiertem Befehlssatz und Software Flash-Speicher schneller machen. Es entspricht den Vorteilen des SCSI-Protokoll verglichen mit IDE und ATA zu seiner Zeit.
NVMe-Flash: Schneller auf die Daten warten
Persistant Memory: Das 8-GByte-NVDIMM-Modul ist ein Zwitter aus DRAM und Flash (Bild: HPE)Wer jetzt gleich an »toll, noch mehr Speed« denkt, den warnen die Autoren Arun Chandrasekan, Joseph Unsworth und Julia Palmer. Im Prinzip ist NVMe-Flash nämlich um einiges besser als Flash und gleich noch viel besser als fast alle Software-Anwendungen. Doch was macht man jetzt mit dieser Performance? Was sind die Stellschrauben, an denen man drehen muss? In welche Richtung soll man seine IT und hier im speziellen die Speichertechnik entwickeln? Es geht global, so dass häufig geäußerte Ziel der Hersteller, um eine Compute- und Storage-Umgebung, die weniger Strom verbraucht und alles ganz schnell kann und nicht zuletzt – dank dem häufig beschworenen Preisverfall – bei Halbleitern auch irgendwann alles billiger macht. Wer da zu schnell agiert und aufs falsche Pferd setzt, der könnte viel Geld in den Sand setzen, glauben die Autoren.
Auf der Hardware-Seite gibt es inzwischen ein vermehrtes Angebot an NVMe-Drives und Arrays. Auch sieht man die ersten Versuche Flash-Speicher mit NVMe-Protokoll auszustatten und gemeinsam mit DRAM-Cache zum Storage-Class-Memory auszubauen. Ob beide Linien auf Dauer eine Existenzberechtigung haben, ist derzeit ziemlich unklar. Viel wird von der Anwendungs-Software-Entwicklung abhängen, die langsam Vorteile aus dem schnellerem Speicher zieht, viel schneller Ergebnisse liefern wird, die aber auch eine beschleunigte Anpassung aller darauf aufsetzenden Geschäftsprozesse zur Folge haben wird. Und das wäre dann eine Herkulesaufgabe.
Risikobereitschaft kontra richtiger Zeitpunkt
Neben diesen Visionen liegen die Risiken dieser Entwicklung offen auf der Hand. Einerseits ist es für Anwender fast zwingend, den Einstieg in diese Entwicklung nicht zu verschlafen, andererseits werden auf Anbieterseite so viele Startups und Hersteller tätig werden, dass man mit einer frühzeitigen Fixierung schnell aufs falsche Pferd setzen könnte.
Gartner erteilt deswegen folgende Empfehlungen:
- Eine Roadmap mit Skalierungs- und Belastbarkeitsgarantien einfordern. Die versprochene Performance im Produktivbetrieb bestätigen, Einsparungspotenzial überwachen und sich nicht auf die zeitgerechte Einhaltung der Hersteller-Roadmap verlassen.
- Erstmal auf NVMe-Flash mit PCIe-Schnittstelle setzen, um bestmögliche Latenzzeiten für In-Memory-Datenbanken ausnutzen zu können. Zusätzliche Latenzen durch Shared Storage vermeiden.
- Auf den nächsten Schritt mit NVMeoF (NVMe over Fabric) vorbereiten. Dazu sicherstellen, dass der Haus- und Hoflieferant diese technische Entwicklung innerhalb der nächsten anderthalb bis zwei Jahre mitträgt.
- Umsatzträchtige Einsatzgebiete identifizieren und darauf aufpassen, dass die wichtigen Standards wie HDFS unterstützt werden, um Abhängigkeiten zu vermeiden und den Preisverfall führender Techniken mitzunehmen.
- Wann immer möglich, innovative alternative Halbleiter-Speichertechniken ausprobieren, die taktische Vorteile versprechen, auch wenn das Innovationspotential im Produktivbetrieb noch weitgehend unbestätigt ist.
So reiht sich NVDIMM in die Geschwindigkeitsklassen ein (Bild: Micron Technology)Die letztere Empfehlung bezieht sich auf das »revolutionäre« 3D Xpoint, das so langsam aus dem Einsatzbereich Cache heraustritt. Die beiden Entwicklungspartner, geeint als IM Flash Technologies (IMFT) trennten sich offiziell im Januar 2018 und wollen die NVM-Technologie unter den Produktnamen Optane (Intel) und QuantX (Micron) vermarkten.
Doch die anfänglichen Versprechen von »1000x« besser als Flash, haben sich vorerst nicht erfüllt und der Anwender darf für die vergleichsweise 10fach bessere Latenzzeit den siebenfachen $/GByte-Preis zahlen. Das wird nach Einschätzung von Gartner auch bis ins Jahr 2021 so bleiben.
Ein zweiter strategischer Gesichtspunkt ist die zögerliche Software-Entwicklung bei NVDIMMs in Sachen VM, Überwachung (Monitoring) und Einsatzfähigkeit (Health), die in den Geschmacksrichtungen -N, -F und -P die Entwicklungslinien bei Storage-Class-Memory darstellen. Das wird wohl noch bis mindestens 2020 so bleiben.
Davon abhängig ist allerdings auch die Entwicklung von NVMe-Fabrics. Da bis dato kein Standard verabschiedet ist, werden zirka 50 Prozent der Startups bis 2022 vom Markt aufgesogen oder werden sich »freiwillig« mit ihrer innovativen Idee verabschieden. NVMe zeigt derzeit die beiden Seiten der Innovations-Medaille sehr fokussiert: sehr vielversprechend, aber hohes Risiko.
- SSD: 2018 bringt den Durchbruch für NVMe
- Datacenter: Hohes Einsparpotenzial durch 3D bei DRAM & Flash
- Technische Grundlagen: Einführung in NVMe
- UNH bietet Interoperabilitäts-Tests für NVMe-oF und NVMe-oE
- So eignet sich Flash über PCIe
- Doc Storage: Was ist NVMe?
- Doc Storage: Was sind NVDIMMs?
- Doc Storage: Was ist Persistent-Memory?