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Antworten auf einige CeBIT-Kommentare

Keine Leserfrage, sondern in eigener Sache: Die Kolumne von unserem Doc. tec. Storage über die CeBIT 2015 wurde – erwartungsgemäß – mit einigen Kommentaren bedacht. Der Beitrag sollte natürlich auch polarisieren. Nachdem die Antworten des Doc's etwas umfangreicher ausfallen, machen wir hierfür noch einen neuen Artikel auf. Hier noch der Link zur Ursprungskolumne »Das Wort zur CeBIT: Danke, das wars«.

Kolumne Doc Storage:

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die zahlreichen Kommentare. Die Redaktion und ich freuen uns wirklich über jede Wortmeldung. Natürlich bin ich mir bewusst, dass meine Beiträge oft polarisieren. Dies ist natürlich gewollt und zum Teil auch bewusst provoziert. Lesen Sie bitte meine folgenden Antworten in dem entsprechenden Kontext. Nix für ungut.

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Antwort an DrUKff

Man sehnt sich nicht nach den fulminanten Storage-Schränken, und wenn man sie sehen will, sind sie ja noch da – bei IBM und anderen in Halle 2. Die Annahme, dass diese Schränke, egal ob es nun monolitische oder aus Kleinstsystemen zusammengesetzte sind, mit dem Auftauchen der Cloud verschwunden sind, folgt ja auch eher dem guten alten Spruch »aus dem Auge, aus dem Sinn«. Sie sind da noch, wenn auch heute von einer Wolke umgeben wie weiland der gute alte King Kong auf seiner Insel. Irgendwo hin müssen die Daten, selbst in der Cloud, und zur Massendatenhaltung sind die bisherigen Ansätze, die die Monolithen ersetzen sollten, allesamt ungeeignet.

Bezugnehmend auf den Project-Consult-Artikel nehme ich mir folgende freche Bemerkungen heraus: Es gibt keine »neuen Entwicklungen«, Punkt, Ende, Aus! Und es gibt keine »Vibes« mehr, wie sie es früher gab, als der Interessierte noch durch Halle 1 empfangen und auf alles Neue in einem Jahr eingestimmt wurde. Da wird hier ein wenig an einer ohnehin schon bis zur Unbedienbarkeit ausgestatteten Software angebaut und noch ein Feature gebracht, das man schon vor zwei Jahren angekündigt hatte. Hardwareseitig hat man sich ja sowieso schon an den Nicht-Fortschritt gewöhnt –oder will mir hier allen Ernstes irgendjemand erklären, dass Taschenspielertricks wie Helium in Festplatten »Fortschritt« sind?

Innovationen gab es reichlich? Da müssen wir uns aber vorher noch einmal über den Begriff unterhalten, und ich wäre sehr gespannt, unter welchem Teppich in welchem Gang welcher Halle sich diese verborgen hielten. Die in der Nachricht genannten tun auch nichts anderes, als bereits verankerte Denkmuster neu zu kompilieren und vielleicht andere, aber kaum neue Ergebnisse damit zu erzielen. Der einzige Effekt, den ich dort in den genannten Hallen jenseits der Fußläufigkeitsgrenze finden konnte, war ein verschwenderischer Umgang mit Systemressourcen von Menschen, die das Sparen auf diesem Gebiet niemals gelernt haben. Und dass dieser – man bitte mir mein hartes Wording zu entschuldigen – Social-Media-Mobile-Analytics-und-Cloud-Blödsinn allen Ernstes nun schon bis zur ehrwürdigen »zSeries« der Blauen Mutter durchgedrungen ist, erzeugt einem eher eine Träne des Mitleids als einen Laut der Bewunderung. Die hier als neu angepriesenen »Lösungen« (einfach »Software“ darf es ja nicht mehr sein bei den bossberockten rolextragenden Jünglingen, die nun unsere Branche durchseuchen) wie der Bäcker mit eigener Internetseite, die Schullösung mit Stundenplan oder die Software fürs Restaurant sind entweder bereits seit Jahrzehnten am Markt oder so überflüssig wie ein eckiges Rad. Was soll mir der Bäcker mitteilen? Wie viele Brötchen welcher Sorte er zu welchem Zeitpunkt im Angebot hat? Das mit dem Stundenplan hat sich in der heutigen Schulrealität mit über 20 Prozent spontanen Ausfällen und Änderungen sowieso erledigt, und in einem Restaurant hätte ich gern einen Kellner und eine Speisekarte inklusive Beratung zu einem guten Wein, sonst kann ich gleich irgendeinen Dienst bringen lassen.

Und die ewigen Lästereien über Legacy-Systeme kann ich auch bald nicht mehr lesen und hören. (Fast) alle deutschen Versicherer und Banken sind im Untergrund entweder mit BS2000- oder zOS-Systemen ausgerüstet, und verdanken diesen Rechnern größtenteils ihre datenverarbeitungstechnische Existenz. Diese Rechner sind in der Lage, so viele I/Os in so kurzer Zeit durchzuziehen, wie es kilometerlange Fluchten an sogenannten »offenen« Systemen nicht wären. Und dabei so stabil zu laufen, dass eine (fast) hundertprozentige Verfügbarkeit nicht gleich Gelächter bei den Anwendern auslöst. Es ist schon eine Verhohnepipelung der dort seit Jahrzehnten laufenden Rechner und Anwendungen, sich immer wieder unterschwellig über »legacy« lustig zu machen. Zu unflexibel, zu alt, zu verschlossen. Nein: schnell, stabil und nicht zu hacken, diese Werte werden immer gern vergessen. Oder hat schon einmal jemand RACF, ACF2 oder andere Sicherheitssysteme überwunden? Nur weil sich die offene Gemeinde heute zu fein ist, richtige EDV zu lernen, die eben nichts mit den Datendarstellungssystemen auf x86-Basis zu tun hat, lasse ich mir nicht auf diesen rumtrampeln.

