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Western Digital im Pech: EU-Auflagen und Seagate-Klage

John F. Coyne, WDs CEO und President, ist derzeit nicht zu beneiden
Für den Festplattenhersteller Western Digital kommt es derzeit knüppeldick: Nicht nur, dass das Mammuthochwasser in Thailand eine komplette WD-Fab lahmlegte, gestattete jetzt die Europäische Union (EU) die Übernahme von Hitachi Global Storage Technologies (HGST) nur mit überraschend harten Auflagen. Und zu allem Unheil gewann soeben Konkurrent Seagate Technology einen jahrelangen Rechtsstreit – und WD soll 525 Millionen US-Dollar Strafe zahlen.

Doch der Reihe nach. Die Auswirkungen des Thailand-Hochwassers bekommt WD am drastischsten zu spüren. Im Überschwemmungsgebiet steht eine bedeutende HDD-Fab (Hard Disk Drives), die auf Sicht mehrerer Quartale lahmgelegt ist. Dazu kommt, dass viele Zulieferer ebenfalls im Hochwassergebiet stehen. Die Zuliefererkette ist deshalb massiv gestört. WD gestand im Oktober bei der Vorlage der Q3-Zahlen ein, dass man in der laufenden Sequenz rund 30 Millionen Drives weniger als geplant ausliefern werde. Der Gesamtbedarf fürs laufende Q4 wurde ursprünglich auf 180 Millionen Laufwerke taxiert. WDs Aktienkurs notiert deshalb in der Nähe des Jahrestiefs.

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EU-Kommission in Brüssel genehmigt Übernahme, aber…

Vergangene Woche bekam WD Post von der EU-Kommission in Brüssel. Zum einen erfreulich: Die Übernahme von HGST – die kürzlich Viviti Technologies umbenannt wurde – wird genehmigt. WD hatte die Akquisition Anfang März 2011 bekanntgegeben (speicherguide.de berichtete). Damit verbunden sind indes höchst unerfreuliche Auflagen. So soll sich WD von einer 3,5-Zoll-Laufwerks-Fab trennen.

Begründet wird dies seitens der EU, dass nach dem Merger nur noch drei Festplattenhersteller übrigblieben, wovon nur zwei – eben WD und Seagate – stark bei 3,5 Zoll wären. Toshiba, die Nummer 3, stellt zwar auch 3,5-Zoll-Drives her. Es sind aber nur teurere Enterprise-Modelle mit entsprechend geringeren Stückzahlen.

Wer könnte an einer 3,5-Zoll-Fab von WD interessiert sein?

Nach der Übernahme würde WD/Viviti iSuppli-Marktschätzungen zufolge auf 50 Prozent Marktanteil kommen, Seagate auf 40 Prozent, und Toshiba auf zehn Prozent. Interessant dabei: Neben dem Merger WD/Viviti inspizierte die EU auch die Übernahme der Festplattensparte von Samsung durch Seagate (speicherguide.de berichtete). Dieser Deal wurde aber letzten Monat ohne Auflagen abgehakt.

Die Frage ist nun: Wer kauft eine 3,5-Zoll-Fab von WD? Einer der direkten Konkurrenten wohl kaum. Da hätte Brüssel wohl ebenfalls was dagegen. Toshiba hatte sich ohnehin früher bewusst aus dem Consumer-Geschäft zurückgezogen. Gut möglich wäre einer der Zulieferer, der damit Laufwerksfabrikaten aufsteigen könnte.

Seagate gewinnt fünf Jahre alten Rechtsstreit – WD muss blechen

Aber abgesehen davon: WD braucht nun jede verbliebene Fab dringendst, um die Ausfälle in Thailand wenigstens einigermaßen zu kompensieren. Darüber hinaus wird die Übernahme von Viviti finanziell strapaziöser, denn nach dem gesunkenen Aktienkurs dürfte der anvisierte Übernahmepreis von 4,3 Milliarden US-Dollar immer schwerer zu finanzieren sein. Sollte WD die Übernahme absagen, müsste man an Hitachi eine Abbruchsstrafe von »nur« 250 Millionen US-Dollar zahlen. Möglicherweise die »günstigere« Alternative?

Denn richtig Kohle braucht WD noch in einem anderen Fall: Seagate gewann eine Klage gegen WD aus dem Jahr 2006. Fünf Jahr stritt man sich vor Gericht, weil WD damals einen hochrangigen Seagate-Manager abwarb, der u.a. Geschäftsgeheimnisse verraten haben soll. Seagate bekam jetzt Recht – und die stolze Summe von 525 Millionen US-Dollar Schadenersatz zugesprochen.

Wahrlich, Western Digital ist derzeit nicht gut bestrahlt. Aber wer glaubt schon an Astrologie…

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