Trend: Cloud verändert Unternehmensprozesse
Für IDC ist der Stand der Cloud eindeutig: »Die Ergebnisse unserer Studie Cloud-Trends in Deutschland 2018 belegen, dass die Unternehmen die Frage nach dem `ob´ längst entschieden haben«, erklärt Matthias Zacher, Manager Research & Consulting bei IDC. »Viele Firmen sind bereits einen entscheidenden Schritt weiter und haben definiert, welche Cloud-Services und welche Cloud Technologie für welchen Anwendungsfall genutzt bzw. genutzt werden sollen.« Die Bandbreite der Einsatzszenarien sei extrem groß und umfasse alle IT-Ressourcen eines Unternehmens. Während sich Standardanwendungen mit geringem Aufwand aus der Cloud nutzen lassen, bleibt die Überführung von unternehmenskritischen Anwendungen in die Cloud weiterhin eine anspruchsvolle Aufgabe.
Matthias Zacher, IDC »Cloud-Computing in seinen unterschiedlichen Facetten hat sich unter anderem durchgesetzt, weil es die Fragen nach Compliance, Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Skalierbarkeit, Agilität und Kundenzufriedenheit beantwortet hat«, meint Zacher. Cloud-Computing stelle aber auch bisherige IT-Architekturkonzepte in Frage. Multi-Clouds entwickeln sich zwar noch langsam, sind für IDC aber ein vielversprechender Ansatz für das Infragestellen und Aufbrechen existierender IT-Infrastrukturen. Multi-Cloud sind in deutschen Unternehmen auf dem Vormarsch und bis 2020 kommt es zum großen Durchbruch.
Cloud-Trends in Deutschland
Panel-Diskussion mit Matthias Zacher, IDC, Heinz-Dieter Speidel, LG, Kurt Knochner, Fortinet und Peter Wüst, Netapp.»Etwas was IT-Abteilungen und Unternehmen umtreibt, ist, wie sich die Cloud produktiv einsetzen lässt«, meint eine von IDC initiierte Diskussionsrunde, und dies auch unter Berücksichtigung aller damit einhergehenden Prozessketten. Laut Peter Wüst, Senior Director Cloud Infrastructure and Cloud Data Services EMEA bei NetApp haben Firmen die Cloud eher für kleine, agile Projekte genutzt: »Sie scheuten sich, große gewachsene Applikationen zu migrieren oder hybrid umzusetzen. Doch das verändert sich. Die Möglichkeiten, Daten sicher zu teilen, auf speziellen Plattformen zur Analyse bereitzustellen und so neue Erkenntnisse zu gewinnen, wird durch eine Cloud-Infrastruktur ermöglicht. Damit verändern sich die Prozesse im Unternehmen. Benötigt wird ein standardisierter Sourcing-Prozess. Außerdem müssen interne und externe Regularien eingehalten werden. Schaffen es Unternehmen, den Business Value von Cloud-Lösungen zu ermitteln? Entwickeln sie Multi-Cloud-Modelle, die technisch umsetzbar, kaufmännisch sinnvoll und rechtlich implementierbar sind?
Peter Wüst, NetappAus technologischer Sicht ist außerdem die Migration von Daten in hybriden IT-Umgebungen spannend. Es gilt, die Herausforderung zu erfüllen, Daten zu jedem Zeitpunkt immer dort verfügbar zu haben, wo sie gebraucht werden. Zudem nutzen mehr und mehr Unternehmen die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz und Analytics, welche als Service in der Public Cloud zur Verfügung gestellt werden. Hier entstehen neue digitale Services, welche mit klassischer IT nicht sinnvoll abbildbar sind.«
»Im Bereich IT-Security sind die Themen Machine Learning (ML) und Artificial Intelligence (AI) die aktuellen Innovationstreiber«, ergänzt Kurt Knochner, Cyber Security Strategist bei Fortinet. »Hier werden wir in den kommenden zwei bis drei Jahren spannende, neue Lösungen sehen. Das Thema Robotic-Process-Automation (RPA) finde ich persönlich auch sehr spannend, weil es das Potenzial hat, die Arbeitswelt von Knowledge-Workern – Wissensarbeitern – zu revolutionieren. Im Umfeld der automatisierten Threat-Mitigation sehe ich ebenfalls Potenzial für RPA.«
Cloud vs. On-Premise-IT: ITler müssen umdenken
Kurt Knochner, Fortinet Unternehmen unterschätzen gerne die Herausforderungen, die sich bei der Transition ihrer IT bzw. Wertschöpfungsketten auf Cloud-Services und -Technologie stellen. Im Rahmen einer IDC-Diskussionsrunde meint Knochner von Fortinet hierzu: »Von der Migration in die Cloud versprechen sich die Unternehmen mehr Flexibilität, Agilität und Kosteneinsparung. Was vielen Unternehmen jedoch erst auf dem Weg der Migration klar wird: IT in der Cloud ist zwar ähnlich zur klassischen On-Premise-IT, erfordert jedoch trotzdem ein Umdenken. Altgewohnte Mechanismen funktionieren in der Cloud ganz anders oder gar nicht mehr. Die Lernkurve ist dabei sehr steil, weil Cloud-Projekte in der Regel mit mehr Zeitdruck vorangetrieben werden als klassische IT-Projekte. Ein Erfolgsfaktor, den wir immer wieder beobachten, ist, ein gutes Beratungsunternehmen an der Seite zu haben, das sowohl im Bereich Cloud als auch bei IT-Security gut aufgestellt ist. Das hilft den Unternehmen, die üblichen Fallstricke zu umgehen, und spart Zeit und Kosten.«
Ähnlich sieht es Albrecht Munz, Core Team Composable Infrastructures bei HPE Synergy: »Die über viele Jahre entstandenen klassischen IT-Silos, etwa ERP und MES bei den Applikationen oder Servern, Speichern und Netzwerksystemen in der Infrastruktur, finden sich auch häufig in den IT-Organisationen wieder. Wenn allerdings zukünftig die IT-Leistung aus einer internen oder externen Cloud geliefert wird, rücken zum Beispiel die Fragen nach den Hardware-Komponenten, deren Integration und deren Einkaufspreisen in den Hintergrund. Hier wird ein Umdenken in Bezug auf die etablierten Design-, Beschaffungs- und Betriebsprozesse und die zuständigen Organisationen in vielen Fällen erforderlich.«
Hier die richtigen Entscheidungen zu treffen, sei für Firmen die nächste große Herausforderung. Mit der richtigen Strategieentscheidung könnten Unternehmen schnell weit nach vorne kommen, sich aber auch für Jahre in ihrer Entwicklung hemmen. Fehlentscheidungen zu korrigieren könnte sich zu einer Blockade entwickeln.