Also: Innovationen – kaum, Stimmung – na, meinetwegen, Kontakte – gut, wo sonst?

Antwort auf gnu

Was hat denn bitteschön B2B mit der CeBIT zu tun? Einerseits möchte man Social, Mobile und diesen ganzen anderen Firlefanz, dessen Daten ja wohl vom Endverbraucher (hier wohl eher Enderzeuger) dargeboten werden, nach vorn treiben, auf der anderen Seite aber schön das Quotenvieh draußen lassen? Was ist denn das für eine »Philosophie«? Und ja, die Journalisten zählen zum »Fachpublikum«, aber darüber haben wir schon vor zehn Jahren herzlich gelacht, oder…?

Zu 1. Doch, das stimmt! Es stellt nichts Neues dar, einfach ein Produkt und ein Bedürfnis zu verknüpfen und das dann Mehrwert zu nennen. So funktioniert EDV nicht! Leider habe ich keinen Einfluss auf die Themen, die hier und anderswo kommen werden, leider sind wir wie alle anderen abhängig von den Herstellern und deren Brosamen. Ich habe eine persönliche Meinung, die kann und darf ich hier äußern, Gott sei Dank ist das noch so!

Nein, Schuld an der Misere sind im Ende die sogenannten Analysten, die Experten, die Branchenkenner, die uns halb- oder vierteljährlich ihre mehr oder weniger fachlich geprägten Ausblicke auf den kommenden Zeitraum aufnötigen. Damit meine ich Aussagen wie »Cloud is the next big thing«, oder was auch immer für ein Blödsinn dieses Jahr dran ist, welche Sau im kommenden Jahr durch welches Dorf getrieben wird, um die Trommel am Rotieren zu halten.

Wir, die wir seit Jahrzehnten die Türen der Rechenzentren gegen diese blödsinnigen, einjährigen Trends zuhalten und mit der anderen Hand verlässliche, sichere und kontrollierbare EDV machen müssen, können eigentlich nur noch lachen über diesen Mumpitz von Cloud, Mobile und Social. Genauso, wie wir über Multimedia vor zwanzig und Open-Systems vor dreißig Jahren gelacht haben.

Antwort auf bn

Entschuldigen Sie meine persönliche Ansprache, aber natürlich müssen Sie als Aussteller sagen, dass sich die CeBIT gelohnt hat, dass Sie einer der wenigen waren, die etwas zum Anfassen hatten und bei dem die Besucher recht zufrieden waren. Sie wollen, dass sich die Marketing-Ausgaben von einigen hunderttausend Euro gelohnt haben, Sie wollen im kommenden Jahr wieder hin, und dazu brauchen Sie diese Aussagen.
Was heißt hier, die »Höher-Schneller-Weiter«-Zeiten seien Gott sei Dank vorbei? Sollte, nein, muss es nicht im Interesse eines Ausstellers liegen, seinen Namen, seine Produkte so vielen Menschen wie möglich zu zeigen, um vielleicht zehn, vielleicht fünf oder auch nur ein Prozent von diesen Menschen dann zum Kauf zu bewegen? Egal, ob es sich um sogenanntes »Fachpublikum« handelt (mal ehrlich, hatten Sie am Messefreitag den Eindruck, dass alle Vierzehnjährigen im Zehnerpulk Wunderkinder mit einem Platz auf einer Hochbegabtenschule und Aussicht auf eine Firmengründung in den kommenden Monaten sind?), oder ob es einfach Interessierte sind – wir als EDV-Branche sind verdammt noch einmal dazu verpflichtet, jedem, ausschließlich jedem, der daran Interesse zeigt, unsere Produkte vorzustellen.

Jeder benutzt unsere Produkte, jeder füttert die gierigen Datensilos mit Informationen, da ist es unsere einfache Pflicht und Schuldigkeit, diesen Lämmern auch einmal zu zeigen, wer wir und zu was wir in der Lage sind. Die hochnäsige, bossanzug- und rolextragende Zeit der EDV, diese dunklen letzten fünfzehn Beraterjahre sind vorbei, nun übernehmen wir wieder, die Entwickler, die Betreiber, die Experten. Es ist durchaus angenehm zu sehen, dass die Krawatte langsam verbannt wird, und normale Straßenkleidung wieder Einzug hält. Oder wollen Sie mir allen Ernstes erklären, dass der Anteil von wirklichen Fachleuten unter den bisherigen Fachbesuchern höher als, na sagen wir mal, zehn Prozent lag?

Antwort auf pe

Nein, die Partys wurden allesamt aus den Hallen in externe Lokationen verlagert, vor denen nun muskelstrotzende schwarz gekleidete Typen mit geringem Wortschatz das Kommando haben. Es gibt keine wirkliche Möglichkeit mehr, die Art von Gesprächen zu führen, auf die Sie anspielen, außer vielleicht, man verbringt den halben Tag damit, hinter diesen dümmlichen Armbändchen herzujagen, mit denen man dann zu den Auserwählten zählt. Oder aber man stellt die Jungbullen, die die guten Zeiten nie mitgemacht haben, dazu ab, eine ausreichende Zahl an Bändchen heranzuschaffen… Es ist traurig, bitterlich…

Gruß
Doc Storage

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