Woran scheitern Cloud-Projekte?
Mit dem Abbilden der klassischen IT-Silos in der Cloud verschenken Unternehmen viel Potential. Zu oft wurde bisher versucht, On-Premise-Systeme 1:1 in der Cloud abzubilden, das kann nicht funktionieren. Aufgrund der gewachsenen Strukturen sind die vorhandenen IT-Umgebungen komplex und nur selten auf schnelle Änderung und Anpassungen ausgerichtet. Um dieser Situation pragmatisch entgegenzuwirken, haben manche Firmen eine »Cloud-first-Strategie« ausgerufen, ohne dass diese auf das gesamte Unternehmen abgestimmt wurde. »In diesen Fällen entsteht so zwangsläufig ein gewisser Cloud-Wildwuchs, der später sehr aufwändig konsolidiert werden muss«, sagt HPE-Manager Munz. »Auch hat sich ein unabgestimmtes `Learning by Doing´ nicht bewährt.« Einzelne Projekte scheitern vollständig oder führen ein sehr teures und wenig effizientes Leben in Form einer Insellösung.
Kurt Knochner, Fortinet und Peter Wüst, Netapp»Das größte Problem ist die fehlende Zielsetzung«, erklärt Netapp-Manager Wüst. »Unternehmen versprechen sich von einem Cloud-Projekt, dass es Probleme löst. Dabei wissen sie noch gar nicht, welche das sein sollen. Wir sehen das immer wieder bei gescheiterten Cloud-Implementierungen: Da keine Ziele festgelegt werden, fehlt es auch an einer durchdachten Strategie. Oft werden keine objektiven Entscheidungsgrundlagen entwickelt, die den Business-Value einer Cloud-Lösung betrachten. Damit einher geht eine falsche Erwartungshaltung, denn wer die Cloud nutzt, spart nicht automatisch Kosten. Oftmals ist sogar das Gegenteil der Fall, eben weil das Projekt nicht richtig aufgesetzt wurde und so ausufert. Oftmals fehlt einfach die Expertise oder die Migration historischer Architekturen gestaltet sich zu komplex und damit zu zeit- und ressourcenaufwändig.«
»Wir erleben immer wieder, dass die Zeitpläne für Cloud-Projekte zu ambitioniert sind«, ergänzt Fortinet-Manager Knochner. »Das entsteht wohl aus der Annahme heraus, dass in der Cloud alles schneller und dynamischer funktioniert. Letztlich ist das auch so, erfordert aber sehr tiefes Know-how über die Cloud-Plattform und einen hohen Grad an Automatisierung. Beides fehlt den Unternehmen in der Regel während der ersten Cloud-Projekte. Die gesetzten Zeitpläne lassen sich dann oft nicht einhalten, weil man bestimmte Themen nicht berücksichtigt hat oder die eigenen Annahmen bezüglich der Cloud nicht zutreffen. Diese spezielle Herausforderung haben wir in den letzten zwei Jahren immer wieder gesehen, wobei ich auch feststelle, dass die Lernkurve bei den Unternehmen sehr steil ist. Folgeprojekte werden wesentlich realistischer geplant und dann auch effizienter umgesetzt.«
Heinz-Dieter Speidel, LGFür Heinz-Dieter Speidel, Business Development Manager bei LG Electronics Deutschland, sind Fehlerquellen für mögliches Scheitern nicht recht viel anders, als bei allen Projekten: »Strategie, Budget, Beratung, Zeit und Kommunikation – da bilden Cloud-Themen keine Ausnahme. Cloud-Migration kann ein sehr komplexes Thema sein. Wenn dann nicht alle Faktoren stimmen und nicht alle Beteiligten `dieselbe Sprache´ sprechen, sind Probleme oft vorprogrammiert.«
Unternehmen benötigen eine Cloud-Strategie
Unternehmen, die sich noch nicht mit der Cloud beschäftigt haben, bekommen ein Problem. Mit dem zunehmenden Lösungsangebot werden Cloud-Konzepte komplexer: Die Einstiegshürde wird höher«, mahnt Knochner von Fortinet. »Man muss sich damit beschäftigen, sonst bleibt man hinten dran.«
Netapps Wüst sieht es ähnlich: »Die Einsparungen liegen, je nach Branche, zum Teil im Millionen-Bereich. Deswegen kommen Verantwortliche ohne Cloud-Strategie in Erklärungsnot.«
Auf der anderen Seite wird es schwer sich der Cloud komplett zu entziehen. »Immer mehr Lösungen werden direkt für die Cloud entwickelt«, erklärt LG-Manager Speidel, gegenüber speicherguide.de. »Die nächste Generation IT, Prozesse und Technologie wird so oder so inklusive Cloud sein, ob man will oder nicht.«